Kino

Film zu SS-Plantage »Kräutergarten« kommt ins Kino

Der sogenannte »Kräutergarten« am KZ Dachau Foto: picture alliance/dpa

Es klingt nach Idylle: »Kräutergarten« nannte die SS die Plantage beim Konzentrationslager Dachau. Für die Häftlinge, die dort Zwangsarbeit leisten mussten, war es alles andere als entspannte Gartenarbeit. Der bayerische Regisseur Walter Steffen (»Endstation Seeshaupt«) bringt nun zum 80. Jahrestag des Kriegsendes dieses kaum bekannte Kapitel in Erinnerung. Sein Film »Ein stummer Hund will ich nicht sein« feiert am 23. April Premiere in München und startet ab 24. April bundesweit in den Kinos.

Der Streifen folgt dem Schicksal des Priesters Korbinian Aigner. Er hält nicht den Mund, wenn es um Hitlers Wirken geht. Wegen einer Aussage im Religionsunterricht zum Attentat auf Adolf Hitler im Bürgerbräukeller 1941 landet er im KZ Dachau. Bei der Zwangsarbeit im »Kräutergarten« findet er seine Art des Widerstands und des Überlebens - zwischen den Baracken des Lagers züchtet er neue Apfelsorten.

Seine Apfel-Züchtung »KZ3« gibt es bis heute. Sie wird unter dem Namen »Korbinians-Apfel« weltweit als Erinnerungsbaum gepflanzt - auch als Mahnung für Meinungsfreiheit und Demokratie.

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Geschunden für Heilkräuter

Nach dem Krieg verfielen die Anbauanlagen des »Kräutergartens«. Nur ein paar zugewucherte Gewächshäuser erinnern heute an das, was dort nahe des KZs vor Jahrzehnten geschah. Auch dort hat Steffen gedreht.

Nach der Vorstellung des SS-Reichsführers Heinrich Himmler sollte die Plantage den Anbau und die Erforschung von Heil- und Gewürzkräutern vorantreiben und den NS-Staat unabhängig von ausländischen Medikamenten und Gewürzen machen. Die Etablierung einer naturverbundenen »Volksheilkunde« sei ein vom Reichsführer der SS gefördertes Prestigeprojekt der NS-Gesundheitspolitik gewesen, heißt es bei der Gedenkstätte Dachau.

Für den Betrieb der Versuchsgüter war die 1939 gegründete SS-eigene »Deutsche Versuchsanstalt für Ernährung und Verpflegung GmbH« zuständig. Dass es den Nazis nach außen um die Gesundheit ging, sie aber dafür Menschen teils bis zum Tode schinden ließen, sei besonders infam und unfassbar, sagt Regisseur Steffen.

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Zeitzeugen berichten

Zeitzeugen kommen in dem Film zu Wort, unter ihnen einer von Aigners Ministranten vor der Inhaftierung. Steffen lässt jedoch auch Menschen zu Wort kommen, die sich um Erinnerungs- und Friedensarbeit kümmern: deutsche und israelische Jugendliche, die Zeitzeugen Abba Naor und den inzwischen im Alter von 100 Jahren gestorbenen Nick Hope, die sich als ehemalige Häftlinge des KZ Dachau der Versöhnung verschrieben haben. Und den evangelischen Pfarrer Björn Mensing, der in der Versöhnungskirche in Dachau als Seelsorger und Historiker wirkt.

Einen Part im Film hat auch der österreichische Jazzmusiker Harri Stojka, der sich für die Kultur der Sinti und Roma einsetzt und dessen Großvater als Angehöriger der Roma von den Nazis ermordet wurde. Nur wenige seiner einst etwa 200-köpfigen Familie überlebten.

Trotz der Bedrohung durch die SS habe Aigner neue Apfelsorten gezüchtet - und es sei ihm gelungen, die Setzlinge aus dem Lager zu schmuggeln, berichtete Filmemacher Steffen bei den Dreharbeiten. Für Aigner sei es eine Möglichkeit gewesen, dem mörderischen Abgrund neues Leben entgegenzusetzen. So habe er selbst überleben können. Steffen: »Das ist für mich ein großes Symbol.«

»Kräutergarten« für Besucher

Etwa neun Zehntel des im Besitz der Stadt Dachau befindlichen Geländes wurden nach und nach als Industriegebiet verkauft. Nun laufen Bemühungen, den restlichen Teil des Geländes mit den Gewächshausruinen zugänglich zu machen.

Die Stiftung Bayerische Gedenkstätten wolle den »Kräutergarten« für Besucher erschließen, sagte der ehrenamtliche Direktor Karl Freller während der Dreharbeiten im vergangenen Jahr. »Es ist ein historischer Ort, an dem viele Menschen sehr gelitten haben.«

Derzeit laufen Bodenuntersuchungen, um vor einer Übertragung von Grund mögliche Schadstoffbelastungen festzustellen. Bisher lägen der Stiftung noch keine Ergebnisse vor, sagte Freller, aber: »Wir sehen das wichtige Projekt insgesamt jetzt auf einem guten Weg.« Bis das Gelände umfangreich als Besucherort gestaltet ist, werden allerdings wahrscheinlich Jahre vergehen.

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