Finale

Der Rest der Welt

Immer mittwochs: Online-Unterricht Foto: Getty Images / istock

Vollversammlung der Gewerkschaft Büroklammer, Kreide und Schiefer. Gewerkschaftsboss Heini Müller verkündet einen Riesenerfolg bei den Tarifverhandlungen: »Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben die Eintagewoche bei vollem Lohnausgleich durchgesetzt. Von jetzt an arbeiten wir mittwochs!« Lang anhaltender Beifall. Nur einer klatscht nicht. Kollege Schlomo Stinkstiefel meldet sich zu Wort: »Heini, meinst du jeden Mittwoch?«

UPDATE An diesen Witz fühlte ich mich erinnert, als ich die E-Mail mit dem Corona-Update aus der Schule meines Sohnes öffnete. Die derzeitige hohe Betreuungsdichte im Online-Unterricht sei nicht mehr umsetzbar, wenn ein Großteil der Lehrkräfte jeden Tag auch vor Ort mehrere Stunden eingesetzt werde, hieß es. Daher werde der Unterricht für die sechsten Klassen ab Anfang Juni bis zu den Sommerferien »immer mittwochs« erfolgen. Ich habe nicht einmal mehr die Kraft, mich darüber aufzuregen.

Gut, dann wird unser Leben eben so weitergehen, ich vor dem Rechner, mein Sohn vor dem Rechner, bis der Impfstoff kommt oder der Messias und anschließend der Therapeut für Online-Süchtige. Andere Eltern sind kämpferischer: Beim virtuellen Elternabend wollen sie die Lehrer grillen. 35 wütende Eltern auf »Zoom«, ich freue mich jetzt schon auf zwei garantiert unterhaltsame Stunden.

RISIKOGRUPPE Aber die Lehrer können auch nichts dafür, ein Viertel des Kollegiums gehört der Risikogruppe an – und soweit ich informiert bin, heißt keiner von ihnen Stinkstiefel. Was kann ich daran ändern, wenn das Hygienekonzept für Sechstklässler nur mittwochs funktioniert?
In Israel müsste man leben! Die Schulen sind wieder geöffnet, für Kinder ab Klasse 4 herrscht Maskenpflicht.

Wie man das israelische Bildungssystem kennt, läuft bestimmt alles reibungslos. Massen von Israelis sind ohne Arbeit, aber mit positivem Denken ist auch das ein Segen: Wer keinen Job hat, verfügt über alle Zeit der Welt, Kindern bei den Hausaufgaben zu helfen. Ich würde gerne in den Sommerferien nach Israel fahren, aber mein Mann zeigt mir den Vogel: »Da sind doch jetzt schon 45 Grad.« Ob ich ihn grillen wolle? Maximal der Starnberger See sei drin.

GRUNEWALD Egal, Entspannung war sowieso gestern. Am Schlachtensee husten Kleinkinder, die Pommes kosten fünf Euro. Im Biergarten im Grunewald feiert man Corona-Lockerungen zu Techno-Beats. Die Krumme Lanke ist auch überlaufen. Freunde reden von Ferien in der Schweiz, mein Sohn möchte auf die Bahamas. Aber wer weiß, wie da das Hygienekonzept aussieht.

Weil ich nicht ans Meer kann, träume ich jetzt von Urlaub in einer Waldhütte. Allein! Ohne Smartphone. Ohne Corona-Nachrichten. Ohne Familie. »Und was ist mit uns?«, fragte mein Sohn. »Dürfen wir dich im Wald besuchen?« »Einmal in der Woche«, sagte ich. »Immer sonntags«, kündigte mein Sohn an. Ich merkte erst, wie urlaubsreif ich bin, als ich ihn fragte: »Jeden Sonntag?«

Computerspiel

Lenny Kravitz wird James-Bond-Bösewicht

Als fieser Schurke will der Musiker im kommenden Jahr dem Agenten 007 das Leben schwer machen – allerdings nicht auf der Kinoleinwand

 12.12.2025

Berlin

Jüdisches Museum bekommt zusätzliche Förderung

Das Jüdische Museum in Berlin gehört zu den Publikumsmagneten. Im kommenden Jahr feiert es sein 25. Jubiläum und bekommt dafür zusätzliche Mittel vom Bund

 12.12.2025

Aufgegabelt

Latkes aus Dillgürkchen

Rezepte und Leckeres

 12.12.2025

Kulturkolumne

Lieber Chanukka als Weihnachtsstress?

Warum Juden es auch nicht besser haben – was sich spätestens an Pessach zeigen wird

von Maria Ossowski  12.12.2025

Kommerz

Geld oder Schokolade?

Der Brauch, an den Feiertagen um Münzen zu spielen, hat wenig mit den Makkabäern oder dem traditionellen Chanukkagelt zu tun. Der Ursprung liegt woanders

von Ayala Goldmann  12.12.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Singend durch Paris oder Warum unser Chanukka-Song der beste ist

von Nicole Dreyfus  12.12.2025

Literatur

Deutsch-Hebräischer Übersetzerpreis für Helene Seidler

Die Schriftstellerin wurde für die Übersetzung des Romans »Unter Freunden stirbt man nicht« von Noa Yedlin ausgezeichnet

 12.12.2025

Zürich

Protest gegen ESC-Teilnahme Israels: Nemo gibt Pokal zurück

Mit der Zulassung Israels verrate der Gesangswettbewerb seine Werte von »Einheit, Inklusion und Würde für aller Menschen«, so Nemo

 12.12.2025

Meinung

Nemo unverbesserlich

Nemo gibt mit Rückgabe der ESC-Siegertrophäe auch Haltung ab. Statt Rückgrat zu zeigen, schwimmt das Schweizer Gesangswunder von 2024 im postkolonialen Strom mit

von Nicole Dreyfus  12.12.2025