Musik

Drakes unerklärlicher Erfolg

Hip-Hop-Star Drake Foto: dpa

Musik

Drakes unerklärlicher Erfolg

Mit seinem neuen Album »If You’re Reading This It’s Too Late« ist der Rapper künstlerisch gescheitert

von Fabian Wolff  20.04.2015 18:46 Uhr

Anmerkung der Redaktion (2. August 2023):

Als dieser Text von Fabian Wolff in der Jüdischen Allgemeinen erschien, glaubte die Redaktion Wolffs Auskunft, er sei Jude. Inzwischen hat sich Wolffs Behauptung als unwahr herausgestellt.

Drake, Man of Mystery. Der Erfolg des 28-jährigen Rappers aus Toronto, Kanada, bleibt ein Geheimnis. Seine Biografie prädestiniert ihn nicht gerade für eine Karriere im Hip-Hop: aufgewachsen in einer konfliktfernen Gegend, Sohn einer jüdischen Mutter und eines schwarzen Vaters, in seiner Jugend Schauspieler bei Degrassi High, einer Soap für Teenager.

Und doch ist er seit mehr als fünf Jahren einer der größten Stars im Mainstream-Rap, der illustre Freunde hat, tatsächlich noch Alben verkauft und sich sogar den zähneknirschenden Respekt einiger, nicht aller, Hip-Hop-Ultras verdient hat. Seine Jüdischkeit spielt selten eine explizite Rolle – für das Video zu »HYFR« hat er seine Barmizwa nachgestellt, für einen Sketch der Comedy-Show Night Live ebenfalls.

unerfreulich Sein neues Album »If You’re Reading This It’s Too Late« ist ein unerfreuliches Geheimnis. Das fängt schon bei der Klassifizierung an: Ist es ein Album oder ein Mixtape? Es wurde plötzlich und ohne Ankündigung oder Hype auf iTunes veröffentlicht, was manche vermuten lässt, dass es eine Art Abfallprodukt ist, das Drake dabei helfen soll, seinen Vertrag mit dem Label Cash Money aufzulösen.

Sein Album fühlt sich tatsächlich nicht wie ein Album an – Drake hat sich bisher stets bemüht, vermeintliche »Klassiker« zu produzieren, Alben, die eine Epoche markieren sollten. Es geht um Drakes alte Themen: wie schwer der Ruhm ist; wie schwer es ist, mit so vielen Frauen zu schlafen, die man nicht liebt; wie schwer es ist, Drake zu sein. Natürlich ist das erste Thema fast aller Rapper »ich« und das zweite »gegen die Welt«. Aber das so bemerkenswert pubertär, wehleidig und banal zu machen, dafür muss man Drake fast schon bewundern.

Dabei sind die Beats – atmosphärische düstere Ambient-Sounds – geschmackssicher ausgewählt. Auch »technisch« – also die ganz simple Frage, mit wie viel Präzision und Rhythmus er rappt – kann man wenig aussetzen. »Seelenlos« kann man das Album auch schlecht nennen – Drake glaubt das ganze solipsistische Geleide, den »Männerschmerz«, den er da verbreitet, selbst wenn es kein anderer tut.

Kabbala Vom spärlichen Cover hin zu den handgeschriebenen »liner notes« schreit das Album: Achtung, tief gehende Kunst! Dazu gehört das Spiel mit Zahlen, das aber eher Wu-Tang Clan an einem schlechten Tag als Kabbala ist. Drake kommt aus Toronto, das die Postzahlen 416 und 647 hat, und nennt seine Heimatstadt daher nur »the 6«. Außer ihm tut das niemand – und außer ihm wird das ganz sicher auch niemand anderes tun.

Im Song »Madonna« widmet sich Drake wieder einmal der Eroberung von Frauen. Er verspricht dem Opfer seiner Begierde, sie so berühmt zu machen wie Madonna. Weil es manchmal Gerechtigkeit in der Welt gibt, wurde Drake jüngst auf der Bühne von Madonnas Zunge überrascht und war davon keineswegs angetan.

Der Albumtitel verweist auf einen Abschiedsbrief: Wenn ihr das lest, ist es zu spät. Optimisten könnten hoffen, dass damit Drakes Karriereende gemeint ist. Doch er schickt sich an, die Behauptung zu bestätigen, dass Selbstmord egoistisch ist: »Oh my God – If I die I’m a legend«. Würde Drake so weit für Ruhm gehen? Er weiß hoffentlich, dass es im Jenseits keine Instagram-Follower gibt.

Drake: »If You’re Reading This It’s Too Late«. iTunes

Geschichte

»Der ist auch a Jid«

Vor 54 Jahren lief Hans Rosenthals »Dalli Dalli« zum ersten Mal im Fernsehen. Unser Autor erinnert sich daran, wie wichtig die Sendung für die junge Bundesrepublik und deutsche Juden war

von Lorenz S. Beckhardt  24.03.2025 Aktualisiert

Porträt

»Das war spitze!«

Hans Rosenthal hat in einem Versteck in Berlin den Holocaust überlebt. Später war er einer der wichtigsten Entertainer Westdeutschlands. Zum 100. Geburtstag zeigt ein ZDF-Spielfilm seine beiden Leben

von Christof Bock  24.03.2025 Aktualisiert

Gert Rosenthal

»Mein Vater war sehr bodenständig«

Am 2. April wäre Hans Rosenthal 100 Jahre alt geworden. Zum Jubiläum würdigt ihn das ZDF. Ein Gespräch mit seinem Sohn Gert über öffentliche und private Seiten des Quizmasters

von Katrin Richter  24.03.2025 Aktualisiert

Hans Rosenthal

»Zunächst wurde er von den Deutschen verfolgt - dann bejubelt«

Er überlebte den Holocaust als versteckter Jude, als Quizmaster liebte ihn Deutschland: Hans Rosenthal. Seine Kinder sprechen über sein Vermächtnis und die Erinnerung an ihren Vater

von Katharina Zeckau  24.03.2025

Essay

Herausforderung Trump

Warum eine Zusammenarbeit zwischen Europa und Israel jetzt das Gebot der Stunde ist

von Rafael Seligmann  24.03.2025

Geschichte

Vor 80 Jahren schickte das NS-Regime KZ-Häftlinge auf Todesmärsche

In den letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs trieben die Deutschen viele KZ-Insassen auf Todesmärsche. Einer davon führte von Frankfurt nach Hünfeld

von Joachim Heinz  24.03.2025

"Jud Süß"

Der lange Schatten des schlimmsten Films der Geschichte

Vor 85 Jahren wurde »Jud Süß« gedreht. Es gibt einige Gründe, den Streifen als bösartigsten Film der Welt zu brandmarken. Das antisemitische Machwerk hat eine gewisse Aktualität

von Gregor Tholl  24.03.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. März bis zum 29. März

 24.03.2025

Aufgegabelt

Blintzes mit Vanillequark

Rezepte und Leckeres

von Katrin Richter  23.03.2025