TV-Tipp

Ein Film gegen das Vergessen

Szene aus dem Film Foto: SWR/NDR/Spiegel TV/Michael Ihle/ bishara.design/Nelli Rödl

Die eindrucksvolle Fernseh-Doku Nazijäger – Reise in die Finsternis erzählt die Geschichte jener britischen Soldaten, die in der Nachkriegszeit in Norddeutschland nach deutschen Kriegsverbrechern suchten. Der Regisseur und Autor Raymond Ley und die Autorin Hannah Ley haben hier nach einer Vorlage von Dirk Eisfeld ein spannendes und ergreifendes Dokudrama geschaffen, das am Dienstag um 23.30 Uhr im SWR Fernsehen zu sehen ist.

Viele der NS-Täter entkamen, aber einige konnten die Briten aufspüren – neben Auschwitz-Kommandant Rudolf Höß den Hamburger Zykon-B-Lieferanten Bruno Tesch, den Standortarzt des KZ Neuengamme, Alfred Trzebinski, und den Lagerkommandanten von Auschwitz und Bergen-Belsen, Josef Kramer.

»PFLICHT« Wie die anderen auch, ist sich Kramer in den Verhören keiner Schuld bewusst. »Es war meine Pflicht« und »Es ist doch kein Verbrechen, Befehle zu befolgen«, antwortet er auf die Fragen von Anton Walter Freud (überzeugend gespielt von Franz Hartwig), Enkel des Psychoanalytikers Sigmund Freud, der mit seiner Familie nach London geflohen war.

Geschickt schafft es Ley, die Spielszenen, die auf den echten Verhörprotokollen basieren, mit Originalfilmmaterial aus den Konzentrationslagern Auschwitz, Bergen-Belsen und Neuengamme zu verknüpfen. Dabei kommen alle zu Wort: Täter, Opfer, Zeugen und die fassungslosen Aufklärer (unter ihnen auch Robin Sondermann als Hanns Alexander).

»Das Verbrechen des Holocausts entzieht sich für mich der Betrachtung, einer »realistischen« Darstellung im TV. Wir können lediglich versuchen, den Opfern ein Gesicht zu geben, einen Blick auf sie zu werfen, um auch sie vor dem Vergessen zu bewahren«, sagt Regisseur Raymond Ley. Die Opfer, das sind stellvertretend für Millionen auch die »Kinder vom Bullenhuser Damm«. 20 Kinder, an denen KZ-Arzt Kurt Heißmeyer im KZ Neuengamme Experimente mit Typhus-Erregern vorgenommen hatte und die in den letzten Kriegstagen, am 20. April 1945, ermordet wurden, um die Taten zu vertuschen.

KINDERBARACKEN Eines der Kinder ist der kleine Sergio, der 1944 aus Italien zusammen mit seinen beiden Cousinen nach Auschwitz deportiert worden war. Andra und Tatiana Bucci haben das Konzentrationslager überlebt und begeben sich für den Film auf eine Reise in ihre Kindheit nach Auschwitz und Hamburg, was dem Dokudrama eine noch stärkere Glaubwürdigkeit verleiht.

Die Spielszenen in den Kinderbaracken sind kaum auszuhalten, wenn etwa der KZ-Arzt die Kinder fragt: »Wer will zu seiner Mama?« oder gezeigt wird, wie den Schauspieler-Kindern die Haare rasiert werden. »Ich spreche. Aber ich sage nicht, dass ich gerne darüber spreche«, sagt Tatiana Bucci. »Ich möchte vor allem, dass diese Sache niemals in Vergessenheit gerät.«

»Nazijäger – Reise in die Finsternis« läuft am Dienstag um 23.30 Uhr im SWR Fernsehen.

Kommentar

Nächstes Jahr bitte ohne Doppelmoral!

Der Musik-Wettbewerb sollte nicht mit einseitiger Solidarität zur inhaltlosen Bühne verkommen

von Nicole Dreyfus  18.05.2025

Musik

Der Fagott-Virtuose

Emanuel Blumin-Sint kombiniert Werke von Bach, Mozart und Paganini mit zeitgenössischen Kompositionen

von Claudia Irle-Utsch  18.05.2025

Berlin

Centrum Judaicum zeigt »Gefühlsdinge«

Die Ausstellung diskutiert wie Objekte Erinnerungen und Emotionen transportieren

 18.05.2025

ESC

So stimmten Publikum und Jury über Israel ab. Ein Überblick

297 Punkte hat Yuval Raphael mit ihrem Beitrag »New Day Will Rise« am Samstagabend im Publikumsvoting bekommen

von Katrin Richter  18.05.2025

Yuval Raphael

»Dem Land eine Sekunde des Friedens zu schenken«

Die zweitplatzierte ESC-Sängerin sagte es sei erst dann ein wirklicher Sieg für sie, wenn Geiseln zuhause sind

 18.05.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Mit Fliesen im Flugzeug: Wie ich ein Badezimmer in Tel Aviv einrichtete

von Ralf Balke  18.05.2025

Aufgegabelt

Kholodnik

Rezepte und Leckeres

von Eugen El  18.05.2025

ESC

Toda, merci, thank you, Yuval

Die israelische Sängerin Yuval Raphael belegt beim ESC mit »New Day Will Rise« den zweiten Platz

von Nicole Dreyfus  18.05.2025

Basel

Farbanschlag auf Yuval Raphael vereitelt

Crew-Mitglied des ESC wurde von Farbe getroffen

 18.05.2025