Medizinische Innovation

Entspannte Tage

Wann ihre nächste Schmerzattacke kommt, wusste Orly Ben-Ishay immer ziemlich genau. »Denn das Stechen im Unterleib kündigte sich jedes Mal kurz vor der Menstruation an«, sagt die 32-jährige Webdesignerin aus Rischon LeZion. Monat für Monat dasselbe Drama. »Etwa eine Woche lang übernehmen starke Krämpfe und Übelkeit mein gesamtes Leben. Spaß macht das wirklich nicht.«

Menstruationsbeschwerden dieser Art sind alles andere als ungewöhnlich. »Mindestens 50 Prozent aller Frauen im gebärfähigen Alter leiden unter derart schweren Krämpfen während ihrer Periode«, weiß Bari Kaplan zu berichten. »Und viele von ihnen greifen in dieser Zeit immer wieder auf mitunter sehr starke Schmerzmittel zurück«, so der Gynäkologe an der Beilinson-Frauenklinik in Petach Tikwa. »Das kann natürlich auf Dauer nicht gesund sein.«

muskeln Die quälenden Schmerzen während oder kurz vor der Menstruation entstehen durch Muskelkrämpfe in der Uteruswand und ähneln ein wenig den höchst unangenehmen Verspannungen, wie sie manchmal in bestimmten Körperteilen nach exzessivem Sport vorkommen. Bemerkbar machen sie sich vor allem im unteren Bauch- oder im Hüftbereich, wobei sie nicht selten in Intervallen auftreten und von der Intensität her stark schwanken können.

In manchen Fällen ist ein dauerhafter und stumpfer Schmerz zu spüren, der auf den Rücken, die Beine und den Oberbauch ausstrahlt. Was die Sache noch verschlimmert: Die Menstruationskrämpfe gehen oft einher mit Kopfschmerzen, Müdigkeit, Erbrechen oder Schwindelgefühl – kurzum, die Lebensqualität vieler Frauen wird in diesen Tagen stark eingeschränkt. Manche von ihnen können dann nicht arbeiten, und ihre Laune erreicht verständlicherweise einen Tiefpunkt.

Das alles könnte nun bald der Vergangenheit angehören. Denn eine Erfindung aus Israel soll die monatlichen Beschwerden nicht nur lindern, sondern ihnen komplett den Garaus machen. »Livia« heißt das Gerät des gleichnamigen Unternehmens. Es sieht aus wie ein kleiner iPod und soll auch wie ein solcher in verschiedenen Farben zu haben sein. Seine Erfinder, Chen Nachum sowie dessen Vater, Zvi Nachum, versprechen sofortige Schmerzfreiheit, und das für satte 15 Stunden – so lange hält nämlich das Akku des kleinen Geräts.

rezeptoren Seine heilende Kraft basiert auf einem Prinzip, das schon lange aus der Physiotherapie bekannt ist und auf der Kontrollschrankentheorie der beiden Neurowissenschaftler und Psychologen Ronald Melzack und Patrick Wall aus dem Jahre 1965 aufbaut. Diese besagt, dass äußere und innere Schmerzreize von sogenannten Nozizeptoren, also Schmerzrezeptoren, in Haut, Muskeln, Gelenken und inneren Organen aufgenommen werden – eben auch von der Gebärmutter. »Livia« nun blockiert diese durch elektrische Impulse.

So hält das kleine Gerät, das am Hosenbund befestigt werden kann, die Nervenzellen »auf Trab« und blockiert die Weitergabe des Schmerzes von den Rezeptoren an das Gehirn. Dies geschieht mithilfe von zwei Gelpads, die in Höhe der Eierstöcke am Bauch angebracht werden und mit »Livia« über Kabel verbunden sind.

Und das Beste: Unter einer Bluse oder einem T-Shirt ist alles gut verborgen und fast unsichtbar. Aufgeladen wird »Livia« über ein USB-Kabel. Das Ganze ist keine Theorie, sondern funktioniert auch im Alltag. Das jedenfalls haben zahlreiche medizinische Studien bewiesen. »All das macht ›Livia‹ für Frauen, die regelmäßig unter diesen unangenehmen Symptomen zu leiden haben, so interessant«, zeigt sich Chen Nachum, Geschäftsführer des ehrgeizigen israelischen Start-up-Unternehmens, überzeugt. »Schließlich können sie nun ihre Regel schmerzfrei überstehen und gewinnen so ein großes Stück Lebensqualität zurück.«

Wärmflasche Selbst für Frauen, die nur gelegentlich mit den beschriebenen Malaisen zu kämpfen haben, aber ungern zur Schmerztablette greifen, ist das Gerät eine interessante Alternative zu den konventionellen Mitteln. Zudem verspricht es deutlich mehr Schutz als die sonst so gerne benutzte Wärmflasche auf dem Bauch und erlaubt weiterhin volle Bewegungsfreiheit. »Und das Beste: ›Livia‹ hat null Nebenwirkungen«, ergänzt Chen Nachum. »Chemie ist ja nicht im Spiel.«

Offensichtlich besteht an der Erfindung aus Israel ein riesiges Interesse. Denn das Geld für die Entwicklung bis hin zur Marktfähigkeit besorgten sich Vater und Sohn Nachum nicht von den Banken, sondern via Crowdfunding. Kapitalgeber kann also jeder werden. 50.000 Dollar erhofften sich die beiden, auf diese Weise aufbringen zu können. Doch innerhalb kürzester Zeit kam fast das Sechsfache dieses Betrags herein, und das, obwohl die Phase des Geldsammelns noch gar nicht abgeschlossen ist.

Bislang ist das Gerät nicht auf dem Markt. Aber laut der Crowdfunding-Seite Indiegogo soll es im Herbst dieses Jahres so weit sein. Der Ladenpreis wird voraussichtlich 80 Euro betragen. Die Gelpads selbst halten rund sechs Monate und können dann für rund zehn Euro ausgewechselt werden. Für viele Frauen soll damit ein Traum wahr werden: Menstruationsbeschwerden auf Knopfdruck einfach verschwinden zu lassen.

Bonn

Beethoven-Haus zeigt Ausstellung zu Leonard Bernstein

Die lebenslange Beschäftigung des Ausnahmetalents mit Beethoven wird dokumentiert

 25.04.2024

Potsdam

Chronist der neuen Weiblichkeit

Das Museum Barberini zeigt Modiglianis Menschenbilder in neuem Licht

von Sigrid Hoff  25.04.2024

München

Ausstellung zeigt Münchner Juden im Porträt

Bilder von Franz von Lenbach und anderen sind zu sehen

 25.04.2024

Wien

Spätwerk von Gustav Klimt für 30 Millionen Euro versteigert

Der Künstler malte das »Bildnis Fräulein Lieser« kurz vor seinem Tod

 25.04.2024

Los Angeles

Barbra Streisand: Lovesong als Zeichen gegen Antisemitismus

Für die Serie »The Tattooist of Auschwitz« singt sie das Lied »Love Will Survive«

 25.04.2024

Kommentar

AfD in Talkshows: So jedenfalls nicht!

Die jüngsten Auftritte von AfD-Spitzenpolitikern in bekannten Talk-Formaten zeigen: Deutsche Medien haben im Umgang mit der Rechtsaußen-Partei noch viel zu lernen. Tiefpunkt war das Interview mit Maximilian Krah bei »Jung & Naiv«

von Joshua Schultheis  24.04.2024

Meinung

Der Fall Samir

Antisemitische Verschwörungen, Holocaust-Relativierung, Täter-Opfer-Umkehr: Der Schweizer Regisseur möchte öffentlich über seine wirren Thesen diskutieren. Doch bei Menschenhass hört der Dialog auf

von Philipp Peyman Engel  22.04.2024

Essay

Was der Satz »Nächstes Jahr in Jerusalem« bedeutet

Eine Erklärung von Alfred Bodenheimer

von Alfred Bodenheimer  22.04.2024

Sehen!

Moses als Netflix-Hit

Das »ins­pirierende« Dokudrama ist so übertrieben, dass es unabsichtlich lustig wird

von Sophie Albers Ben Chamo  22.04.2024