Finale

Der Rest der Welt

Können Eichhörnchen eigentlich nervöse Zuckungen bekommen? Foto: Getty Images / istock

Können Eichhörnchen eigentlich nervöse Zuckungen bekommen? Im Baum vor meinem Schlafzimmerfenster jedenfalls wirken sie jeden Morgen um halb acht total gestresst und äugen angespannt zu den einzelnen Balkonen, wo sich immer mehr schwarz gekleidete Gestalten einfinden, bis schließlich um Punkt acht Uhr das ohrenbetäubende Outdoor-Dawnen losgeht ...

Weiterschlafen ist unmöglich, seit die Chassidim meiner Nachbarschaft Corona-bedingt ihren Minjan auf den Balkon verlegt haben.

schacharit Und es werden jeden Tag mehr. Gestern früh habe ich 50 Mann beim Schacharit gezählt, verteilt auf 13 verschiedene Hinterhofterrassen, allseits wildes Geschockel und enthusiastische Rufe von »Umain! Umain!«. Versetzt mit lautem Kreischen von »Schachris!!! Schachris!!!« für die Nachzügler oder die Glücklichen, die gestern Abend vor dem Einschlafen vorsorglich an Ohropax gedacht haben.

Wieder einmal frage ich mich, warum ich ausgerechnet hier wohnen muss – »in the middle of the Tschulent«.

Wieder einmal frage ich mich, warum ich ausgerechnet hier wohnen muss – »in the middle of the Tschulent«. Denn wenn sich der Outdoor-Minjan vor meinem Fenster endlich wieder zum Frühstück nach drinnen verzogen hat, geht die Action in den Hinterhöfen und Gärten weiter.

Beinahe jeden Tag ist irgendwo eine improvisierte Chasene, von Leuten, die ihre Hochzeit in Israel oder hiesigen Festsälen abblasen mussten und jetzt in kleinem Kreis, dafür aber nicht weniger lautstark, die ganz große Party steigen lassen.

»Party People« Die Polizei rückt regelmäßig an, um die »Party People« daran zu erinnern, dass wir uns eigentlich im Lockdown befinden und Menschenansammlungen verboten sind. Murrend verziehen sich die Leute dann nach drinnen, um dort weiter zu feiern. Die Polizei kann also abziehen und eine Straße weiter ihre Runden drehen: Denn sie muss die Vor-Pessach-Stampede im »Koscher Land« auseinandertreiben und die Menschenmassen in der koscheren Metzgerei daran erinnern, Abstand voneinander zu halten.

Kurzum: Die Polente hat in den irren Corona-Tagen vor Pessach alle Hände voll zu tun. Denn die Leute haben noch nicht kapiert, dass es um die Wurst geht und nicht länger darum, das perfekte Pessachmenü aufzutischen. Endlich hat sich der Vorsitzende des Antwerpener Hatzoloh-Rettungsdienstes, Shmuli M., zu Wort gemeldet und per WhatsApp zur Einsicht aufgerufen.

Wenn irgendjemand die starrköpfigen Antwerpener Juden zur Vernunft bringen kann, dann ist das Shmuli. Er ist so etwas wie der »Local Hero«.

Wenn irgendjemand die starrköpfigen Antwerpener Juden zur Vernunft bringen kann, dann ist das Shmuli. Er ist so etwas wie der »Local Hero«, Mitglied des Gemeinderats und in der ganzen Stadt beliebt.

hinterhof-hochzeit Und als gestern Abend wieder einmal eine Hinterhof-Hochzeit stattfand, war Shmuli mit dabei und sorgte für Ordnung und gebührenden Sicherheitsabstand der Gäste. Es waren eigentlich auch nur fünf Leute da, und die wahre Party fand auf den umliegenden Balkonen statt, wo sich Dutzende jubelnde Menschen drängten und Hora tanzten.

Eine gelungene Party, sagt mein Mann. Ich habe das Ganze ja leider verpennt, lag mit Ohropax im Bett. Denn ich muss Schlaf nachholen, bis der Outdoor-Minjan mich morgen früh wieder aus den Träumen reißt.

München

Fritz-Neuland-Gedächtnispreis gegen Antisemitismus erstmals verliehen

Als Anwalt stand Fritz Neuland in der NS-Zeit anderen Juden bei. In München wird ein nach ihm benannter Preis erstmals verliehen: an Polizisten und Juristen, die sich gegen Antisemitismus einsetzen

von Barbara Just  30.06.2025

Forschung

Digitales Archiv zu jüdischen Autoren in der NS-Zeit

Das Portal umfasst den Angaben zufolge derzeit rund eine Million gespeicherte Informationen

 30.06.2025

Medien

»Ostküsten-Geldadel«: Kontroverse um Holger Friedrich

Der Verleger der »Berliner Zeitung« irritiert mit seiner Wortwahl in Bezug auf den jüdischen Weltbühne-Gründer-Enkel Nicholas Jacobsohn. Kritiker sehen darin einen antisemitischen Code

von Ralf Balke  30.06.2025

Berlin

Mehr Bundesmittel für Jüdisches Museum

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer betonte, sichtbares jüdisches Leben gehöre zur Mitte der Gesellschaft

 30.06.2025

Großbritannien

Nach Anti-Israel-Eklat bei Glastonbury: BBC gibt Fehler zu

Ein Musiker wünscht während einer BBC-Übertragung dem israelischen Militär von der Festival-Bühne aus den Tod. Die Sendung läuft weiter. Erst auf wachsenden Druck hin entschuldigt sich die BBC

 30.06.2025

Glastonbury-Festival

Anti-Israel-Parolen: Britischer Premier fordert Erklärung

Ein Musiker beim Glastonbury-Festival in England fordert die Menge dazu auf, Israels Militär den Tod zu wünschen. Der Vorfall zieht weite Kreise

 30.06.2025

Essay

Die nützlichen Idioten der Hamas

Maxim Biller und der Eklat um seinen gelöschten Text bei der »ZEIT«: Ein Gast-Kommentar von »WELT«-Herausgeber Ulf Poschardt

 29.06.2025

Glastonbury

Polizei prüft Videos der Festival-Auftritte auf strafrechtliche Relevanz

Festival-Organisatoren: Parolen von Bob Vylan hätten eine Grenze überschritten

 29.06.2025

Literatur

Österreicherin Natascha Gangl gewinnt Bachmann-Preis 2025

Ihr poetischer Text »DA STA« begibt sich auf die Suche nach den versteckten Spuren eines NS-Verbrechens

 29.06.2025