Finale

Der Rest der Welt

Finanziert wurde der neue Bildschirm durch die Schimpfwort-Kasse. Foto: Getty Images

Finale

Der Rest der Welt

Wie mich Online-Shopping meinem Judentum näherbringt

von Beni Frenkel  06.05.2020 10:39 Uhr

Wir haben beschlossen, dass die Kinder keine Spielgefährten mehr ins Haus bringen dürfen. Wegen des Coronavirus. Nur die Nachbarskinder (acht und neun Jahre) über uns können rein. Es handelt sich um zwei Mädchen aus dem arabischen Raum.

Sie sind die besten Freundinnen unserer Tochter und so etwas wie Seelenverwandte. Sie schlafen zweimal in der Woche bei uns. Sie tauschen untereinander ihre Kleider und hüpfen zu dritt in die Badewanne.

Seelenverwandter Als die Nachbarn einzogen, waren wir anfangs noch etwas skeptisch. Der Vater sah aber schnell ein, dass ich zu ungeschickt bin, um beim Mossad zu arbeiten. Und ich nahm es ihm ab, dass er keinen Dschihad mit mir plant. Ein Seelenverwandter von mir ist er noch nicht geworden. Aber ich finde ihn sympathischer als zum Beispiel den jüdischen Nachbarn im zweiten Stock.

Außerdem kann seine Frau himmlisch gut kochen. Und die Mädchen, die sind besser erzogen als unsere Kinder. Sie haben auch schon einen breiten jüdischen Wortschatz. Sie sagen akzentfrei »Gut Schabbes«, singen mit beim »Adon Olam« und schreien »Mukze!«. Unsere Kinder hingegen – und das ist schön – schwören nicht mehr bei der Tora, sondern auf Allah: »Uallabillah!«

Toleranz Das nahe Zusammenleben erzieht die Kinder zur Toleranz und lässt sie die Vor- und Nachteile ihrer Religion besser erkennen. Unsere Kinder finden den Islam mittlerweile besser als das Judentum.

Eigentlich liegt es an mir, ihnen die Schönheit des Judentums vorzuleben. In Zeiten der Pandemie müsste ich mehr mit ihnen beten. Sodass sie sehen, dass der Gott von Abraham, Jizchak, Jakob und Papi niemanden im Stich lässt. Wegen Homeoffice bin ich aber so erledigt, dass ich mich nicht dazu aufraffen kann. Ich fluche auch viel häufiger. Gar nicht schön.

Abstand Zu schaffen macht mir auch, dass die Leute auf der Straße zwei Meter Abstand zu mir halten. Ich weiß: wegen Corona. Es erinnert mich aber auch immer an meine Jugendzeit, als kein Mädchen mich näher als zwei Meter an sich herankommen ließ. Mir ging es letzte Woche gar nicht gut.

Ich sah zu allem Überdruss dann auch noch den Vater der beiden Nachbarskinder, wie er auf der Treppe glücklich eine Sure summte. Ich fragte ihn, warum er so happy ist, und er antwortete mir, dass er gerade einen noch größeren Bildschirm online gekauft hätte. Zwei Meter Durchmesser.

Bildschirm Meiner war nicht größer als ein Computerbildschirm. War. Ich habe jetzt nämlich auch einen großen gekauft. Das Ungetüm hat uns alle wieder näher zur Religion gebracht.

Die Kinder dürfen mit dem Kino nämlich erst dann starten, wenn sie gebetet haben. Finanziert haben wir die Anschaffung übrigens mit der Schimpfwort-Kasse. Der Gott von Abraham, Jizchak, Jakob und Papi muss jetzt nur noch die Stromrechnung drosseln.

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen nun in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  30.04.2025

Medien

Leon de Winter wird Kolumnist bei der »Welt«

Bekannt wurde er vor mehr als 30 Jahren mit Romanen wie »Hoffmanns Hunger«. Jetzt will der niederländische Autor Leon de Winter in Deutschland vermehrt als Kolumnist von sich hören lassen

von Christoph Driessen  29.04.2025

Fernsehen

»Persischstunden«: Wie eine erfundene Sprache einen Juden rettet

Das Drama auf Arte erzählt von einem jüdischen Belgier, der im KZ als angeblicher Perser einen SS-Mann in Farsi unterrichten soll. Dabei kann er die Sprache gar nicht

von Michael Ranze  29.04.2025

Berlin

Antisemitismusbeauftragter für alle Hochschulen soll kommen

Details würden derzeit noch im Senat besprochen, sagte Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra

 29.04.2025

Jerusalem

Seltenes antikes Steinkapitell wird in Israel ausgestellt

Ein Fund aus dem Jahr 2020 gibt israelischen Archäologen Rätsel auf. Die Besonderheit des Steinkapitells aus römischer Zeit: Es ist mit einem mehrarmigen Leuchter - im Judentum Menorah genannt - verziert

 29.04.2025

Berlin

Jüdisches Museum erforscht Audio-Archiv von »Shoah«-Regisseur

Claude Lanzmann hat mit seiner epochalen Dokumentation »Shoah« Geschichte geschrieben. Das Jüdische Museum Berlin nimmt ein Doppeljubiläum zum Anlass, um das umfangreiche Recherchematerial des Regisseurs zu erschließen

von Alexander Riedel  29.04.2025

Köln

»Charlie Hebdo«-Überlebender stellt Comic zu NS-Raubkunst vor

»Zwei Halbakte« heißt ein 1919 entstandenes Gemälde von Otto Mueller. Die Geschichte des Kunstwerks hat der französische Zeichner Luz als Graphic Novel aufgearbeitet. Mit teils sehr persönlichen Zugängen

von Joachim Heinz  28.04.2025

Berlin

»Eine Zierde der Stadt«

Es ist einer der wichtigsten Orte jüdischen Lebens in Deutschland: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum im denkmalgeschützten Gebäude der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin-Mitte eingeweiht

 28.04.2025

Paris

»Bambi«-Neuverfilmung: Nah an Felix Saltens Original

Ganz ohne Spezialeffekte und Animation: In Michel Fesslers »Bambi«-Neuauflage stehen echte Tiere vor der Kamera. Das Buch wurde einst von den Nazis verboten

von Sabine Glaubitz  28.04.2025