Immuntherapie

Durchbruch im Kampf gegen den Krebs?

Synthetische Moleküle sind kleiner als Antikörper und können sich frei im Gewebe bewegen. Foto: Getty Images/iStockphoto

Wissenschaftlern der Tel-Aviv-Universität ist es zusammen mit Kollegen der Universität Lissabon gelungen, die Grundlage für eine Tablette zum Einsatz in der Immuntherapie von Krebspatienten zu entwickeln. Das ist insofern eine Weltneuheit, als es zwar bereits orale Möglichkeiten der Immuntherapie-Behandlung bei Allergien gibt, Immuntherapien bei Krebs aber weiterhin vor allem durch Injektionen verabreicht werden müssen, die einen Krankenhausbesuch zwingend erforderlich machen.

Das israelisch-portugiesische Forscherteam veröffentlichte nun eine von Fachleuten geprüfte Studie ihrer bahnbrechenden Entdeckung im »Journal for ImmunoTherapy of Cancer«. Bisher konnten Antikörper aus Medikamenten, die zu Hause als Tablette genommen wurden, im Bauch der Patienten nicht überleben.

reagenzglas Die Studie belegt nun, dass es den Forschern in Tel Aviv und Lissabon gelungen ist, ein synthetisches Molekül zu entwickeln, das die Rolle der Antikörper in der Immuntherapie übernehmen könnte. Der Bericht bestätigt, dass das Molekül sowohl im Reagenzglas als auch unter Laborbedingungen erfolgreich getestet wurde.

Auch wenn eine marktfähige Tablette sicher noch Jahre entfernt ist, sei die theoretische Forschung wegweisend, sagte Ronit Satchi-Fainaro, Forscherin der Tel Aviver Gruppe, gegenüber israelischen Medien. »Das ist insofern sehr wichtig, als dass die neuen Moleküle gleich mehrere Vorteile haben. Man kann sie oral einnehmen, sie sind billiger herzustellen als Antikörper und erreichen mehr Bereiche des Tumors, als es Antikörper schaffen.«

Auch Immunologen, die nicht an der Studie beteiligt waren, bezeichnen die Forschungsergebnisse inzwischen als vielversprechend.

Auch Immunologen, die nicht an der Studie beteiligt waren, bezeichnen die Forschungsergebnisse inzwischen als vielversprechend – wie etwa Cyrille Cohen, Leiterin des immunologischen Labors der Bar-Ilan-Universität. »Ich freue mich auf die Umsetzung in klinischen Versuchen, die die Wirksamkeit dieser neuen Medikamente mit der Wirksamkeit von Antikörpern bei Krebspatienten vergleichen. Sollten sie erfolgreich sein, habe ich keine Zweifel, dass dies nichts Geringeres als eine neue Revolution im Bereich der Krebsbehandlung auslösen wird«, sagte Cohen.

tumor »Antikörper überleben nicht im Magentrakt. Sie werden aufgelöst, bevor sie den Tumor erreichen. Diese synthetischen Moleküle dagegen wurden speziell entwickelt, dort stabil zu bleiben. Das eröffnet die Möglichkeit der oralen Verabreichung«, erklärt Ronit Satchi-Fainaro.

Zudem seien die Abwehr-Moleküle wesentlich kleiner als Antikörper. »Antikörper können nicht alle Bereiche des Tumors erreichen, das Problem ist ihre Größe. Sie bleiben im Bereich der Venen und können weiter entfernt liegende Areale nicht abdecken.« Die Moleküle hingegen bräuchten die Arterien als Transportsystem gar nicht und könnten sich überall im Körper bewegen.

Zudem geht die Forscherin davon aus, dass die Entwicklung der Moleküle die Immuntherapie zugänglicher machen könnte. Die auf Antikörper basierende Immuntherapie benötige eine komplexe Infrastruktur und verursache erhebliche Kosten, »etwa 200.000 Dollar pro Patient und Jahr«, schätzt Satchi-Fainaro. Synthetische Moleküle seien, einmal in Massenproduktion, »für einen Bruchteil der Kosten« herzustellen.

Meinung

Antisemitische Verschwörungen, Holocaust-Relativierung, Täter-Opfer-Umkehr: Der Fall Samir

Der Schweizer Regisseur möchte öffentlich über seine wirren Thesen diskutieren. Doch bei Menschenhass hört der Dialog auf

von Philipp Peyman Engel  22.04.2024

Essay

Was der Satz »Nächstes Jahr in Jerusalem« bedeutet

Eine Erklärung von Alfred Bodenheimer

von Alfred Bodenheimer  22.04.2024

Sehen!

Moses als Netflix-Hit

Das »ins­pirierende« Dokudrama ist so übertrieben, dass es unabsichtlich lustig wird

von Sophie Albers Ben Chamo  22.04.2024

Immanuel Kant

Aufklärer mit Ressentiments

Obwohl sein Antisemitismus bekannt war, hat in der jüdischen Religionsphilosophie der Moderne kein Autor mehr Wirkung entfaltet

von Christoph Schulte  21.04.2024

TV

Bärbel Schäfer moderiert neuen »Notruf«

Die Autorin hofft, dass die Sendung auch den »echten Helden ein wenig Respekt« verschaffen kann

von Jonas-Erik Schmidt  21.04.2024

KZ-Gedenkstätten-Besuche

Pflicht oder Freiwilligkeit?

Die Zeitung »Welt« hat gefragt, wie man Jugendliche an die Thematik heranführen sollte

 21.04.2024

Memoir

Überlebenskampf und Neuanfang

Von Berlin über Sibirien, Teheran und Tel Aviv nach England: Der Journalist Daniel Finkelstein erzählt die Geschichte seiner Familie

von Alexander Kluy  21.04.2024

Glosse

Der Rest der Welt

Nur nicht selbst beteiligen oder Tipps für den Mietwagen in Israel

von Ayala Goldmann  20.04.2024

Frankfurt am Main

Bildungsstätte Anne Frank zeigt Chancen und Risiken von KI

Mit einem neuen Sammelband will sich die Institution gegen Diskriminierung im digitalen Raum stellen

von Greta Hüllmann  19.04.2024