Bildung

Geschichtspädagoge: Schüler wissen oft wenig über den Holocaust

Die Schoa-Überlebende Eva Pusztai-Fahidi berichtet Schülern einer Gesamtschule von ihren Erfahrungen. (Archiv) Foto: imago/Becker&Bredel

Trotz anspruchsvoller Lehrpläne wissen Schülerinnen und Schüler nach Einschätzung des hannoverschen Geschichtsdidaktikers Meik Zülsdorf-Kersting meist deutlich weniger über die deutsche NS-Geschichte und den Holocaust, als Verantwortliche es sich wünschten.

EINFLUSS »An die historische Bildung werden hohe Ansprüche gestellt, die der Geschichtsunterricht nur selten einlösen kann«, sagte der Professor für Didaktik der Geschichte an der Leibniz Universität Hannover dem »Evangelischen Pressedienst«. Sie solle aufklären und zugleich dazu befähigen, sich in der heutigen komplexen Gesellschaft Urteile bilden zu können.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Politische Einstellungen Jugendlicher wie ihre Haltung zu totalitären Systemen, Demokratie oder Antisemitismus ließen sich mit den Unterricht oder dem Besuch von KZ-Gedenkstätten selten beeinflussen, sagte Zülsdorf-Kersting: »Historische Bildung ist zu selten an den Interessen der Schülerinnen und Schüler ausgerichtet.«

Selbst Einserschüler »segelten so unter dem Radar hindurch«, erläuterte er. Sie könnten Fakten wiedergeben und ahnten, was ihre Lehrer hören möchten, ohne dass langfristig etwas hängenbleibe. »Denn welche Relevanz historisches Wissen für die Lösung gegenwärtiger Probleme hat, diskutieren sie oft nicht«, kritisierte der Geschichtspädagoge. Die Reichspogromnacht 1938 zum Beispiel sei als ein zentrales Gewaltereignis des Nationalsozialismus in jedem Lehrplan vorgesehen.

Von vornherein sei dabei aber klar, wie die Ereignisse aus heutiger Sicht bewertet würden und dass die Gewalt zu verurteilen sei, erläuterte Zülsdorf-Kersting: »Was soll für die Schüler noch interessant sein, wenn schon feststeht, was sie denken müssen?«

HORRORBILDER Ein anderer Blickwinkel könne hier sein, mit der Frage in den Unterricht zu gehen, wie eine Kulturnation wie Deutschland sich binnen kurzer Zeit in ein totalitäres System verwandeln konnte. »Wie ist so etwas möglich? Das ist eine Frage, die sofort auch Fragen der Gegenwart berührt«, sagte der Wissenschaftler.

»Lehrer müssen nicht immer mit fertigen Antworten kommen. Es geht um Diskussionsbereitschaft. Dann wird auch das Thema Reichspogromnacht etwas, bei dem nicht alles schon feststeht.« Grenzen in der Diskussion gebe es allerdings dann, wenn Gewalt verherrlicht werde.

Horrorbilder von toten und ausgezehrten Menschen aus den befreiten Konzentrationslagern im Unterricht zu zeigen, führt laut Zülsdorf-Kersting nicht weiter. Nach dem Zweiten Weltkrieg hätten die Alliierten diese Bilder zur Aufklärung und Bestrafung der deutschen Bevölkerung eingesetzt. Eine solche Schockpädagogik setze auf Einschüchterung.

»Aber dazu, Fragen zu stellen und verstehen zu wollen, führt das nur in Ausnahmefällen.« Zudem seien heute im Fernsehen, in Computerspielen und Filmen Gewaltszenen allgegenwärtig. »Da fällt es schwer, mit historischen Schwarz-Weiß-Bildern Schockeffekte zu erzielen.« epd

Filmkritik

»Nobody Wants This« – die Zweite

Die Fortsetzung der Netflix-Hit-Serie »Nobody Wants This« ist angelaufen. Allerdings sorgen diesmal vor allem die Nebenrollen für randvolle Herzen. Vorsicht Spoiler.

von Sophie Albers Ben Chamo  06.11.2025

TV-Tipp

Ein Überlebenskünstler zwischen Hallodri und Held

»Der Passfälscher« ist eine wahre und sehenswerte Geschichte des Juden Cioma Schönhaus, der 1942 noch immer in Berlin lebt

von Michael Ranze  06.11.2025

Kunst

Maler und Mentor

Eine Ausstellung in Baden-Baden zeigt Max Liebermann auch als Förderer impressionistischer Kollegen

von Eugen El  06.11.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

 06.11.2025

Film

»Vielleicht eines der letzten Zeitdokumente dieser Art«

Die beiden Regisseure von »Das Ungesagte« über ihre Doku mit NS-Opfern und ehemaligen Mitläufern, Kino als Gesprächsraum und die Medienkompetenz von Jugendlichen

von Katrin Richter  06.11.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 6. November bis zum 13. November

 05.11.2025

Yitzhak Rabin

Erinnerung an einen Mord

Wie ich am 4. November 1995 im Café Moment in der Jerusalemer Azza Street vom tödlichen Anschlag auf Israels Ministerpräsident in Tel Aviv erfuhr

von Ayala Goldmann  04.11.2025

TV-Tipp

»Nürnberg 45 - Im Angesicht des Bösen«

Das Dokudrama rekonstruiert die Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozesse vor 80 Jahren

von Jan Lehr  04.11.2025

Hollywood

Jesse Eisenberg will eine seiner Nieren spenden

Der Schauspieler hatte die Idee dazu bereits vor zehn Jahren

 03.11.2025