Kassel

documenta: Bildungsstätte Anne Frank zieht bitteres Fazit

Foto: picture alliance/dpa

Antisemitismus ist auch fest im Bildungsbürgertum verankert - dieses Fazit zieht die Bildungsstätte Anne Frank nach einigen Wochen Aufklärungsarbeit auf der von Antisemitismusvorfällen überschatteten documenta fifteen in Kassel.

»Wenn Bildungsbürger an unseren Stand kommen und völlig selbstverständlich krude antisemitische Verschwörungstheorien äußern, dann muss das uns alle alarmieren«, teilte die pädagogische Leiterin der Bildungsstätte, Julia Alfandari, heute mit.

Umso wichtiger sei es, dass es auf der documenta jetzt einzelne Angebote der politischen Bildung gebe und Personen, die solchen Äußerungen widersprächen. Die Ausstellung sei in Hinblick auf Antisemitismus leider ein Spiegel der Gesellschaft. »Trotz der wochenlangen Debatte stellen wir fest, dass auch im documenta-Publikum sehr wenig Wissen über Antisemitismus besteht und es an der Kompetenz mangelt, Antisemitismus überhaupt zu erkennen.«

Die Aufklärungs- und Vermittlungsarbeit müsse dringend fortgesetzt werden – auch nach der documenta, betonte Alfandari. »Wir erleben am Stand ein aus unterschiedlichen Gründen aufgebrachtes, empörtes und stark emotionalisiertes Publikum«, schilderte sie.

Es werde die Aufgabe von Schulen und den Einrichtungen der politischen Bildung sein, diese aufgeheizte Stimmung aufzufangen und die diversen, teils komplexen Spannungsfelder in Bildungsangeboten zu vermitteln und produktiv zu bearbeiten.

Bereits seit Monaten wird die documenta von zahlreichen Antisemitismus-Vorfällen überschattet. Kurz nach der Eröffnung der Ausstellung war unter anderem ein Banner mit judenfeindlichen Motiven entdeckt und abgebaut worden.

Im Januar waren erste Stimmen laut geworden, die dem Kuratoren-Kollektiv Ruangrupa und einigen eingeladenen Künstlern eine Nähe zur antisemitischen Boykottbewegung BDS vorwarfen. Jüdische Künstler aus Israel wurden bewusst gar nicht erst eingeladen.

Der Leiter der Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, hatte sich nach dem ersten Judenhass-Fund zunächst als externer Berater der documenta engagiert, sich wegen der schleppenden Aufarbeitung des Eklats später aber zurückgezogen. An ihrem Angebot eines Infostandes auf der documenta hielt die Bildungsstätte aber fest. dpa/ja

Theater

Metaebene in Feldafing

Ein Stück von Lena Gorelik eröffnet das Programm »Wohin jetzt? – Jüdisches (Über)leben nach 1945« in den Münchner Kammerspielen

von Katrin Diehl  09.11.2025

Aufgegabelt

Mhalabi-Schnitzel

Rezepte und Leckeres

 09.11.2025

Provenienzforschung

Alltagsgegenstände aus jüdischem Besitz »noch überall« in Haushalten

Ein Sessel, ein Kaffeeservice, ein Leuchter: Nach Einschätzung einer Expertin sind Alltagsgegenstände aus NS-Enteignungen noch in vielen Haushalten vorhanden. Die Provenienzforscherin mahnt zu einem bewussten Umgang

von Nina Schmedding  09.11.2025

Interview

Schauspieler Jonathan Berlin über seine Rolle als Schoa-Überlebender und Mengele-Straßen

Schauspieler Jonathan Berlin will Straßen, die in seiner Heimat Günzburg nach Verwandten des KZ-Arztes Mengele benannt sind, in »Ernst-Michel-Straße« umbenennen. Er spielt in der ARD die Rolle des Auschwitz-Überlebenden

von Jan Freitag  08.11.2025

Interview

»Mascha Kaléko hätte für Deutschland eine Brücke sein können«

In seinem neuen Buch widmet sich der Literaturkritiker Volker Weidermann Mascha Kalékos erster Deutschlandreise nach dem Krieg. Ein Gespräch über verlorene Heimat und die blinden Flecken der deutschen Nachkriegsliteratur

von Nicole Dreyfus  08.11.2025

Erinnerungskultur

»Algorithmus als Chance«

Susanne Siegert über ihren TikTok-Kanal zur Schoa und den Versuch, Gedenken neu zu denken

von Therese Klein  07.11.2025

Erinnerung

Stimmen, die bleiben

Die Filmemacherin Loretta Walz hat mit Überlebenden des KZ Ravensbrück gesprochen – um ihre Erzählungen für die Zukunft zu bewahren

von Sören Kittel  07.11.2025

New York

Kanye West bittet Rabbi um Vergebung

Der gefallene Rapstar Kanye West hat sich bei einem umstrittenen Rabbiner für seine antisemitischen Ausfälle entschuldigt

 07.11.2025

Rezension

Mischung aus Angst, alptraumhaften Erinnerungen und Langeweile

Das Doku-Drama »Nürnberg 45« fängt die Vielschichtigkeit der Nürnberger Prozesse ein, erzählt weitgehend unbekannte Geschichten und ist unbedingt sehenswert

von Maria Ossowski  07.11.2025