Kino

Es ist kompliziert

Koschere Küsse? Shiras (r.) Liebe zu einer Deutschen sorgt in doppelter Hinsicht für Aufregung. Foto: Xverleih

Kino

Es ist kompliziert

Wenn sich eine Deutsche und eine Israelin verlieben: Die Regisseurin Shirel Peleg legt mit »Kiss Me Kosher« ihr Debüt vor

von Ulrich Sonnenschein  10.09.2020 08:16 Uhr

Matronenhaft, eine Zigarette in der Hand, Dutzende zerdrückt im Aschenbecher vor ihr, sitzt Berta, die »wahre jüdische Prinzessin«, ihrer Enkelin gegenüber. Die friedvolle Terrasse ist ein Ort familiärer Intimität, voller Pflanzen und fern von jedem äußeren Einfluss. Berta hat Shira gerade im Monopoly geschlagen und will noch kurz die Geschäftsbilanzen der Kneipe besprechen, die sie ihr großzügig finanziert hat. Nicht ganz ohne Ironie hat Shira diese »The real jewish princess« getauft.

Oma und Shira sind ein Herz und eine Seele, denn beide verbindet ein Geheimnis. Berta liebt einen Araber, und das schon sehr lange, ohne dass die Familie etwas ahnt, und Shira ist die Einzige, die eingeweiht ist. Keine Frage, denn auch sie lebt, was die Liebe angeht, nicht der Norm entsprechend. Sie liebt offen und sehr polygam Frauen. Die Familie hat es akzeptiert, mokiert sich eher über die häufig wechselnden Partnerschaften als über deren Geschlecht.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Nun aber ist es Shira zum ersten Mal ernst. Mit der deutschen Maria, die in Israel über den Klimawandel promoviert, will sie ihr Leben teilen.

heiratsantrag Und prompt missversteht sie eine Geste als Heiratsantrag, was Maria, gerührt von der Romantik der Situation, auch nicht aufklärt. So nimmt alles seinen Lauf. Und wenn eine Familie von Holocaust-Überlebenden auf eine urdeutsche trifft, sind die Konflikte vorprogrammiert.

Shirel Peleg beherrscht in ihrem Debütfilm Kiss Me Kosher die Klaviatur der kulturellen Missverständnisse und spielt gekonnt mit den Klischees.

Shirel Peleg beherrscht in ihrem Debütfilm Kiss Me Kosher die Klaviatur der kulturellen Missverständnisse und spielt gekonnt mit den Klischees, ohne auf sie hereinzufallen. Die Regisseurin hat zuerst am Sapir College in Israel studiert, danach an der Filmakademie Baden-Württemberg und setzte sich immer wieder mit der NS-Vergangenheit Deutschlands auseinander.

An keiner Stelle driftet Peleg ins Klischee ab, sie enthält sich jeder Dramatisierung oder gar Schuldzuweisung. Sie zeigt, was ist. Wie Menschen leben und warum sie tun, was sie tun. Es geht ihr um den Alltag in der persönlichen Unnormalität.

komödie Peleg stellt niemanden bloß, sondern benutzt Themen wie Schuld und Schicksal, um deren Unauflösbarkeit in eine Komödie zu verwandeln. Sie kennt sich aus in den Falten der Geschichte und kann sich deshalb darüber hinwegsetzen. Ihr Film verlässt sich auf die Kraft der Figuren und damit auf die überzeugenden Schauspieler, darunter Juliane Köhler und Bernhard Schütz als Marias Eltern, John Carroll Lynch als Shiras Vater und nicht zuletzt Moran Rosenblatt als Shira und Luise Wolfram als Maria.

Am Ende des Films gibt es tatsächlich eine Hochzeit und die dazugehörigen Trinksprüche. »LeChaim«, sagt dann jemand, und Hochzeiten sind ja so schön, vor allem, wenn es nicht die eigene ist.

Ab 10. September im Kino

Fürth

Jüdisches Museum sucht geraubte kleine Dame

Man werde für eine Suchaktion an alle bekannten Kunstgalerien Flyer schicken und eine Anzeige in einer überregionalen Tageszeitung aufgeben

 18.06.2025

Sachbuch

Zweistaatenlösung, erster Versuch

Oren Kessler zeigt, wie sich bereits 1936 ein Grundmuster des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern herausbildete

von Ralf Balke  18.06.2025

Zahl der Woche

8. Platz

Fun Facts und Wissenswertes

 18.06.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 19. Juni bis zum 26. Juni

 18.06.2025

Berlin

Erste Ausstellung über den Architekten Ossip Klarwein

Präsentiert werden mehr als 100 Entwürfe und Modelle, darunter ikonische Bauten des 1933 nach Palästina geflohenen jüdischen Architekten

 17.06.2025

Nachruf

Chronist einer ganzen Epoche

Michel Bergmann war ein Schriftsteller, der viele Genres beherrschte

von Ellen Presser  17.06.2025

Los Angeles

Neues Album von Haim: »Manchmal muss man loslassen«

Auf ihrem vierten Album singen die Haim-Schwestern von Trennung, Abschied und Neuanfang. Dabei betritt das Trio mit beinahe jedem Song ein anderes musikalisches Terrain

von Philip Dethlefs  17.06.2025

Diskurs

»Die Erinnerungsrepublik Deutschland ist zu Ende«

Auszüge aus der Heidelberger Hochschulrede des Grünen-Politikers Sergey Lagodinsky

 16.06.2025

Literatur

Michel Bergmann ist tot

Der jüdische Schriftsteller starb im Alter von 80 Jahren

 17.06.2025 Aktualisiert