Sehen!

Der Rote Rabbi

Ob es stimmt, dass er Marx und Engels überhaupt erst an den Sozialismus heranführte, ist umstritten. Tatsache ist auf jeden Fall, dass Moses Hess (1812–1875) das erste sozialistische Programm in deutscher Sprache publiziert hat. Das war 1837. Gefordert wurde darin die Aufhebung der Klassenunterschiede, die Gleichheit von Mann und Frau, freie Schulbildung und ein staatliches Wohlfahrtssystem. Damit wurde der gebürtige Bonner zum »Vater der deutschen Sozialdemokratie«. So steht es auf seinem Grabstein auf dem jüdischen Friedhof von Köln-Deutz.

textmontage Die Hamburger Kleinkunstbühne »das polittbüro« widmet dem »Roten Rabbi«, wie seine Zeitgenossen ihn nannten, am Montag, den 18. Juni einen Erinnerungsabend zum 200. Geburtstag. Volker Weiss hat Texte von Hess zu einer Montage verarbeitet, die Robert Stadlober und Henning Venske vortragen. Es geht darin um Klassenkampf und freie Liebe, gegen Monarchie und Eigentum – und für einen jüdischen Staat.

Denn Moses Hess war aufgrund seiner Erfahrungen mit dem Antisemitismus, auch dem seiner Genossen auf der Linken, ein früher Zionist. Jahre vor Theodor Herzl prophezeite er 1862 in seinem Buch Rom und Jerusalem die Wiedergeburt der jüdischen Nation auf ihrem historischen Territorium. Um bis dahin die Juden in der Galut vor der Assimilation zu bewahren, plädierte der Agnostiker Hess auch vehement für die Orthodoxie. »Seit Spinoza hat das Judentum keinen größeren Geist hervorgebracht als diesen vergessenen verblassten Moses Hess«, würdigte ihn Theodor Herzl später. ja

»Moses Hess – der ›Rote Rabbi‹«. Mit Robert Stadlober und Henning Venske. Musik: Andreas Spechtl und Thomas Wenzel Montag, 18. Juni, 20 Uhr, »das polittbüro«, Hamburg www. polittbuero.de

Literatur

»Historiografischer Coup«

Unser Autor schreibt in seinem neuen Buch »Das Würfelhaus« auch über die Frankfurter Paulskirche – und kritisiert eine Rede von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier

von Sebastian Moll  08.09.2024

Kunst

»Das Alef sitzt dort allein«

Der Schweizer Schoa-Überlebende Fishel Rabinowicz schuf Werke aus hebräischen Buchstaben – am 9. September wird er 100 Jahre alt

von Peter Bollag  08.09.2024

Glosse

Der Rest der Welt

Zucker ade, Scheiden tut weh – und ist teuer. Und außerdem: Ich will Kuchen!

von Margalit Edelstein  08.09.2024

Weimar

Achava-Festspiele in Thüringen beginnen

Den Auftakt macht ein Konzert der Sängerin Ute Lemper

 08.09.2024

TV

»Die Zweiflers«-Drehbuchautor hofft auf Fortsetzung

In der Serie geht es um eine jüdische Familie in Frankfurt am Main

 08.09.2024

Bochum

Ausstellung von »Guernica-Gaza« abgesagt

Der Bilderzyklus von Mohammed Al-Hawajri ist wegen Antisemitismusvorwürfen umstritten

 07.09.2024

Speyer/Mainz/Worms

SchUM-Städte laden zu jüdischen Kulturtagen ein

Vorträge, Konzerte, Filme, Ausstellungen und Diskussionen stehen auf dem Programm

 06.09.2024

Literatur

Immer voller Zweifel

Lena Goreliks Poetik-Vorlesung in Hannover liegt nun auch als Buch vor – ihre Einblicke wirken nicht akademisch, sondern lebensklug

von Alexander Kluy  05.09.2024

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Katrin Richter  05.09.2024