Finale

Der Rest der Welt

Outchn... oder wie könnte Mosche geflucht haben? Foto: Getty Images

Finale

Der Rest der Welt

Verflixt und zugen... oder Wie hat Moses geflucht?

von Beni Frenkel  18.02.2021 11:12 Uhr

Vor Kurzem wurden in der Synagoge die Zehn Gebote aus der Tora verlesen. Eines davon ist ja, dass man den Namen des Ewigen nicht missbrauchen darf. Also nicht in seinem Namen herumfluchen. Und davon abgeleitet soll man generell nicht fluchen. Was ich aber doch häufig mache. Immerhin weniger als meine Kinder, die wirklich ganz schlimme Wörter benutzen.

Lange habe ich überlegt, was man dagegen tun könnte. Am Ende besann ich mich auf die Idee eines Cousins. Bei dem steht im Wohnzimmer eine leere Magnum-Flasche. Jedes Mal wenn ein Familienmitglied flucht oder furzt, müssen 50 Cent in die Flasche geworden werden.

Am Ende des Jahres ist die Flache voll, und das Geld reicht für einen Kinoabend mit Popcorn, Eis und nochmals Popcorn. Da Furzen nicht in den Zehn Geboten erwähnt wird, habe ich mich aufs Fluchen konzentriert. Und die Familie zieht mit. Meine Frau ist sogar begeistert von meinem Einfall. Wann habe ich das das letzte Mal erlebt?

Ich bin aber kein Freund sturer Regeln. »Mist« und »Scheibe« kosten nur 20 Cent, »Verdammt« und »Sch…« 50 Cent. Dann gibt es noch andere Wörter, die ich hier aber nicht erwähne. Die kosten noch mehr.

Die erste Woche lief gut. Dann fiel mir eine Pfanne auf den großen Zeh. Ich wollte Rührei machen. Die Pfanne fiel also auf meinen Zeh und die noch flüssigen Eier auf das Parkett. Ich fluchte auf Deutsch, Englisch und Jiddisch. Ich fluchte so laut, dass die Kinder mitzählen konnten. Am Ende riefen sie: »Das macht 5 Euro!«

Ich zog die Socke aus und betrachtete den blutenden Zeh, der mich noch heute schmerzt. Ich stellte mir folgende halachische Frage: »Darf man bei solchen Gegebenheiten wirklich nicht fluchen?« Ich guckte im Schulchan Aruch nach, aber fand keine Erwähnung. Wie reagieren wohl große Rabbiner in solchen Sch…-Si­tuationen? Natürlich, sie sind seltener in der Küche und müssen kein Spiegelei braten. Aber trotzdem – lächeln die, wenn ihnen die Pfanne volle Kanne auf die Zehen fällt? Rufen sie dann »Halleluja«?

Bestimmt nicht. Denen entfährt doch auch ein schönes, saftiges Fluchwort! 100 Prozent. Und ist doch nicht schlimm. Wissen Sie, ich bin ein großer Anhänger der jüdischen Religion. Aber ich denke, auch Moses hat geflucht, als ihm die zwei Gesetzestafeln aus den Händen glitten. Moses war ja auch nur ein Mensch. Zugegeben, er hat sicher nicht »Sch…« gesagt, aber auch nicht das harmlose »Oj, Gewalt!«. Irgendetwas dazwischen. Beni Frenkel

TV-Tipp

»Nürnberg 45 - Im Angesicht des Bösen«

Das Dokudrama rekonstruiert die Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozesse vor 80 Jahren

von Jan Lehr  04.11.2025

Hollywood

Jesse Eisenberg will eine seiner Nieren spenden

Der Schauspieler hatte die Idee dazu bereits vor zehn Jahren

 03.11.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Herbstkaffee – und auf einmal ist alles so »ejn baʼaja«

von Nicole Dreyfus  02.11.2025

Wittenberg

Judaistin kuratiert Bildungsort zur Schmähplastik

Die Darstellung der sogenannten »Judensau« an der Wittenberger Stadtkirche, der früheren Predigtkirche des Reformators Martin Luther (1483-1546), gehört in Deutschland zu den bekanntesten antisemitischen Darstellungen des Mittelalters

 02.11.2025

Zahl der Woche

8 jüdische Gemeinden

Fun Facts und Wissenswertes

 02.11.2025

Aufgegabelt

Wareniki mit Beeren

Rezepte und Leckeres

 02.11.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Bettina Piper, Imanuel Marcus  02.11.2025

Debüt

Katharsis und Triumph

Agnieszka Lessmann erzählt in ihrem Roman über transgenerationales Trauma und das Gefühl des Ausgegrenztseins, aber auch von einer jungen Frau, die sich selbst wiederfindet

von Sara Klatt  02.11.2025

Hören!

»Song of the Birds«

Der Mandolinist Avi Avital nimmt sein Publikum mit auf eine emotionale Klangreise entlang des Mittelmeers

von Nicole Dreyfus  02.11.2025