Glosse

Der Rest der Welt

Gute Tahina zu finden, ist nicht einfach. Die in Gläser gepressten Pasten, bei denen sich das Öl im Glas und der Staub auf dem Deckel vom langen Warten in den Regalen absetzt, haben im besten Fall einen muffigen Geschmack. Und extra durch die ganze Stadt fahren, um eine hochpreisige Dose Tahina zu kaufen? Nicht mit den Öffis in Berlin. Da ist ja ein Flug nach Tel Aviv weniger nervig und manchmal sogar gefühlt schneller – zugegeben, das ist übertrieben.

Welch ein Glück, dass ich kürzlich Besuch aus Tel Aviv hatte, der mit einem großen – sehr großen – Koffer anreiste. So groß, dass ein Nachbar aus dem ersten Stock beim Hochtragen des XXL-Geräts half. Als mein Besuch den Koffer öffnete, war es, als stände ich in einem am:pm in Tel Aviv. Bamba, Tahina, Kaffee Turki.

Kindheit in der brandenburgischen Betonstadt

Ich fühlte mich an meine Kindheit in der brandenburgischen Betonstadt erinnert, in die alle paar Wochen ein kleines Auto – es war ein Barkas, also so etwas wie ein Van – kam, das für die japanischen Arbeiter und ihre Familien, die in der anderen Ecke des Plattenbau-Vierecks wohnten, Lebensmittel brachte, die es in der »Kaufhalle« nicht gab.

Wir konnten die Produkte aus dem Barkas nicht kaufen, aber manchmal brachte ein Kind eines dieser exotischen Dinge mit auf den Spielplatz. Sie schmeckten wunderbar. Nicht so gut wie Tahina oder israelischer Kaffee, aber sie schmeckten anders als Schlager-Süßtafel, die damals schon nicht lecker war. Oftmals waren es die gleichen Produkte, die auch wir hatten, aber sie waren viel bunter verpackt, manche rochen auch nur intensiver.

»Was willst du da hineintun?«, fragte ich meinen Besuch. Die Antwort kam prompt.

Aber zurück zum Koffer. Nachdem also alles ausgepackt war und ich meinen Shop-at-home-Kram in meine Küche gebracht hatte, lag da nun dieses riesige leere Ding im Zimmer. Eine Hälfte war voller Klamotten, die andere Hälfte: gähnende Leere. »Was willst du da hineintun?«, fragte ich meinen Besuch. Die Antwort kam prompt.

Sie bestand aus einer Anreihung bekannter Drogerieketten-Namen und aus Wörtern wie Shampoo, Rasierschaum, Deo, dieses noch und jenes. Natürlich gibt es in Tel Aviv auch all das. »Aber die Preise!«, raunte mein Gast. Es sei mittlerweile einfach alles so teuer, dass sich manche fragten, wo das noch hinführen soll – außer an den Flughafen und direkt in eine Drogerie.

»Ich war schon bei dm und Rossmann«

Ich lachte, als ich am nächsten Morgen weit nach acht Uhr eine Nachricht erhielt, die ungefähr so lautete: »Ich war schon bei dm und Rossmann.« Später sollten noch andere Geschäfte dazukommen. Vor meinem geistigen Auge sah ich, wie sich der Koffer langsam wieder füllte mit vielen tollen Sachen, die es in anderen Regalen anderer Länder zwar gab, aber in anderer Form. So hat irgendwie jeder seinen Van.

Mit diesem Gedanken öffnete ich die kleine Tür meiner Speisekammer, griff die Büchse Tahina und rührte sie an. Mit eiskaltem Wasser, mit einigen Spritzern Limette, Cumin, frischem Knoblauch, Salz.
Ich dachte sofort daran, mir einmal wieder einen Flug nach Tel Aviv zu buchen. Ich glaube, ich brauche noch dieses eine Gewürz aus diesem kleinen Laden.

Berlin

Mut im Angesicht des Grauens: »Gerechte unter den Völkern« im Porträt

Das Buch sei »eine Lektion, die uns lehrt, dass es selbst in den dunkelsten Zeiten Menschen gab, die das Gute dem Bösen vorzogen«, heißt es im Vorwort

 17.09.2025

Israel

»The Sea« erhält wichtigsten israelischen Filmpreis

In Reaktion auf die Prämierung des Spielfilms über einen palästinensischen Jungen strich das Kulturministerium das Budget für künftige »Ophir«-Verleihungen

von Ayala Goldmann  17.09.2025

Berlin

»Stärker als die Angst ist das menschliche Herz«

Die Claims Conference präsentiert in einem Bildband 36 Männer und Frauen, die während der Schoa ihr Leben riskierten, um Juden zu retten

von Detlef David Kauschke  17.09.2025

Auszeichnung

Theodor-Wolff-Preis an Journalisten vergeben

Der Theodor-Wolff-Preis erinnert an den langjährigen Chefredakteur des »Berliner Tageblatts«, Theodor Wolff (1868-1943)

 17.09.2025

Los Angeles

Barbra Streisand über Dreh mit Robert Redford: »Pure Freude«

Mit dem Klassiker »The Way We Were« (»So wie wir waren«) brachen die beiden Stars in den 70er-Jahren Millionen Herzen. Nach dem Tod von Redford blickt Hollywood-Ikone Streisand zurück auf den Dreh

von Lukas Dubro  17.09.2025

Kritik

Toni Krahl hat »kein Verständnis« für israelfeindliche Demonstrationen

Was in der Region um Israel passiere, sei ein Drama, das sich über Jahrzehnte entwickelt habe, sagte Krahl

 17.09.2025

Berlin

Für Toleranz, Demokratie: Margot Friedländer Preis vergeben

Es ist die erste Preisverleihung nach dem Tod der Stifterin. Ausgezeichnet wird der Einsatz für die Ideale der im Frühjahr gestorbenen Holocaust-Überlebenden

 17.09.2025

Hochstapler

»Tinder Swindler« in Georgien verhaftet

Der aus der Netflix-Doku bekannte Shimon Hayut wurde auf Antrag von Interpol am Flughafen festgenommen

 16.09.2025

Eurovision Song Contest

Streit um Israel: ESC könnte wichtigen Geldgeber verlieren

RTVE ist einer der fünf größten Geldgeber des Eurovision Song Contest. Umso schwerer wiegt der Beschluss, den der spanische Sender verkündet

 16.09.2025