Finale

Der Rest der Welt

Wieder so eine Organisation. Es geht um Geld. Um viel Geld. 846 Zahnbehandlungen, 8340 »Nahrungsmittel-Körbe« und 928 Hochzeiten von Waisen. Dafür steht der »Waad HaRabbanim« ein. Die größten Rabbiner Israels versuchen, die Not und das Leid der vielen Ultraorthodoxen im Heiligen Land zu lindern. Und sie wenden sich an mich, Beni Frenkel, Primarschullehrer.

Ich habe eine kleine Wohnung, kein Auto und gehe nur selten zum Zahnarzt. Viel Geld ist bei mir nicht zu holen. Eine dicke Broschüre lag vergangene Woche in meinem Briefkasten. In schaurigem Deutsch wird mir eindringlich geraten, an den »Waad HaRabbanim« zu spenden. Es ist eine Art Schutzgeld, das mich vor Bösem im nächsten Jahr bewahrt: »Um mit einem guten Jahr gesegnet zu werden, muss man ein Partner in der größten Zedaka-Organisation der Geschichte werden!«

Antivirus-Programm Und so funktioniert es: Ab einer größeren Spende werden die weltgrößten Rabbiner vor der Klagemauer beten und am Ende des Gebets meinen Namen und den von 10.000 anderen Gönnern runterrattern. Danach bin ich – wie bei einem Antivirus-Programm – für ein Jahr geschützt gegenüber bösen Angriffen. Noch bin ich unschlüssig, ob ich mich wirklich in die »Münder der Rabbiner« begeben soll.

So tolle Erfahrungen habe ich damit nicht gemacht. Vor drei Wochen nämlich habe ich einen anderen Schnorrerbrief erhalten. Diesmal aus Manchester. Die Heimatstadt des F.C. Manchester United. Doch nicht der Fußballklub bittet mich um ein bisschen Geld, vielmehr die dort ansässige Jeschiwa.

Der Zufall will es, dass ich dort einmal studiert habe. Vor über 20 Jahren. Viel gelernt habe ich in Manchester allerdings nicht. Etwa ein Jahr habe ich es dort ausgehalten. Und als ich dann einmal wieder mit anderen Studenten gepokert hatte – es ging um zehn- und 20-Cent-Einsätze – wurde ich aus der Jeschiwa geworfen.

»Dear Mr. Frenkel« Bei einem anderen Pokerspieler, Sohn reicher Eltern, wurde allerdings ein Auge zugedrückt. Er konnte wieder zurückkehren. Aus dieser Erfahrung habe ich mehr gelernt als im ganzen Jahr davor. 20 Jahre später bin ich nun wieder »Dear Mr. Frenkel«. Irgendein Jubiläum wird in Manchester gefeiert. Vielleicht mein Rauswurf.

Auf jeden Fall stumpfe ich langsam ab. So viele Schnorrerbriefe, so viel Pathos und Larmoyanz. Und gerade das macht mir Sorgen. Wenn ich bald vor den Ewigen treten werde und um Erbarmen bitte, wird auch Er irgendwann sagen: »Dear Mr. Frenkel – begib dich in die Münder der Rabbiner; ich kann dein Gejammer nicht mehr hören!« Ich hoffe nicht. Toll, jetzt habe ich wieder ein schlechtes Gewissen. Wo lagen schon wieder die Einzahlungsscheine?

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  16.11.2025

Aufgegabelt

Noahs Eintopf

Rezepte und Leckeres

 16.11.2025

TV-Tipp

Sie ging über Leichen: Doku »Riefenstahl« zeigt eine überzeugte Nationalsozialistin

Das Erste zeigt Andres Veiels vielschichtigen Dokumentarfilm über Leben und Wirken von Hitlers Lieblingsregisseurin Leni Riefenstahl. Der Film geht auch der Frage nach, wie ihre Filme bis in die Gegenwart ausstrahlen

von Jens Hinrichsen  15.11.2025

Kunst

Illustrationen und Israel-Hass

Wie sich Rama Duwaji, die zukünftige »First Lady von New York«, auf Social Media positioniert

von Jana Talke  13.11.2025

Kino

Zwischen »Oceans Eleven« und Houdini-Inszenierung

»Die Unfassbaren 3« von Ruben Fleischer ist eine rasante wie präzise choreografierte filmische Zaubershow

von Chris Schinke  13.11.2025

Amsterdam

Chanukka-Konzert im Concertgebouw kann doch stattfinden

Der israelische Kantor Shai Abramson kann doch am 14. Dezember im Amsterdamer Konzerthaus auftreten - allerdings nur bei zusätzlich anberaumten Konzerten für geladene Gäste

 13.11.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

 13.11.2025

Film

Dekadenz, Krieg und Wahnsinn

»Yes« von Nadav Lapid ist provokativ und einseitig, enthält aber auch eine tiefere Wahrheit über Israel nach dem 7. Oktober

von Sascha Westphal  13.11.2025

Kolumne

Hineni!

Unsere Autorin trennt sich von alten Dingen und bereitet sich auf den Winter vor

von Laura Cazés  13.11.2025