Glosse

Diese Eissorte braucht kein Mensch

»Ceci n’est pas ... Eis« Foto: Getty Images Montage: Marco Limberg

Glosse

Diese Eissorte braucht kein Mensch

Das US-Lebensmittelunternehmen »Manischewitz« irritiert mit einer Limited-Edition

von Katrin Richter  24.07.2023 22:58 Uhr

Es ist Sommer, auf den so lange so viele Menschen gewartet haben. Ich gehöre übrigens nicht dazu. Denn mal ehrlich: Was hat der Sommer, was Frühling, Herbst und Winter nicht haben? Träger-Tops, Cargohosen und andere textile Grenzfälle will doch nun wirklich niemand sehen.

Und wer einmal eine Fahrt mit der S-Bahn oder der Tram in Berlin hinter sich gebracht hat, beide Vehikel traditionellerweise wenig oder gar nicht klimatisiert, weiß, dass nicht jeder Fahrgast ein Fan von Wasser oder Deodorant (in dieser Reihenfolge) ist.

Handtuch Da wir gerade beim Wasser sind: Die Qualität des kühlen Nasses in den Berliner Seen ist zwar laut jüngsten Messungen durchweg hervorragend, aber an den Ufern liegt Handtuch neben Handtuch – und der Besuch im Freibad, nun, der ist nicht in jedem Bezirk zu empfehlen. Die Stadt ist im Sommer viel zu voll, viel zu laut, viel zu oll. Was also hat der Sommer, was irgendwie annehmlich sein könnte? Die Antwort ist eine Silbe lang: Eis!

Eis hebt den Sommer auf der vierstufigen Saisonskala direkt an die erste Stelle. Ich denke dabei aber nicht an Schoko, Erdbeer oder Vanille, schließlich wohne ich im Prenzlauer Berg. Ich denke an Gurke-Zitrone-Minze- oder Rote-Bete-Eis mit Ziegenfrischkäse. Ein Gedicht in einer Waffel. Zugegeben: Meistens ernte ich schräge Blicke, wenn ich so etwas esse. Ungefähr der Art, als wenn ich Käse mit Marmelade esse. Dabei ist das in Südwestfrankreich eine Spezialität. Egal. Ich mag also geschmackliche Experimente.

Nach dem Lesen des Tweets des amerikanischen Lebensmittelunternehmens »Manischewitz« wusste aber selbst ich nicht, ob der Sommer das verdient hat. Manischewitz warb mit einer Limited-Eis-Edition in den Sorten »Black and White Cookie«, »Matzo Ball« und – jetzt bitte sehr stark sein – »Gefilte Fish«. Black and White Cookie, okay! Matzo Ball, na, das würde ich vielleicht noch probieren – schlimmer als Hafermilch (no offense) kann das nicht schmecken.

Aber Gefilte Fisch? Wer kommt auf so eine Idee? Und warum? Waren noch so viele der Gläser mit den gräulichen und mit Möhrenscheiben bestückten ovalen, pardon, Dingern übrig und mussten verarbeitet werden? Will man die Menschen gar vom Eisessen abbringen? Ist das vielleicht ein Scherz, den man erst nach dem Genuss anderer Manischewitz-Fertigprodukte versteht?

Chuzpe Der Hersteller bewirbt seine Eis-Kreation mit »A Lick of Chutzpah« – womit er ja prinzipiell recht hat, wenn mit Chuzpe eine »intelligente Dreistigkeit« gemeint ist. Gefilte-Fisch-Eis ist aber weder dreist noch intelligent. Es ist »interessant«, so heißt das doch auf Passiv-Aggressiv, oder?

Was kommt als Nächstes? Schakschuka-Eis? Hühnerbrühe-Eis? Tscholent-Eis? (Beides natürlich ohne Milch). Mir schwant Böses. Das einzig Gute an dieser Limited Edition ist, dass es dazu T-Shirts gibt. Die könnten die Menschen in der Tram tragen, die sonst eher Träger-Tops und Cargohosen mögen. Es gibt die Shirts in den Größen S bis 5XL. So, und ich gehʼ mir jetzt ein richtiges Eis kaufen.

Filmkritik

»Nobody Wants This« – die Zweite

Die Fortsetzung der Netflix-Hit-Serie »Nobody Wants This« ist angelaufen. Allerdings sorgen diesmal vor allem die Nebenrollen für randvolle Herzen. Vorsicht Spoiler.

von Sophie Albers Ben Chamo  06.11.2025

TV-Tipp

Ein Überlebenskünstler zwischen Hallodri und Held

»Der Passfälscher« ist eine wahre und sehenswerte Geschichte des Juden Cioma Schönhaus, der 1942 noch immer in Berlin lebt

von Michael Ranze  06.11.2025

Kunst

Maler und Mentor

Eine Ausstellung in Baden-Baden zeigt Max Liebermann auch als Förderer impressionistischer Kollegen

von Eugen El  06.11.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

 06.11.2025

Film

»Vielleicht eines der letzten Zeitdokumente dieser Art«

Die beiden Regisseure von »Das Ungesagte« über ihre Doku mit NS-Opfern und ehemaligen Mitläufern, Kino als Gesprächsraum und die Medienkompetenz von Jugendlichen

von Katrin Richter  06.11.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 6. November bis zum 13. November

 05.11.2025

Yitzhak Rabin

Erinnerung an einen Mord

Wie ich am 4. November 1995 im Café Moment in der Jerusalemer Azza Street vom tödlichen Anschlag auf Israels Ministerpräsident in Tel Aviv erfuhr

von Ayala Goldmann  04.11.2025

TV-Tipp

»Nürnberg 45 - Im Angesicht des Bösen«

Das Dokudrama rekonstruiert die Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozesse vor 80 Jahren

von Jan Lehr  04.11.2025

Hollywood

Jesse Eisenberg will eine seiner Nieren spenden

Der Schauspieler hatte die Idee dazu bereits vor zehn Jahren

 03.11.2025