Hollywood

Der Unbeugsame: Zum 100. Geburtstag von Paul Newman

Paul Newman (1925-2008) in »Butch Cassidy and Sundance Kid« Foto: picture alliance / Collection Christophel

Hollywood

Der Unbeugsame: Zum 100. Geburtstag von Paul Newman

Rebellische Außenseiterrollen, strahlend blaue Augen, soziales Engagement, jüdischer Familienhintergrund: Der Darsteller war ein Idol seiner Zeit und hat in mehr als 80 Filmen mitgespielt

von Rudolf Worschech  28.01.2025 13:21 Uhr

Als Paul Newman Ende der 1950er Jahre auf den Leinwänden der Vereinigten Staaten auftauchte, da wehte der Geist der Auflehnung und des Widerstands schon durch die US-amerikanische Gesellschaft: Die Vätergeneration wurde infrage gestellt, Bürgerrechte eingefordert, die Jugend kehrte sich von rigiden moralischen Normen ab. Paul Newman, am 26. Januar 1925 geboren, war auch ein Kind seiner Zeit. Er hat in seinen Filmen immer wieder rebellische Helden verkörpert und Außenseiter dargestellt - auch solche, die auf die Zuschauer nicht sympathisch wirken.

Bekannt gemacht hat ihn 1957 das schwüle Südstaatendrama »Die Katze auf dem heißen Blechdach« nach Tennessee Williams. Da hat der 30-jährige Brick, den Newman spielt, die Rebellion quasi nach innen gekehrt, in Selbstzweifel, Selbstmitleid und Selbsthass. Schwer lastet die übergroße Vatergestalt auf ihm. Und dieser Patriarch heißt auch noch »Big Daddy«.

In »Haie der Großstadt« (1961) gibt er den Billardspieler »Fast« Eddie Felson. Er ist ein Querkopf, wenn auch ein charismatischer, der nach einem verlorenen Spiel gegen einen älteren Spieler in Selbstmitleid versackt. Und in »Der Unbeugsame« (1967) spielt er einen Soldaten, der zu zwei Jahren Arbeitslager verurteilt wird - weil er betrunken Parkuhren demoliert hat - und sich dort mit dem mächtigen Anführer der Häftlinge und den Wärtern anlegt.

Teil des Dreamteams

Wie zuvor Marlon Brando und James Dean hatte Newman Schauspiel am legendären »Actor’s Studio« von Lee Strasberg in New York studiert. Dort wurde den Studierenden das Einfühlungsvermögen in eine Rolle antrainiert. In den späten 1950er Jahren heiratete der mehrfache Vater seine zweite Ehefrau, die Schauspielerin Joanne Woodward. Die Ehe hielt bis zu Newmans Tod, außergewöhnlich im amerikanischen Filmbusiness.

Newmans produktivste Jahrzehnte waren sicherlich die 1960er und 1970er Jahre. Unter der Regie von Otto Preminger wirkte er bei »Exodus« mit, einem jüdischen Flüchtlingsdrama in der Zeit vor der Staatengründung Israels. Für Hitchcock verkörperte er in »Der zerrissene Vorhang« einen amerikanischen Spion in der DDR und in »Das war Roy Bean« und »Buffalo Bill und die Indianer« spielte Newman ziemlich abgedrehte Westernhelden.

Lesen Sie auch

Einer seiner größten Erfolge war der Spätwestern »Zwei Banditen« mit Newman als Butch Cassidy und Robert Redford als Sundance Kid, auch eine Geschichte über zwei Außenseiter, zwei Bankräuber. Die Überfälle fallen ihnen nicht mehr so leicht, die Technik ist kurz vor der Wende zum 20. Jahrhundert fortgeschritten, und Romantik kommt auch noch in Gestalt einer jungen Lehrerin ins Spiel. Paul Newman/Butch Cassidy auf dem Fahrrad zur Musik von »Raindrops keep falling on my head« von Burt Bacharach - das gehört sicherlich zu den ikonischen Szenen des Hollywood-Kinos der 60er Jahre. Und Newman und Redford waren so etwas wie das Dreamteam jener Jahre.

Persönliche Integrität

In »Die Farbe des Geldes« aus dem Jahr 1986 schlüpfte Newman, der selbst sechs Filme als Regisseur realisierte, noch einmal unter der Regie von Martin Scorsese in die Rolle des inzwischen gealterten und grau gewordenen Billardspielers Eddie Felson, der einen jungen Kollegen (Tom Cruise) trainiert. Das brachte ihm seinen einzigen Oscar ein, im Jahr 1987. Bereits ein Jahr zuvor hatte er einen Ehren-Oscar bekommen, für seine schauspielerischen Leistungen, aber auch für seine persönliche Integrität, wie es in der Begründung der Academy hieß.

Das spielt natürlich auf Newmans politisches und soziales Engagement an. Der Schauspieler, der oftmals daran zweifelte, ob sein Erfolg durch seine schauspielerischen Leistungen begründet war und nicht doch von seinem guten Aussehen und seinen strahlend blauen Augen kam, engagierte sich in der Bürgerrechtsbewegung und bei den Demokraten. Und er brachte Salat- und Barbecue-Saucen auf den Markt als Marke »Newman s Own«, deren Gewinne er komplett sozialen Projekten zur Verfügung stellte. Es sollen bis zu seinem Tod 250 Millionen Dollar gewesen sein.

Alfred Hitchcocks »Torn Curtain« (Deutscher Titel: »Der zerrissene Vorhang«) von 1966 ist einer der vielen großen Kinofilme, dessen Hauptdarsteller Paul Newman war. In diesem Fall spielte er neben Julie Andrews.Foto: picture alliance / Everett Collection

Newmans letzter Kinofilm war »Road to Perdition« (2002) von Sam Mendes. Da gab er selbst in einer coolen Performance einen jener Patriarchen, gegen die er sich in seinen Filmen als jüngerer Mann aufgelehnt hatte, einen Mafioso in den frühen 1930er Jahren, der Ziehvater eines Auftragskillers (Tom Hanks). »Road to Perdition« variiert die Vater-Sohn-Beziehung, die so oft im Werk von Paul Newman vorkommt, und zitiert in dunklen und verregneten Bildern den Film Noir aus Hollywoods Glanzzeit. Ein großartiger Abschied.

»Größere Herausforderung«

Mit seinem alten Kumpel Robert Redford wollte er danach noch das Projekt »A Walk in the Woods« realisieren, doch Newman fühlte sich zu alt dafür. Am 26. September 2008 starb der Schauspieler im Alter von
83 Jahren.

Paul Newmans Mutter Theresa Garth war Katholikin, sein Vater Arthur Sigmund Newman Sohn ungarischer und polnischer Juden. In Interviews bezeichnete sich Paul Newman als Jude, denn ein solcher zu sein, sei »eine größere Herausforderung«. Im Laufe seines Lebens habe er gelernt, dass »Dir einige Wege nicht offen stehen, wenn Du Jude bist«.

Aus einer Studentenvereinigung wurde er aufgrund seiner jüdischen Herkunft ausgeschlossen. Bei der Navy kam es zu einem »blutigen Kampf« mit einem anderen Soldaten, der ihn antisemitisch beleidigt hatte. (mit ja)

Kommentar

Schiedsgerichte sind nur ein erster Schritt

Am 1. Dezember startet die Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubkunst. Doch es braucht eine gesetzliche Regelung auch für Werke in Privatbesitz, meint unser Gastautor

von Rüdiger Mahlo  01.12.2025

Rache

»Trigger-Thema« für Juden

Ein Filmseminar der Jüdischen Akademie untersuchte das Thema Vergeltung als kulturelle Inszenierung

von Raquel Erdtmann  01.12.2025

Wuppertal

Schmidt-Rottluff-Gemälde bleibt in Von der Heydt-Museum

»Zwei Frauen (Frauen im Grünen)« von Karl Schmidt-Rottluff kann im Von der Heydt Museum in Wuppertal bleiben. Nach Rückgabe an die Erbin erwarb die Stadt das Bild von ihr. Vorausgegangen waren intensive Recherchen zur Herkunft

 01.12.2025

Dorset

»Shakespeare In Love« - Dramatiker Tom Stoppard gestorben

Der jüdische Oscar-Preisträger war ein Meister der intellektuellen Komödie. Er wurde 88 Jahre alt

von Patricia Bartos  01.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  01.12.2025 Aktualisiert

Fernsehen

Abschied von »Alfons«

Orange Trainingsjacke, Püschelmikro und Deutsch mit französischem Akzent: Der Kabarettist Alfons hat am 16. Dezember seine letzte Sendung beim Saarländischen Rundfunk

 30.11.2025 Aktualisiert

Gerechtigkeit

Jüdische Verbände dringen auf Rückgabegesetz 

Jüdische Verbände dringen auf Rückgabegesetz Jahrzehnte nach Ende des NS-Regimes hoffen Erben der Opfer immer noch auf Rückgabe von damals geraubten Kunstwerken. Zum 1. Dezember starten Schiedsgerichte. Aber ein angekündigter Schritt fehlt noch

von Verena Schmitt-Roschmann  30.11.2025

Berlin

Späte Gerechtigkeit? Neue Schiedsgerichte zur NS-Raubkunst

Jahrzehnte nach Ende der Nazi-Zeit kämpfen Erben jüdischer Opfer immer noch um die Rückgabe geraubter Kunstwerke. Ab dem 1. Dezember soll es leichter werden, die Streitfälle zu klären. Funktioniert das?

von Cordula Dieckmann, Dorothea Hülsmeier, Verena Schmitt-Roschmann  29.11.2025

Interview

»Es ist sehr viel Zeit verloren gegangen«

Hans-Jürgen Papier, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts, zieht eine Bilanz seiner Arbeit an der Spitze der »Beratenden Kommission NS-Raubgut«, die jetzt abgewickelt und durch Schiedsgerichte ersetzt wird

von Michael Thaidigsmann  29.11.2025