documenta

Felix Klein kritisiert Fehlen israelischer Künstler

Felix Klein, Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung Foto: imago/epd

In der Debatte über die inhaltliche Ausrichtung der Kunstausstellung documenta fifteen kommt Kritik auch vom Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, Felix Klein. »Wenn kein einziger israelischer Künstler eingeladen wird, drängt sich die Annahme auf, dass israelische Künstler boykottiert werden sollen«, sagte Klein der »Welt« (Sonntag online, Montag Print). »Die Kuratoren sind unabhängig, aber bei solchen Vorwürfen und einer Finanzierung durch Steuergelder ist eine hohe Sensibilität angebracht.«

Kürzlich hatte sich die Generaldirektorin der documenta, Sabine Schormann, zu Wort gemeldet und sich gegen Judenfeindlichkeit positioniert. »Alle Künstlerinnen und Künstler, die künstlerische Leitung Ruangrupa, die Träger und die Geschäftsführung distanzieren sich eindeutig von Antisemitismus. Es ging auch nie darum, aus der documenta eine Veranstaltung im Sinn des israelkritischen Bündnisses BDS (Boycott, Divestment and Sanctions) zu machen.«

Partner Man sei im Gespräch mit vielen Partnern, »angefangen bei der jüdischen Gemeinde in Kassel und vielen Expertinnen und Experten«, so Schormann. »Wir hatten nur den Eindruck, dass viele Erläuterungen nicht dazu beigetragen haben, die Diskussion zu beruhigen.« Deshalb sei sie der Meinung, dass man die documenta erst einmal eröffnen sollte.

Die Generaldirektorin trat Kritik am künstlerischen Programm der documenta vom 18. Juni bis 25. September in Kassel entgegen. »Es gehört zu jeder neuen künstlerischen Leitung, dass sie den Blick auf die Kunst verändert hat. Den jeweiligen Konzepten ist zunächst immer mit einer gewissen Skepsis entgegengeblickt worden. Oft genug wurde erst nachträglich erkannt, wie wegweisend diese Konzepte wirklich waren.«

Zentralrat In der Debatte hatten sich auch der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, und Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) geäußert: Es dürfe »keinen Platz für Antisemitismus in seinen unterschiedlichen Formen« geben.

Schuster habe das Anliegen des Zentralrats zum Ausdruck gebracht, »eine ehrliche und differenzierte Debatte über Antisemitismus und Feindlichkeiten gegen Israel zu führen«. Eine solche differenzierte und ausgewogene Debatte sei aus Sicht des Zentralrats mit einer von der documenta geplanten Gesprächsreihe nicht gegeben gewesen.

Es sei schwierig, »an einen Zufall zu glauben, wenn kein einziger israelischer Künstler vertreten sein wird«, sagte vor Kurzem auch Zentralratspräsident Josef Schuster.

Es sei schwierig, »an einen Zufall zu glauben, wenn kein einziger israelischer Künstler vertreten sein wird«, sagte der Zentralratspräsident Josef Schuster vor Kurzem der Zeitung »Die Welt« in Bezug auf die Herkunft der zur Ausstellung eingeladenen Künstlerinnen und Künstler. »Bei den Gesamtumständen, die wir bei der documenta sehen, drängt sich der Eindruck geradezu auf, dass BDS mit seinem Aufruf zum Boykott israelischer Kunst und Kultur bereits wirkt.«

Die Pressesprecherin der documenta hatte am 18. Mai auf eine Anfrage der Jüdischen Allgemeinen zur Einladung israelischer Künstler bei der Schau wie folgt geantwortet: »Es gibt Beteiligte aus Israel, Einladungen erfolgten jedoch nicht aufgrund nationaler oder anderer Zugehörigkeiten sondern aufgrund der Praxis der eingeladenen Beteiligten und deren Relevanz für und Kompatibilität mit der lumbung-Praxis der documenta fifteen. Aus diesem Grund wurden beispielsweise bei der Verkündung der beteiligten Künstler*innen auch Zeitzonen statt Angaben von Nationalitäten kommuniziert.«

BDS-BESCHLUSS BDS steht für »Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen«. Die Bewegung will Israel wirtschaftlich, kulturell und politisch isolieren. Der Bundestag distanzierte sich 2019 in einem Beschluss von der BDS-Kampagne. Der Beschluss, dem die heutige Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) nicht zugestimmt hatte, wird von zahlreichen Kulturschaffenden kritisiert.

Schuster verwies darauf, die documenta gehöre weltweit zu den »bedeutendsten Ausstellungen« und habe eine große Ausstrahlung. Die vom 18. Juni bis 25. September in Kassel zu sehende documenta gilt neben der Biennale in Venedig als wichtigste Präsentation für Gegenwartskunst. Jenseits des von Israel verantworteten Pavillons sind auch bei der Biennale keine Künstlerinnen und Künstler aus Israel im Verzeichnis zu finden. kna/ja/dpa

Literatur

Die Kunst, das Opfer und die Ministerin

In seinem Schlüsselroman nimmt Jonathan Guggenberger den Antisemitismus im Kulturbetrieb aufs Korn

von Ralf Balke  22.06.2025

Justiz

Dieter Hallervorden und Diether Dehm zeigen Kanzler Friedrich Merz wegen »Drecksarbeit«-Aussage an

Mit seiner Bemerkung zu Israels Angriff auf den Iran hat Kanzler Merz für viel Zustimmung und Ablehnung gesorgt. Nun sollte sich die Justiz damit beschäftigen, meinen einige

 20.06.2025

Medien

Enkel des »Weltbühne«-Gründers übt scharfe Kritik an Verleger Friedrich

Erst kürzlich hatte der Verleger der »Berliner Zeitung« die Zeitschrift »Weltbühne« wieder aufleben lassen. Nun erhebt der Enkel des jüdischen Gründers schwere Vorwürfe gegen ihn

 20.06.2025

TV-Tipp

Robert Lembke: Schikaniert wegen seines jüdischen Vaters

Wer war der Moderator Robert Lembke? 70 Jahre nach dem Start der legendären Quizsendung »Was bin ich?« fasziniert das Dokudrama »Robert Lembke – Wer bin ich?«. Ein Schatz in der ARD-Mediathek

von Gregor Tholl  20.06.2025

Ausstellung

Die Schocken-Show

Das Jüdische Museum Berlin ehrt den Unternehmer und Verleger Salman Schocken dank eines Stars der US-Literatur

von Sophie Albers Ben Chamo  19.06.2025

Kulturkolumne

Zwischen Kotel und Kotti

Wie KI unseren Autor berühmt machte

von Eugen El  19.06.2025

FU Berlin

Sparmaßnahmen an Berliner Hochschulen treffen wohl auch Judaistik

An der Freien Universität ist unklar, ob eine Professur neu besetzt wird.

 19.06.2025

Fürth

Jüdisches Museum sucht geraubte kleine Dame

Man werde für eine Suchaktion an alle bekannten Kunstgalerien Flyer schicken und eine Anzeige in einer überregionalen Tageszeitung aufgeben

 18.06.2025

Sachbuch

Zweistaatenlösung, erster Versuch

Oren Kessler zeigt, wie sich bereits 1936 ein Grundmuster des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern herausbildete

von Ralf Balke  18.06.2025