Meinung

documenta: Schrecken ohne Ende

Foto: Marco Limberg

Meinung

documenta: Schrecken ohne Ende

Die Weltkunstschau in Kassel zeigt abermals übelsten Judenhass. Doch die Leitung lehnt es weiter ab, die Ausstellungen auf antisemitische Werke hin zu überprüfen

von Philipp Peyman Engel  27.07.2022 14:29 Uhr

Was unterscheidet die documenta in Kassel eigentlich noch vom antisemitischen Karikaturenwettbewerb in Teheran, den die iranischen Mullahs regelmäßig ausrichten? Die bittere Antwort: offenkundig nicht mehr viel.

In der ohnehin schon endlos scheinenden Reihe an Antisemitismus-Skandalen kommt nun ein weiterer Eklat hinzu: Nach Erkenntnissen der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Hessen (RIAS Hessen) werden auf der documenta erneut übelste judenfeindliche Darstellungen gezeigt. Diesmal im Fridericianum, in dem ein Raum dem Kampf algerischer Frauen um Emanzipation gewidmet ist.

»STÜRMER«-MANIER Dort wird eine faksimilierte Broschüre ausgestellt, in der sich von der Kindermord-Legende über judenfeindliche Karikaturen in »Stürmer«-Manier samt Hakennase bis hin zu Vergewaltigungsfantasien sämtliche Facetten des Antisemitismus finden.

Den Weg dafür frei gemacht hat, man muss das so klar sagen, documenta-Interimschef Alexander Farenholtz. Am Wochenende hatte er angekündigt, die Ausstellungen nicht in Hinblick auf Antisemitismus überprüfen zu wollen. Stattdessen schwadronierte der Kulturmanager davon, dass »die documenta als Ausstellung auf einem hervorragenden Kurs« sei. »Die Zahlen sind sehr gut, die Stimmung auch.«

»Die Zahlen sind sehr gut, die Stimmung auch«, sagt der documenta-Chef. Nein, das ist sie nicht. Die documenta ist moralisch bankrott.

Nein, das ist sie nicht. Zumindest nicht in der jüdischen Gemeinschaft. Die documenta ist moralisch bankrott. Es ist mehr als fraglich, ob das Konzept Weltkunstausstellung Kassel nach diesem Scheitern vor aller Welt jemals wieder funktionieren kann. Der nun einzige richtige Schritt wäre es, die documenta 15, die als antisemitische »documenta der Schande« in die Geschichte eingehen wird, endlich zu beenden.

RÜCKBLICK Zur Erinnerung: Auf der Kunstschau war nach ihrer Eröffnung im Juni ein massiv judenfeindliches Werk der indonesischen Künstlergruppe Taring Padi gezeigt worden. Monate zuvor waren Antisemitismus-Vorwürfe gegen die indonesischen Kuratoren ruangrupa laut geworden.

Jüdische Künstler aus Israel wurden von ihnen bewusst gar nicht erst eingeladen. Stattdessen wurde die BDS-Verharmloserin Emily Dische-Becker beschäftigt, die Angehörigen der documenta Nachhilfe in Sachen Israelhass gab, wie ein geleaktes Video dieser Tage eindrücklich zeigte.

Der nun einzige richtige Schritt wäre es, die documenta 15, die als antisemitische »documenta der Schande« in die Geschichte eingehen wird, endlich zu beenden.

Die documenta fifteen war angetreten, um dem »Globalen Süden« endlich eine Stimme zu geben. Zu Recht. Doch von dieser Weltkunstschau werden ausschließlich Werke aus Indonesien, Algerien oder Gaza in Erinnerung bleiben, die eindeutig judenfeindlich sind.

Wenn das die viel gepriesene Perspektive des Globalen Südens ist, dann möge man uns damit bitte verschonen. Oder in Deutschland nie wieder »Nie wieder« sagen. Entmenschlichende Karikaturen wie die auf der documenta sind uns bereits aus der jüngeren deutschen Geschichte zur Genüge bekannt – ihre katastrophalen Folgen erst recht.

engel@juedische-allgemeine.de

Eurovision Song Contest

CDU-Politiker: ESC-Boykott, wenn Israel nicht auftreten darf

Steffen Bilger fordert: Sollte Israel vom ESC ausgeschlossen werden, müsse auch Deutschland fernbleiben. Er warnt vor wachsenden kulturellen Boykottaufrufen gegen den jüdischen Staat

 18.09.2025

Ehrung

Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland für Tamar Halperin

Die in Deutschland lebende israelische Pianistin ist eine von 25 Personen, die Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 1. Oktober ehrt

von Imanuel Marcus  18.09.2025

Ausstellung

Liebermann-Villa zeigt Architektur-Fotografien jüdischer Landhäuser

Unter dem Titel »Vision und Illusion« werden ab Samstag Aufnahmen gezeigt, die im Rahmen des an der University of Oxford angesiedelten »Jewish Country Houses Project« entstanden sind

 18.09.2025

Debatte

Rafael Seligmann: Juden nicht wie »Exoten« behandeln

Mehr Normalität im Umgang miteinander - das wünscht sich Autor Rafael Seligmann für Juden und Nichtjuden in Deutschland. Mit Blick auf den Gaza-Krieg mahnt er, auch diplomatisch weiter nach einer Lösung zu suchen

 18.09.2025

Kino

Blick auf die Denkerin

50 Jahre nach Hannah Arendts Tod beleuchtet eine Doku das Leben der Philosophin

von Jens Balkenborg  18.09.2025

»Long Story Short«

Die Schwoopers

Lachen, weinen, glotzen: Die Serie von Raphael Bob-Waksberg ist ein unterhaltsamer Streaming-Marathon für alle, die nach den Feiertagen immer noch Lust auf jüdische Familie haben

von Katrin Richter  18.09.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 18. September bis zum 2. Oktober

 18.09.2025

Fußball

Mainz 05 und Ex-Spieler El Ghazi suchen gütliche Einigung

Das Arbeitsgericht Mainz hatte im vergangenen Juli die von Mainz 05 ausgesprochene Kündigung für unwirksam erklärt

 18.09.2025

Hochstapler

»Tinder Swindler« in Georgien verhaftet

Der aus der Netflix-Doku bekannte Shimon Hayut wurde auf Antrag von Interpol am Flughafen festgenommen

 18.09.2025