Interview

»Die Idee kam mir nachts im Halbschlaf«

Filmemacherin Miranda July Foto: imago images/Prod.DB

Miranda July ist Performance-Künstlerin, Regisseurin, Autorin und Musikerin. 1974 in Vermont geboren und in Berkeley, Kalifornien aufgewachsen, begann July ihre Karriere schon als Mädchen im »Riot Grrrl«-Umfeld, wo sie Stücke schrieb und inszenierte. Ihrem Spielfilmdebüt »Ich und du und alle die wir kennen« (2005) gingen zahlreiche Kurzfilme und Performance- Auftritte voraus. »Kajillionaire«, der am Donnerstag in die Kinos kommt, ist nach »The Future« (2011) ihr dritter Spielfilm.

Frau July, die erste Idee für »Kajillionaire« waren die drei Figuren im Zentrum, Vater, Mutter, Tochter. Wussten Sie sofort: Das wird ein Film?
Ja, das wusste ich, aber der Prozess war ein anderer, als Sie denken. Dass mein nächstes Projekt ein Film wird, war immer klar, weil ich mir nach jedem Buch einen Film vornehme und umgekehrt. Als mir nachts im Halbschlaf diese Familienkonstellation erschien, war ich entsprechend schon eine Weile auf der Suche nach einer zündenden Idee für einen Film. Andernfalls wären die drei Romanfiguren geworden.

Warum diese Regel, dass auf einen Roman ein Film folgt und andersherum?
Vor allem natürlich weil Spielfilme einfach so eine langwierige Angelegenheit sind. Wenn ich zwei davon nacheinander drehen würde, hätte ich Angst, meine Agilität als Romanautorin zu verlieren. Außerdem tut mir Abwechslung einfach gut. Wobei das auch keine strenge Regel ist, die man nicht brechen dürfte. Die Arbeit an »Kajillionaire« zum Beispiel hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich auch danach noch eine Weile filmisch gearbeitet habe, etwa an meinen Instagram-Projekten.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Frustriert Sie als Künstlerin die Langwierigkeit des Filmemachens?
Ich habe früh gelernt, dass man Geduld haben muss, wenn man Filme drehen will. Es ist nun mal aufwendig, ganze Welten in Bilder umzusetzen. Frustrierend ist deswegen nicht das richtige Wort. Das gehört einfach dazu, zumal wenn man seine Sache gut machen will. Außerdem brauchen ja auch Bücher eine Ewigkeit, bis sie fertig sind. Trotzdem kann ich nicht leugnen, dass ich mich manchmal danach sehne, Ideen sehr viel unmittelbarer umsetzen zu können.

Anders als bei Ihren vorherigen Filmen standen Sie für »Kajillionaire« nicht selbst vor der Kamera. Eine Erleichterung?
Unbedingt. Es hat bei den anderen Filmen schon Sinn gemacht, nicht zuletzt bei »Ich und Du und alle, die wir kennen«. Damals war alles noch neu für mich. Ich hatte das Gefühl, meine Stimme als Filmemacherin erst finden und etablieren zu müssen, deswegen wollte ich jeden Aspekt des Prozesses kontrollieren können. Inzwischen habe ich den Eindruck, dass alle meine Mitstreiter mit meiner Stimme vertraut sind, deswegen empfand ich es nicht nötig, auch vor der ­Kamera involviert zu sein.

Ist es Ihnen wichtig, dass die Leute Ihre Kunst verstehen? 
Nach der Premiere von »Kajillionaire« in Sundance sprachen mich Menschen an, weil sie sich von der Geschichte ganz persönlich angesprochen fühlten – und erzählten mir dann etwas, was mit meiner eigenen Interpretation gar nichts zu tun hatte. Aber so etwas ist für mich das höchste Kompliment. Das bedeutet, dass es mir gelungen ist, einen Weg zu bahnen, den nicht nur ich gehen kann. Selbst wenn am Ende das Ziel nicht bei jedem das gleiche ist. Würde ich nur Kunst machen, die jeder genauso sieht wie ich, dann wäre das doch eine große Zeit- und Geldverschwendung, oder? 

Kurz noch zu Ihrer Zusammenarbeit mit Plan B, der Produktionsfirma von Brad Pitt und Dede Gardner. Wie kam die zustande?
Dede mochte meinen Roman »Der erste fiese Typ« und meldete sich bei mir. Ich saß damals gerade am Drehbuch zu »Kajillioniare« und antwortete ihr: Wenn du den Roman mochtest, gefällt dir vielleicht auch dieses Skript. Wir trafen uns, verstanden uns, und dann war die Zusammenarbeit schnell ausgemachte Sache. Ich habe in der Vergangenheit schon recht viele verrückte Sachen machen müssen, um meine Filme finanziert zu bekommen. Dass dieses Mal dank Plan B alles so geradlinig verlief, war eine große Freude.

Das Interview mit der amerikanischen Regisseurin sprach Patrick Heidmann.

Musik

»Piano Man« verlässt die Bühne: Letztes Billy-Joel-Konzert

Eine Ära geht zuende: Billy Joel spielt nach zehn Jahren vorerst das letzte Mal »Piano Man« im New Yorker Madison Square Garden. Zum Abschied kam ein Überraschungsgast.

von Benno Schwinghammer  26.07.2024

Zahl der Woche

16 Sportarten

Fun Facts und Wissenswertes

 26.07.2024

Lesen!

Ein gehörloser Junge und die Soldaten

Ilya Kaminsky wurde in Odessa geboren. In »Republik der Taubheit« erzählt er von einem Aufstand der Puppenspieler

von Katrin Diehl  25.07.2024

Ruth Weiss

»Meine Gedanken sind im Nahen Osten«

Am 26. Juli wird die Schriftstellerin und Journalistin 100 Jahre alt. Ein Gespräch über ihre Kindheit in Südafrika, Israel und den Einsatz für Frauenrechte

von Katrin Richter  25.07.2024

Streaming

In geheimer Mission gegen deutsche U-Boote

Die neue Action-Spionagekomödie von Guy Ritchie erinnert an »Inglourious Basterds«

von Patrick Heidmann  25.07.2024

Bayreuth

Das Haus in der Wahnfriedstraße

Die Debatten um Richard Wagners Judenhass gehen in eine neue Runde. Nun steht sein antisemitischer Schwiegersohn Houston Stewart Chamberlain im Fokus

von Axel Brüggemann  25.07.2024

Sehen!

»Die Ermittlung«

Der Kinofilm stellt den Aussagen der Zeugen die Ausflüchte der Angeklagten gegenüber

von Ayala Goldmann  25.07.2024

Kommentar

Der »Spiegel« schreibt am eigentlichen Thema vorbei

In seiner Berichterstattung über das Abraham-Geiger-Kolleg konstruiert das Magazin eine Konfliktlinie

von Rebecca Seidler  25.07.2024 Aktualisiert

Literatur

Dieses Buch ist miserabel. Lesen Sie dieses Buch!

Eine etwas andere Kurzrezension von Ferdinand von Schirachs Erzählband »Nachmittage«

von Philipp Peyman Engel  24.07.2024 Aktualisiert