Zentrum für politische Schönheit

Gedenksäule bleibt vorerst weiter stehen

Jüdische Aktivisten versuchen, die berüchtigte »Kunstaktion« abzubauen. Foto: dpa

Die umstrittene Holocaust-Gedenksäule der Künstlergruppe »Zentrum für politische Schönheit« in der Nähe des Reichstagsgebäudes in Berlin bleibt vorerst weiter stehen. Eine zeitnahe Beseitigung der Stele werde angestrebt, teilte das zuständige Bezirksamt Berlin-Mitte am Montag der Nachrichtenagentur epd mit.

Widerspruch Die Künstlergruppe habe am 20. Dezember 2019 Widerspruch gegen die Untersagungsverfügung des Bezirksamts und den geforderten Abbau der Säule eingelegt. Dieser Widerspruch habe aufschiebende Wirkung und werde nun vom Rechtsamt bearbeitet.

Die Aktion des Zentrums für politische Schönheit war unter anderem auch beim Zentralrat der Juden und weiteren jüdischen Organisationen auf heftige Kritik gestoßen.

Jüdische Aktivisten hatten am Sonntag in Berlin begonnen, die umstrittene Stahlsäule des umstrittenen Künstlerkollektivs »Zentrum für politische Schönheit« (ZPS) abzubauen. Eine Gruppe von etwa 20 Menschen versuchte, die gegenüber dem Reichstagsgebäude aufgestellte Säule zu demontieren.

»Mit Asche von Opfern des Holocaust sollte man keine Kunst und Politik machen«, sagte der Autor Eliyah Havemann am Sonntag zur Begründung. Zudem sei er persönlich betroffen.

AUSCHWITZ Es bestehe die theoretische Möglichkeit, dass Asche seines Großvaters in der Säule sei, betonte Havemann. Dagobert Biermann, Vater des Sängers Wolf Biermann und Großvater Havemanns, war im Konzentrationslager Auschwitz von den Nazis ermordet worden.

https://twitter.com/EliyahHavemann/status/1213769105242763264

Die Aktivisten hatten eine Israel-Fahne dabei und dokumentierten den Abbau auf Twitter. »Wer Leid konsumierbar macht, ist Teil des Problems«, stand auf einem Banner mit Antifa-Logo. Nach dem gescheiterten Abrissversuch bleibt die Säule nun vorerst am ursprünglichen Ort stehen.

ANZEIGE Bei Eintreffen der Polizei wurden die Abrissarbeiten unterbrochen. Das ZPS war nach eigenen Angaben nicht über die Aktion informiert und will gegen den Abbau vorgehen. »Wir werden das auf deren Kosten wieder instand setzen«, hieß es vom ZPS. Wegen Sachbeschädigung sei Anzeige erstattet worden, sagte ein Polizeisprecher.

Zudem sei eine Demontage der Säule unterbunden worden. Zu beobachten war, dass der zuvor entfernte obere Teil der Stele wieder aufgebaut wurde. Teile eines Bauzauns, der um die Säule herum aufgestellt worden war, wurden wieder aufgestellt.

Die Asche hatte das ZPS nach den Protesten nach eigenen Angaben entfernt und an die Orthodoxe Rabbinerkonferenz übergeben, die sie auf einem jüdischen Friedhof beisetzte.

Das für seine umstrittenen Aktionen bekannte Künstlerkollektiv hatte die Säule Anfang Dezember aufgestellt. Es erntete heftige Kritik, weil es behauptete, die Säule enthalte Asche von Opfern der Massenmorde der Nazis. Die Aktion war auf heftige Kritik unter anderem auch beim Zentralrat der Juden in Deutschland und weiteren jüdischen Organisationen gestoßen.

RABBINERKONFERENZ Die Verwendung von Asche jüdischer Opfer ist ein Verstoß gegen das jüdische Religionsgesetz. Die Asche hatte das ZPS nach den Protesten nach eigenen Angaben entfernt und an die Orthodoxe Rabbinerkonferenz übergeben, die sie demnach auf einem jüdischen Friedhof beisetzte.

Der Antisemitismusbeauftragte der Jüdischen Gemeinde Berlin, Sigmount Königsberg, erklärte am Sonntag, wenn die ZPS-Aktivisten die Kritik von Juden an der äußerst umstrittenen Aktion ernst genommen hätten, dann hätten sie die Stele bereits selbst demontiert.

Die Stadtbezirksverwaltung hatte den Verantwortlichen nach eigener Angabe eine Frist zu Beseitigung der inzwischen einbetonierten Säule bis 20. Dezember gesetzt. Dagegen hat das ZPS Widerspruch eingelegt.  dpa/ja/epd

Zahl der Woche

2 Jahre

Fun Facts und Wissenswertes

 03.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  03.12.2025 Aktualisiert

Medien

»Antisemitische Narrative«: Vereine üben scharfe Kritik an Preis für Sophie von der Tann

Die Tel-Aviv-Korrespondentin der ARD soll mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis geehrt werden

 03.12.2025

Chemnitz

Sachsen feiert »Jahr der jüdischen Kultur«

Ein ganzes Jahr lang soll in Sachsen jüdische Geschichte und Kultur präsentiert werden. Eigens für die Eröffnung des Themenjahres wurde im Erzgebirge ein Chanukka-Leuchter gefertigt

 03.12.2025

TV-Tipp

»Fargo«: Spannend-komischer Thriller-Klassiker der Coen-Brüder

Joel und Ethan Coen erhielten 1997 den Oscar für das beste Originaldrehbuch

von Jan Lehr  03.12.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 4. Dezember bis zum 10. Dezember

 03.12.2025

TV-Kritik

Allzu glatt

»Denken ist gefährlich«, so heißt eine neue Doku über Hannah Arendt auf Deutsch. Aber Fernsehen, könnte man ergänzen, macht es bequem - zu bequem. Der Film erklärt mehr als dass er zu begeistern vermag

von Ulrich Kriest  02.12.2025

Streaming

Gepflegter Eskapismus

In der Serie »Call my Agent Berlin« nimmt sich die Filmbranche selbst auf die Schippe – mit prominenter Besetzung

von Katrin Richter  02.12.2025

Jean Radvanyi

»Anna Seghers war für mich ›Tschibi‹«

Ein Gespräch mit dem Historiker über die Liebesbriefe seiner Großeltern, Kosenamen und hochaktuelle Texte

von Katrin Richter  02.12.2025