Film

»Gott ist auf Toilette«

Sie sind alle über 70 und leben in einem Seniorenheim in Jerusalem. Einige, wie der neu hinzugekommene Tierarzt Dr. Daniel, verbergen ein pikantes Geheimnis und sind auch im Alter noch voller Lust. Andere werden schneller als erwartet mit einer unheilvollen Krankheit konfrontiert. Yehezkel und seine Frau Levana kommen auch im Alter noch ganz gut miteinander aus. Er bastelt gerne in einer Werkstatt und stellt ungewöhnliche Apparate und Erfindungen her. Und ab und zu spielt er auch mal Gott. Dann ruft er mit verzerrtem, halligem Ton eine depressive Patientin an, die kaum noch Freude am Leben hat, und versichert ihr, sie sei noch zu jung für das Paradies.

Der Trick klappt, die alte Dame glaubt wirklich, sie habe einen direkten Telefondraht zum Himmel. Dumm nur, wenn sie auf die Rückruftaste drückt und nach Gott verlangt. Und weil Levana den Anruf entgegennimmt und einfach nur verdutzt ist, sagt sie: »Gott ist auf Toilette.«

Apparat Es ist genau dieser leichte, lockere Humor, der das Drama um das Älterwerden so auflockert. Denn eigentlich verhandelt der Film ganz harte und entscheidende moralische Fragen zur Sterbehilfe. So möchte Yehezkel seinem todkranken Freund Max dabei helfen, freiwillig aus dem Leben zu scheiden. Dazu baut er einen Apparat, der eine ebenso betäubende wie tödliche Flüssigkeit enthält, die vom Patienten selbst per Knopfdruck bedient werden kann. Als seine Frau Levana davon hört, ist sie entrüstet und nennt alle, die Yehzekel bei seinem Unterfangen helfen wollen, Mörder.

Dabei ist Levana selbst krank, und ihre Demenzschübe nehmen bedrohlich zu. Eines Tages läuft sie nackt durch die Kantine, weil sie einfach vergessen hat, sich anzuziehen. Das ist für das Regie-Duo Sharon Maymon und Tal Granit Anlass für eine nachfolgende, wundervolle Szene, die hier nicht verraten werden soll. Aber mit der Nacktheit älterer Körper wird hier würdevoll und natürlich umgegangen.

Schauspielkunst Wie stark und vielfältig das kleine, aber sehr feine israelische Kino schon seit Jahren ist, wird auch in dieser beschwingten Tragikomödie deutlich. Die Filmemacher greifen ein hochaktuelles und immer dringenderes Thema der alternden westlichen Gesellschaften auf und hinterfragen gesellschaftliche und religiöse Tabus. Und es ist vor allem der »human factor«, der es dem Zuschauer so leicht macht, dieser an sich schweren Kost zu folgen.

Am Ende ein Fest ist vor allem ein Fest der Schauspielkunst und ein hervorragender Ensemblefilm. Besonders positiv ist hervorzuheben, dass sich die beiden Regisseure nicht um das Thema herummogeln, es mit Superlativen oder letzten amourösen Abenteuern noch aufpeppen wie amerikanische Kommerzfilme à la Das Beste kommt zum Schluss.

Man muss also keine Angst vor diesem Film haben, der kein Happy End bieten kann, aber dennoch ein berührendes Ende, das noch lange nachhallt.

»Am Ende ein Fest« (»Mita Tova«), Israel 2014. Regie: Sharon Maymon und Tal Granit. Seit 24. September im Kino

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  01.12.2025 Aktualisiert

Kommentar

Schiedsgerichte sind nur ein erster Schritt

Am 1. Dezember startet die Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubkunst. Doch es braucht eine gesetzliche Regelung auch für Werke in Privatbesitz, meint unser Gastautor

von Rüdiger Mahlo  01.12.2025

Rache

»Trigger-Thema« für Juden

Ein Filmseminar der Jüdischen Akademie untersuchte das Thema Vergeltung als kulturelle Inszenierung

von Raquel Erdtmann  01.12.2025

Wuppertal

Schmidt-Rottluff-Gemälde bleibt in Von der Heydt-Museum

»Zwei Frauen (Frauen im Grünen)« von Karl Schmidt-Rottluff kann im Von der Heydt Museum in Wuppertal bleiben. Nach Rückgabe an die Erbin erwarb die Stadt das Bild von ihr. Vorausgegangen waren intensive Recherchen zur Herkunft

 01.12.2025

Dorset

»Shakespeare In Love« - Dramatiker Tom Stoppard gestorben

Der jüdische Oscar-Preisträger war ein Meister der intellektuellen Komödie. Er wurde 88 Jahre alt

von Patricia Bartos  01.12.2025

Fernsehen

Abschied von »Alfons«

Orange Trainingsjacke, Püschelmikro und Deutsch mit französischem Akzent: Der Kabarettist Alfons hat am 16. Dezember seine letzte Sendung beim Saarländischen Rundfunk

 30.11.2025 Aktualisiert

Gerechtigkeit

Jüdische Verbände dringen auf Rückgabegesetz 

Jüdische Verbände dringen auf Rückgabegesetz Jahrzehnte nach Ende des NS-Regimes hoffen Erben der Opfer immer noch auf Rückgabe von damals geraubten Kunstwerken. Zum 1. Dezember starten Schiedsgerichte. Aber ein angekündigter Schritt fehlt noch

von Verena Schmitt-Roschmann  30.11.2025

Berlin

Späte Gerechtigkeit? Neue Schiedsgerichte zur NS-Raubkunst

Jahrzehnte nach Ende der Nazi-Zeit kämpfen Erben jüdischer Opfer immer noch um die Rückgabe geraubter Kunstwerke. Ab dem 1. Dezember soll es leichter werden, die Streitfälle zu klären. Funktioniert das?

von Cordula Dieckmann, Dorothea Hülsmeier, Verena Schmitt-Roschmann  29.11.2025

Interview

»Es ist sehr viel Zeit verloren gegangen«

Hans-Jürgen Papier, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts, zieht eine Bilanz seiner Arbeit an der Spitze der »Beratenden Kommission NS-Raubgut«, die jetzt abgewickelt und durch Schiedsgerichte ersetzt wird

von Michael Thaidigsmann  29.11.2025