Fussball

Die Hakoah lebt

Hakoah Ringer Nikolaus »Micki« Hirschl gewann Bronze in Berlin 1936 Foto: JA

Als Hakoah Wien, der österreichische Fußballmeister von 1925, am 1. Mai des folgenden Jahres im Polo Ground zu New York gegen eine Kombination aus Spielern der New York Giants und Indiana Flooring antrat, war das ein großer Tag für den amerikanischen Fußball. 46.000 Zuschauer füllten die Ränge – so viele wie nie zuvor bei einem Fußballspiel in den USA. Es sollte 51 Jahre dauern, ehe der Rekord gebrochen wurde. Zur Zeit der Tournee, in deren Rahmen das Freundschaftsspiel in New York stattfand, hatte Hakoah ein Renommee, das mit dem eines erfolgreichen Champions-League-Teilnehmers von heute vergleichbar ist. Kein Wunder, dass Karl Kraus 1926 in der Fackel schrieb, »das Heroentum im Fußball« sei »längst keine gojische Angelegenheit mehr«. Der SC Hakoah war quasi eine Schmiede jüdischen Bewusstseins. Da liegt es nahe, dass ein Buch, in dem Historiker, Politologen und Soziologen anlässlich des 100. Geburtstags die Klubgeschichte aufarbeiten, ... mehr als ein Sportverein heißt. Die Gründung im Jahr 1909 war eine Reaktion auf das antisemitische Klischee vom körperlich schwachen Juden. Inspiriert von der Idee des »Muskeljudentums« verfocht der Verein, dass Sport die Persönlichkeit eines jeden Einzelnen stärken solle.

Ein Beitrag untersucht, wie österreichische Tageszeitungen in der erfolgreichsten Zeit der Hakoah zwischen 1920 und 1928 über deren Spiele berichteten. Die »Deutschösterreichische Tages-Zeitung« schrieb rassistische Artikel, die Beiträge der christlichen »Reichspost« waren von einem »Kon- kurrenz-Antisemitismus« geprägt, und die sozialdemokratische »Arbeiter-Zeitung« versteckte ihren Antisemitismus anfangs zwischen den Zeilen, agitierte aber offensiv, nachdem in Österreich 1924 der Berufsfußball eingeführt worden war – »eine Entartung des Sports«, für die die Zeitung jüdische Funktionäre verantwortlich machte.

Das Wirken des SC Hakoah hatte also stets eine erhebliche politische Tragweite. 1936 setzten die Hakoah-Schwimmerinnen Judith Deutsch, Ruth Langer und Lucie Goldner ein Signal. Sie weigerten sich, bei den Olympischen Spielen in Nazideutschland an den Start zu gehen. Daraufhin sperrte sie der Österreichische Schwimmverband und annullierte ihre Rekorde. 1938, nach dem »Anschluss« Österreichs, wurde der SC Hakoah aufgelöst. Zumindest die prominenten Kicker überlebten den NS-Terror, Béla Kestler gelang sogar die Flucht aus dem KZ Buchenwald. Nach 1945 hatten einige Stars der 20er-Jahre als Trainer erheblichen Einfluss auf die Entwicklung des Fußballs in Israel. Andere Überlebende bauten nach der Befreiung den SC Hakoah in Wien wieder auf. Man wollte »der staunenden Umwelt zeigen, dass auch ein Hitler nicht imstande war, jüdischen Sportsgeist zu vernichten«, sagte ein Funktionär 1946. In einer Vereinszeitung hieß es damals: »Die Hakoah kennt nur ein hohes Ideal: für Israel zu kämpfen.«

Als 2008 auf dem Hakoah-Sportgelände, das dem Verein 1938 geraubt worden war, das Karl Haber Sport- und Freizeitzentrum eingeweiht wurde, sagte Paul Haber, der Sohn des Namensgebers, stolz: »Vor 70 Jahren wurde der Verein von der SA zerschlagen. Aber das Dritte Reich ist unter-gegangen - und die Hakoah lebt!«

Musik

»Piano Man« verlässt die Bühne: Letztes Billy-Joel-Konzert

Eine Ära geht zuende: Billy Joel spielt nach zehn Jahren vorerst das letzte Mal »Piano Man« im New Yorker Madison Square Garden. Zum Abschied kam ein Überraschungsgast.

von Benno Schwinghammer  26.07.2024

Zahl der Woche

16 Sportarten

Fun Facts und Wissenswertes

 26.07.2024

Lesen!

Ein gehörloser Junge und die Soldaten

Ilya Kaminsky wurde in Odessa geboren. In »Republik der Taubheit« erzählt er von einem Aufstand der Puppenspieler

von Katrin Diehl  25.07.2024

Ruth Weiss

»Meine Gedanken sind im Nahen Osten«

Am 26. Juli wird die Schriftstellerin und Journalistin 100 Jahre alt. Ein Gespräch über ihre Kindheit in Südafrika, Israel und den Einsatz für Frauenrechte

von Katrin Richter  25.07.2024

Streaming

In geheimer Mission gegen deutsche U-Boote

Die neue Action-Spionagekomödie von Guy Ritchie erinnert an »Inglourious Basterds«

von Patrick Heidmann  25.07.2024

Bayreuth

Das Haus in der Wahnfriedstraße

Die Debatten um Richard Wagners Judenhass gehen in eine neue Runde. Nun steht sein antisemitischer Schwiegersohn Houston Stewart Chamberlain im Fokus

von Axel Brüggemann  25.07.2024

Sehen!

»Die Ermittlung«

Der Kinofilm stellt den Aussagen der Zeugen die Ausflüchte der Angeklagten gegenüber

von Ayala Goldmann  25.07.2024

Kommentar

Der »Spiegel« schreibt am eigentlichen Thema vorbei

In seiner Berichterstattung über das Abraham-Geiger-Kolleg konstruiert das Magazin eine Konfliktlinie

von Rebecca Seidler  25.07.2024 Aktualisiert

Literatur

Dieses Buch ist miserabel. Lesen Sie dieses Buch!

Eine etwas andere Kurzrezension von Ferdinand von Schirachs Erzählband »Nachmittage«

von Philipp Peyman Engel  24.07.2024 Aktualisiert