Interview

»Die Welt Schritt für Schritt zum Besseren verändern«

»Meeresalgen können äußerst gesund sein«: Doron Ashkenazi Foto: privat

Interview

»Die Welt Schritt für Schritt zum Besseren verändern«

Der Meeresbiologe Doron Ashkenazi über eine »Superalge«

von Lilly Wolter  11.09.2023 14:42 Uhr

Aquakulturtechnologie könnte laut israelischen Forschern zur Bewältigung der weltweiten Nahrungsmittelkrise beitragen. Der Meeresrohstoff Alge kann nicht nur in der Medizin verwendet werden, sondern auch das ökologische Gleichgewicht erhalten.

Herr Ashkenazi, Sie und Ihr Team haben mit einer neuen Methode eine Art »Superalge« entwickelt. Wie haben Sie das gemacht und warum?
Meeresalgen können äußerst gesund und nahrhaft sein. Unser Ziel war es, Algen zum Wohle der Menschheit zu nutzen und ihr Gesundheitspotenzial zu maximieren. Deshalb haben wir ein landgestütztes Aquakultur-System entwickelt, das auf einem neuartigen, zweistufigen Anbauverfahren basiert. Wir stellten eine Methode vor, um Algen mit wichtigen Nährstoffen anzureichern und andere gesundheitsfördernde Elemente wie spezielle Antioxidantien und UV-Schutzstoffe zu gewinnen.

Erläutern Sie Ihre Methode doch mal.
Im ersten Schritt haben wir die Algen zusammen mit Fischen kultiviert. Die fischintegrierte Kultivierung bietet den Algen eine nährstoffreiche Umgebung, ideal für ihr Wachstum. Die Nährstoffe dienen den Algen als Nahrung und ermöglichen es ihnen, wichtige Bausteine aufzubauen und wichtige Chemikalien in ihrem Gewebe zu fördern, Protein etwa. Im zweiten Schritt setzten wir die Algen verschiedenen Umweltstressbedingungen aus, um ihre speziellen bioaktiven Gesundheitsstoffe, darunter Antioxidantien und Sonnenschutzmittel, zu stimulieren und zu erhöhen. Darüber hinaus wollen wir künftig weitere bioaktive Verbindungen in Algen wie krebshemmende, entzündungshemmende und antivirale Naturstoffe erhöhen.

Sie haben also eine Umgebung geschaffen, die perfekt ist.
Ganz genau. Eine Umgebung, die, wie ich schon sagte, sehr nährstoffreich ist und außerdem direkt neben einer Fischzucht liegt. Es ist eine Win-win-Situation, weil die Algen die Fischabfälle zum Wachsen nutzen und gleichzeitig das Wasser reinigen und aufbereiten.

Wer könnte an Ihrem Ansatz interessiert sein?
Wir haben eine sehr nützliche Meeresalgen-Biomasse geschaffen. Ein Unternehmer kann unseren Ansatz nutzen, um die Algen zu kultivieren und bestimmte Komponenten zu verbessern. Wer Nahrungsergänzungsmittel oder Cremes für die Haut herstellen will, die einen hohen Gehalt an Antioxidantien aufweisen, kann unsere Methode ebenfalls nutzen. Wir haben auch jene Moleküle verbessert, die als natürliche UV-Blocker dienen. Man könnte unsere Methode also auch zur Herstellung eines natürlichen Sonnenschutzmittels verwenden.

Und eine Herstellung solcher Produkte hat keine negative Auswirkung auf die Umwelt?
Nicht wenn man Algen richtig einsetzt. Algen funktionieren wie eine Nährstoffpumpe. Viele westliche Aquakulturen konzentrieren sich heute auf Monokulturen, zum Beispiel für die Produktion von Lachs. Wenn man die Algen neben den Fischen anbaut, reinigen sie das Wasser und stellen das ökologische Gleichgewicht wieder her. Außerdem braucht man keine Kunstdünger und Pestizide zu verwenden, wenn man es richtig anstellt. Und das Wichtigste ist, dass man kein Süßwasser braucht. Die Süßwasserversorgung ist heute ein weltweites Problem.

Warum nutzen wir Algen nicht schon längst, wenn sie so viele Vorteile haben?
Im Fernen Osten sind die Vorteile der Alge sehr bekannt. Dort werden Algen schon seit Tausenden von Jahren genutzt. Jetzt beginnt auch die westliche Welt, das große Potenzial zu verstehen. Der Geschmack von Meeresalgen ist für die westliche Welt neu. Aber die Menschen beginnen zu verstehen, dass sie gesund sind. Man kann aber auch ein Nahrungsergänzungsmittel aus Algen herstellen und sich eine spezielle Art der Zubereitung überlegen, die Algen für die westliche Bevölkerung zugänglicher macht. Aus diesem Grund wächst die Algenindustrie zunehmend. In den letzten zehn Jahren hat sie ihren Umsatz verdreifacht.

Was haben Sie und Ihr Team für die Zukunft geplant?
Jetzt wollen wir Unternehmern und Landwirten beibringen, wie sie unseren Ansatz in ihren Betrieben praktisch umsetzen können, um die Welt Schritt für Schritt zum Besseren zu verändern.

Mit dem Meeresbiologen von der Tel Aviv University sprach Lilly Wolter.

Berlin

»Berlin verneigt sich«

Zwei Monate nach ihrem Tod wird die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer in Berlin gewürdigt. Der Bundespräsident mahnt vor Politikern und Weggefährten, das Erbe der Jahrhundertfrau weiterzutragen

von Alexander Riedel  09.07.2025 Aktualisiert

Zahl der Woche

4275 Personen

Fun Facts und Wissenswertes

 09.07.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Studieren in Wien, Mampfen im neunten Bezirk

von Margalit Edelstein  09.07.2025

Psychologie

Modell für die Traumaforschung

Die Hebräische Universität veranstaltet eine Konferenz zu seelischer Gesundheit in Kriegszeiten

von Sabine Brandes  09.07.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 10. Juli bis zum 18. Juli

 09.07.2025

Musikbranche

»Schmähungen allein verbrauchen sich schnell«

Marek Lieberberg gehört zu den größten Konzertveranstaltern Europas. Der 79-Jährige über den Judenhass auf internationalen Musikfestivals, die 1968er und Roger Waters

von Sophie Albers Ben Chamo  09.07.2025

Berliner Philharmonie

Gedenkfeier für Margot Friedländer am Mittwoch

Erwartet werden zu dem Gedenken langjährige Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter, Freundinnen und Freunde Friedländers sowie Preisträgerinnen und Preisträger des nach ihr benannten Preises

 08.07.2025

Berlin

Die Tänzerin ist Raubkunst

Heinrich Stahl musste die Statue während der NS-Zeit unter Zwang verkaufen. 1978 geriet sie an das Georg Kolbe Museum. Jetzt erheben Erben Vorwürfe gegen die Direktorin

von Ayala Goldmann  08.07.2025

Andrea Kiewel

»Sollen die Israelis sich abschlachten lassen?«

Die »Fernsehgarten«-Moderatorin äußert sich im »Zeit«-Magazin erneut deutlich politisch zu ihrer Wahlheimat

 08.07.2025