Medien

Enkel des »Weltbühne«-Gründers übt scharfe Kritik an Verleger Friedrich

In der Kritik: Verleger Holger Friedrich Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress

Der Enkel des Gründers der Zeitschrift »Die Weltbühne« erhebt schwere Vorwürfe gegen den Verleger der »Berliner Zeitung«, Holger Friedrich. Im Interview der Zeitschrift »Publik-Forum« (Freitag) beklagt Nicholas Jacobsohn, Friedrich habe die »Weltbühne« ohne seine Einwilligung wieder ins Leben gerufen. Jacobsohn wirft Friedrich einen »hinterhältigen Angriff« und »Diebstahl meines geistigen Eigentums« vor.

Die ursprüngliche »Weltbühne« war vom jüdischen Journalisten Siegfried Jacobsohn 1905 zunächst als reine Theaterzeitschrift gegründet worden. Seit 1913 griff die Redaktion aber auch wirtschaftliche und politische Themen auf. Nach Jacobsohns Tod leiteten berühmte Intellektuelle wie Kurt Tucholsky und Carl von Ossietzky das Blatt, bis es 1933 von den Nationalsozialisten verboten wurde. Es galt als Medium der radikaldemokratischen, bürgerlichen Linken. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs erschien die »Weltbühne« in Ost-Berlin bis 1993 erneut.

Holger Friedrich hatte die »Weltbühne« Ende Mai neu aufgelegt und mit der ersten Ausgabe direkt für Kontroversen gesorgt. Die Zeitschrift enthielt unter anderem einen Beitrag der jüdischen Publizistin Deborah Feldmann, in dem sie dem Chefredakteur der »Jüdischen Allgemeinen«, Philipp Peyman Engel, seine jüdische Herkunft absprach. Feldmans Behauptungen sind erwiesenermaßen falsch.

Nicholas Jacobsohn zeigte sich von Feldmans Aufsatz angewidert: »Hier wird ein jüdisches Medium mit einer so langen und wechselvollen Geschichte missbraucht, um Juden gegen Juden zu instrumentalisieren.«

Ein Riss im Deutschland-Bild

Friedrich ist nicht der erste, der sich mit einer Nachfolge-Publikation in die Tradition der »Weltbühne« stellte. Dennoch sei er vom Neustart schockiert gewesen, so Nicholas Jacobsohn. Zwar habe Friedrich ihn Anfang des Jahres über seine Anwälte über die Planungen informiert, aber auf seine Nachfragen zu redaktioneller Freiheit und journalistischer Unabhängigkeit nie geantwortet.

Der Name und die Sache, für die sein Großvater gestanden habe, seien durch Friedrich »beschädigt« und »beschmutzt« worden. Dessen Stasi-Vergangenheit und seine russlandfreundliche Haltung passen Jacobsohn zufolge nicht zur »Weltbühne«. Besonders erzürnt habe ihn, dass auf dem Cover der Zeitschrift der Hinweis »Gegründet von Siegfried Jacobsohn« zu lesen sei. Enkel Nicholas ist Inhaber der Rechte am Titel »Weltbühne«.

»Von den Deutschen enteignet«

Es sei nicht das erste Mal, »dass das Eigentum meiner Familie von den Deutschen enteignet wurde«, betont Jacobsohn. Anfang 1933 sei die »Weltbühne« von den Nationalsozialisten beschlagnahmt worden. Zu DDR-Zeiten habe sie als linientreue Zeitung bestanden. Und nach dem Fall der Berliner Mauer habe sein Vater Klage dagegen eingereicht, woraufhin die Produktion 1993 eingestellt wurde.

Lesen Sie auch

Nun erscheine die Weltbühne zum dritten Mal in Berlin, so Gründer-Enkel Nicholas. Er ist überzeugt, dass sein Großvater und seine Mitstreiter, von denen viele unter der Naziherrschaft im Gefängnis gelandet seien, »niemals ihre Namen für diese Schundzeitung hergegeben« hätten.

Sein positives Deutschland-Bild habe durch die Vorgänge einen Riss bekommen, so Jacobsohn, der in den USA lebt. Für einen guten Relaunch der Zeitschrift sei er aber nach wie vor offen, betont er. Bei den bisherigen Anläufen habe es aber immer am nötigen Budget gemangelt.

Friedrich verteidigte sich in Radiointerview

Schon zuvor hatte Nicholas Jacobsohn ähnliche Vorwürfe gegen Holger Friedrich erhoben. In einem Radiointerview im RBB Ende Mai verteidigte sich der Verleger: »Die Geschichte ist mittlerweile circa hundert Jahre eigentlich beendet auf dieser Seite der Familie, es hätte mindestens in den letzten 35 Jahren, nachdem die DDR verschwunden ist, genügend Gelegenheiten gegeben, sich diesem Erbe zu widmen«, so Friedrich. »Wir tun das jetzt. Ich kann verstehen, dass man da irritiert ist. Aber jeder Versuch der konstruktiven Annäherung wurde auch ignoriert. Insofern ist es dann, wie es ist.« kna/ja

Los Angeles

Louise Sorel wird 85

Wer »Star Trek«, »Kojak« und »Zeit der Sehnsucht« kennt, kennt Louise Sorel. Die Karriere der Darstellerin begann auf dem Broadway

 04.08.2025

Geburtstag

Iris Berben wird 75

Publikumsliebling, Volksschauspielerin und Trägerin des Leo-Baeck-Preises: Am 12. August wird Iris Berben 75 Jahre alt

von Heike Hupertz  04.08.2025

Blockbuster

Von Nordsee bis Bodensee: Spielbergs »Der weiße Hai« wieder im Kino

In mehr als 250 Kinos in Deutschland wird am Dienstag Spielbergs »Jaws« gezeigt

von Gregor Tholl  04.08.2025

Theater

Abrechnung in O-Tönen

Karl Kraus hielt seine Tragödie »Die letzten Tage der Menschheit« für unspielbar. Bei den Salzburger Festspielen ist es dennoch gelungen

von Micha Schleicher  03.08.2025

Aufgegabelt

Live-forever-Slaw

Rezepte und Leckeres

von Sophia Giesecke, Uri Triest  03.08.2025

Debatte

Liebe »Kulturschaffende«, liebe nützliche Idioten!

Ein Offener Brief an die 200 Künstler, die plötzlich ihr Gewissen entdecken und an Bundeskanzler Merz appellieren, aber mit keinem Wort die israelischen Geiseln erwähnen

von Jusek Adlersztejn  02.08.2025

Meinung

Linke Solidarität und das Bedürfnis, im richtigen Club zu spielen

Die deutsche Linke ist bemerkenswert selektiv: Während sie der Ukraine zu Recht ihre Souveränität zubilligt und den russischen Angriffskrieg verurteilt, scheint für Israel ein anderes Regelwerk zu gelten

von Serdar Somuncu  01.08.2025

Herzliya

Leonardo DiCaprio beteiligt sich an Luxus-Hotelprojekt in Israel

Die Baugenehmigung ist bereits erteilt

 01.08.2025

Film

Regisseur Akiva Schaffer bringt »Die nackte Kanone« zurück

Der Kult-Klamauk kommt heute als Fortsetzung ins Kino. Mit dabei: Liam Neeson und Pamela Anderson

von Sabrina Szameitat  31.07.2025