Thüringen

Erfurts jüdische Schätze sollen die Stadt zum Weltkulturerbe machen

Teile des Erfurter Schatzes in der Alten Synagoge Foto: imago stock&people

Thüringen hofft auf sein viertes Weltkulturerbe. Nach dem Bauhaus in Weimar (1996), dem Klassischen Weimar (seit 1998) und der Wartburg (1999) will Erfurt mit seinem jüdisch-mittelalterlichen Erbe in die illustre Runde aufgenommen werden. Den nötigen Antrag brachte die Landeshauptstadt im Dezember via Thüringer Staatskanzlei und Auswärtigem Amt auf den Weg zur Unesco nach Paris. Am Montag lief dort die diesjährige Bewerbungsfrist ab.

Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) zeigte sich zuversichtlich, dass Erfurt 2022 den Zuschlag erhalten könnte. Allerdings brauche es bei der anstehenden Prüfung Geduld, sagte er bei einem gemeinsamen digitalen Auftritt mit Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) und der Unesco-Beauftragten der Stadt, Maria Stürzebecher. Es wäre schön, wenn das Vorhaben im ersten Anlauf im kommenden Sommer glückte. Falls nicht, sei dies aber nur eine Frage der Zeit, fügte Ramelow hinzu.

Zur Wahrheit gehört auch, dass eine mit den drei sogenannten »Schum«-Städten Speyer, Worms und Mainz angestrebte gemeinsame Bewerbung scheiterte.

Es ist die einmalige historische Substanz, die im Rathaus wie in der Staatskanzlei für einigen Optimismus sorgt. Den von der Unesco für die Bewerbung geforderten »außergewöhnlichen und universellen Wert« sieht die Beauftragte der Stadt mit der Alten und der Kleinen Synagoge, der Mikwe - einem jüdischen Ritualbad - sowie vielen Gebäuden jüdischer Auftraggeber oder Besitzer gegeben. In Erfurt seien Gebäude erhalten, von deren Existenz anderswo in Europa nur noch Fundamente oder Ruinen kündeten.

Dazu kommt Erfurts jüdischer Goldschatz. Er wurde 1998 bei Bauarbeiten in unmittelbarer Nähe zur Alten Synagoge in der Innenstadt entdeckt. Bei einem Gesamtgewicht von 28 Kilogramm enthält er unter anderem 3.141 Silbermünzen sowie über 700 zum Teil mit Edelsteinen besetzte Einzelstücke gotischer Goldschmiedekunst. Prunkstück ist ein Hochzeitsring mit einem Abbild des Jerusalemer Tempels.

Der Schatz, der heute in der Alten Synagoge zu bewundern ist, steht auch für die dunkle Seite deutscher Geschichte. Besitzer des Schatzes soll der jüdische Bankier Kalman von Wiehe gewesen sei. Nach dem Stand der Forschung versteckte er seine Wertsachen vor dem Pest-Pogrom am 21. März 1349. Dabei wurde die gesamte Jüdische Gemeinde der Stadt Erfurt ausgelöscht.

Der Schatz war zwischenzeitlich in den Hauptstädten Frankreichs, Großbritanniens und Israels sowie in New York City zu sehen. Der Hochzeitsring schaffte es dort sogar in eine Sonderausstellung des Metropolitan Museums of Art. Andererseits ließ sich das niederländische Königspaar 2017 bei seiner Thüringen-Reise den Schatz zeigen. Daneben besuchten Willem-Alexander und Máxima noch Weimar und die Wartburg - beides Welterbe-Stätten.

Der Schatz, der heute in der Alten Synagoge zu bewundern ist, steht auch für die dunkle Seite deutscher Geschichte.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass eine mit den drei sogenannten »Schum«-Städten Speyer, Worms und Mainz angestrebte gemeinsame Bewerbung scheiterte. In den Kommunen - Schum leitet sich aus den Anfangsbuchstaben ihrer hebräischen Namen her - erlebte das zentraleuropäische Judentum seine kulturelle Blütezeit.

Der Antrag des Trios auf Aufnahme in das Welterbe könnte schon im Sommer positiv beschieden werden. Dies sei nicht unbedingt ein Nachteil für Erfurt, sagt Oberbürgermeister Bausewein. Vielleicht schicke die zuständige Unesco-Kommission den Antrag ja auch zur Nachverhandlung mit den Thüringern zurück.

Israel

Pe’er Tasi führt die Song-Jahrescharts an

Zum Jahresende wurde die Liste der meistgespielten Songs 2025 veröffentlicht. Eyal Golan ist wieder der meistgespielte Interpret

 23.12.2025

Israelischer Punk

»Edith Piaf hat allen den Stinkefinger gezeigt«

Yifat Balassiano und Talia Ishai von der israelischen Band »HaZeevot« über Musik und Feminismus

von Katrin Richter  23.12.2025

Los Angeles

Barry Manilow teilt Lungenkrebs-Diagnose

Nach wochenlanger Bronchitis finden Ärzte einen »krebsartigen Fleck« in seiner Lunge, erzählt der jüdische Sänger, Pianist, Komponist und Produzent

 23.12.2025

Hollywood

Ist Timothée Chalamet der neue Leonardo DiCaprio?

Er gilt aktuell als einer der gefragtesten Schauspieler. Seine Karriere weckt Erinnerungen an den Durchbruch des berühmten Hollywood-Stars - der ihm einen wegweisenden Rat mitgab

von Sabrina Szameitat  22.12.2025

Didaktik

Etwas weniger einseitig

Das Israel-Bild in deutschen Schulbüchern hat sich seit 2015 leicht verbessert. Doch der 7. Oktober bringt neue Herausforderungen

von Geneviève Hesse  22.12.2025

Meinung

Der Missbrauch von Anne Frank und die Liebe zu toten Juden

In einem Potsdamer Museum stellt der Maler Costantino Ciervo das jüdische Mädchen mit einer Kufiya dar. So wird aus einem Schoa-Opfer eine universelle Mahnfigur, die vor allem eines leisten soll: die moralische Anklage Israels

von Daniel Neumann  21.12.2025

Film

Spannend, sinnlich, anspruchsvoll: »Der Medicus 2«

Nach zwölf Jahren kommt nun die Fortsetzung des Weltbestsellers ins Kino

von Peter Claus  21.12.2025

Gastbeitrag

Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum schweigt ihr?

Jan Grabowski fragt die deutschen Historiker, warum sie es unwidersprochen stehen lassen, wenn ein Holocaust-Experte für seine Forschungsarbeit diskreditiert wird

von Jan Grabowski  21.12.2025

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

Werteinitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 21.12.2025