Finale

Der Rest der Welt

Singen, lernen ... und danach? Feiern! Foto: Getty Images

Finale

Der Rest der Welt

Mein Sohn wird Barmizwa, und ich schlafe schlecht

von Beni Frenkel  25.01.2022 08:43 Uhr

Ich habe einen Sohn, der ist zwölf Jahre alt. In jüdischen Haushalten bedeutet das nichts Gutes. Wer zwölf Jahre alt ist, wird bald 13. Das heißt, er wird Barmizwa und ist dann Teil der jüdischen Gesellschaft, wird vollberechtigt zum Gottesdienst gezählt und muss für seine Taten selbst geradestehen. All das raubt jüdischen Eltern noch nicht den Schlaf.

Es ist vielmehr das teure und komplizierte Barmizwa-Fest. Die Feier bestimmt nun unsere Gespräche. Wo soll das Fest stattfinden, wer soll eingeladen werden, und was kostet die ganze Chose?

Detail Vieles kann ich meiner Frau überlassen. Sie organisiert den größten Teil und bespricht zum Glück nicht jedes Detail mit mir. Mir ist egal, was es zum Essen gibt. Es soll einfach nicht teuer werden. Was der Junge auf der Feier trägt? Mir egal, es soll einfach – genau – nicht teuer werden. Aber da ist noch eine Sache, die mich betrifft. Der Junge muss an seinem Fest etwas aus der Tora vorlesen.

Das haben unsere Weisen so bestimmt. Vielleicht aus der Überlegung heraus, dass man mit 13 Jahren nicht nur Geschenke bekommt, sondern auch etwas geplagt werden soll.

In unserer Gemeinde gibt es viele junge Männer, die für Geld Unterricht geben. Einen Teil übernimmt die Gemeinde. Stellt sich aber heraus, dass der Knabe unmusikalisch ist und mehr Unterricht benötigt, dann müssen die Eltern die anfallenden Kosten übernehmen. Ist wie beim Fahrunterricht, wo manche Eltern die ersten 20 Stunden übernehmen und den Rest der untalentierten Tochter (oder dem untalentierten Sohn) übertragen.

Singen Nun, ich kenne meinen Sohn. Er kann jetzt bereits viel. Er bohrt und werkelt wie ein Weltmeister. Singen tut er nicht so gerne. Ich kann es verstehen. Wir sitzen nun jeden Abend zusammen und üben seinen Wochenabschnitt. Das letzte Mal, als ich aus der Tora vorgelesen habe, liegt über 20 Jahre zurück. Viele Singzeichen sind mir entfallen. Ich improvisiere.

Mein Sohn muss mir nachsingen. Ich korrigiere. Er singt nochmals vor. Ich korrigiere wieder. Er sagt »Schei…«. Ich herrsche ihn an. Dann singe ich nochmals vor. Er wiederholt und macht wieder denselben Fehler. Jetzt sage ich »Schei…«. Mann, kann doch nicht so schwer sein, mir nachzusingen.

Ich gucke auf den Kalender. Noch ein halbes Jahr bis zu seiner Barmizwa. Wir sind bei Satz drei. Vor uns liegen noch 120 Sätze. Die Zeit rinnt uns davon. Ich schlafe schlecht. Und wenn ich schlafe, dann träume ich von der Barmizwa. Ich sehe ihn vor der offenen Torarolle. Er macht einen Fehler, sagt »Schei…« und rennt aus der Synagoge. Komisch ist nur, dass der Junge im Traum mir bis aufs Haar gleicht.

Archäologie

Vorform der Landwirtschaft: Steinsicheln für die Getreideernte

Funde aus einer Höhle in Zentralasien stellen Annahmen zur Entstehung der Landwirtschaft infrage. Offenbar liegen deren Ursprünge nicht nur in der Region Vorderasien, die auch das heutige Israel umfasst

von Walter Willems  26.08.2025

Digital

Initiative von Heidelberger Hochschule: Neuer Podcast zum Judentum

»Jüdische Studien Heute« als Podcast: Das neue Angebot der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg will alle zwei Wochen Forschungsthemen aufgreifen und Einblicke in die jüdische Lebenswelt bieten

von Norbert Demuth  26.08.2025

Cerro Pachón

Vera Rubin Observatory startet wissenschaftliche Mission  

Die nach einer jüdischen Wissenschaftlerin benannte Sternwarte auf einem Berg in Chile läutet eine neue Ära der Astronomie ein

von Imanuel Marcus  26.08.2025

Zahl der Woche

1902

Fun Facts und Wissenswertes

 26.08.2025

TV-Tipp

»Barbie« als TV-Premiere bei RTL: Komödie um die legendäre Puppe

Im ersten Realfilm der 1959 von Ruth Handler erfundenen Puppe ist Barbieland eine vor Künstlichkeit nur so strotzende Fantasie

von Michael Kienzl  26.08.2025

Nominierungen

Grimme Online Award: Nahost-Konflikt und deutsche Geschichte im Fokus

In den vier Kategorien kann die Jury des Grimme Online Awards aus den 25 Nominierten bis zu acht Preisträger auswählen

 26.08.2025

Berlin

Götz Aly: Kaum Parallelen zwischen 1933 und heute

Wie konnten die Deutschen den Nazis verfallen und beispiellose Verbrechen begehen? Mit dieser Frage beschäftigt sich der Historiker in seinem neuen Buch. Erkennt er Parallelen zu heute?

von Christoph Driessen  26.08.2025

Oberammergau

»Judenfreund«: Regisseur Stückl beklagt Anfeindungen

Christian Stückl leitet die berühmten Passionsspiele in Oberbayern. Lange wurde er dafür gewürdigt, das Werk von judenfeindlichen Passagen befreit zu haben. Nun dreht sich der Wind

 25.08.2025

Kritik

Ukraine verurteilt Auftritt Woody Allens bei Moskauer Filmwoche

US-Filmregisseur Woody Allen lässt sich per Video beim Moskauer Filmfestival zuschalten. In der von Russland angegriffenen Ukraine sieht man den Auftritt alles andere als gern - und reagiert prompt

 25.08.2025