Zwei Künstler, die unterschiedlicher nicht sein könnten: In einer überraschenden Begegnung im Berliner Kurt-Mühlenhaupt-Museum, das sich dem Erbe des 2006 verstorbenen Malerpoeten widmet, kann man sie zurzeit entdecken. Der Dauerausstellung mit Mühlenhaupts humorvollen und zugleich melancholischen Schilderungen des Alltagslebens der Nachkriegszeit sind aktuell die Werke der 1971 in Tel Aviv geborenen Alona Harpaz gegenübergestellt.
Harpaz studierte Kunst und Fotografie in Jerusalem und New York und hat sich mittlerweile als eine der innovativsten Stimmen in der zeitgenössischen Kunstszene Berlins etabliert. Die Ausstellung
Future Breeze zeigt emotionale, in ihrer Form reduzierte und farblich leuchtende Porträts, aber auch fotografische Arbeiten und Videoinstallationen, die eine sehr persönliche Auseinandersetzung mit der menschlichen Innenwelt, mit Identität, Geschlecht und sozialen Dynamiken dokumentieren.
»Indigo Nights« ist eine Serie von Fotos der Social-Media-Accounts ihres Sohnes Jonathan und seiner Freunde, die ihren Alltag, ihre Unbefangenheit und Selbstinszenierungen illustrieren. Das Werk ist nicht nur ein Spiegel von Harpaz’ Erfahrungen und Gefühlen als Mutter, sondern auch das sensible Porträt einer Jugend.
Eine aktuelle Stellungnahme zur politischen Situation verweigert Harpaz ganz bewusst.
Als das Mühlenhaupt-Museum Alona Harpaz zu der Ausstellung einlud, wollte man damit ein Zeichen gegen antisemitische und israelfeindliche Positionen in der Kunstszene setzen. Eine aktuelle Stellungnahme zur politischen Situation verweigert Harpaz aber ganz bewusst.
Lediglich eine Art Kommentar findet sich am Rande in der 2015 bis 2017 entstandenen Video-Trilogie »Salt«, die in einem Nebenraum zu sehen ist. Darin begleitet die Künstlerin ihren Vater Ehud, einen ehemaligen Kibbuznik, der unter anderem im Sechstagekrieg gekämpft hat, mit einem Blick, der sowohl von seiner Hingabe an das Land als auch von der eigenen Verbundenheit und ihren Grenzen erzählt.
Darauf angesprochen, wie der 7. Oktober 2023 ihre Arbeit verändert habe, entgegnet Harpaz: »Dieser Tag hat vor allem mich verändert, und das wird sich auch in meiner Kunst widerspiegeln.« Die seitdem entstandenen Werke will sie an anderer Stelle zeigen. Man darf gespannt sein, wie die Künstlerin darin dem kollektiven Trauma ihrer Heimat begegnet.
Die Ausstellung »Future Breeze« im Berliner Kurt-Mühlenhaupt-Museum ist bis 22. September zu sehen.