Kolumne

Der Rest der Welt

Ich habe immer Mühe, wenn man mich fragt, wie religiös ich wäre. Es ist ein Auf und Ab. Manchmal ist mein Fleisch schwach, und ich esse Chips, die nicht auf der Koscher-Liste stehen, und manchmal trinke ich eine ganze Flasche Koscher-Wein.

Aber etwas ist mir heilig: mein Kaffee und mein Brötchen. Und das bestelle ich mir immer in einem Restaurant, neben dem Kindergarten meiner Tochter. Die Servierdüse kennt mich schon beim Namen und bedient mich äußerst freundlich. Seit einem Monat nehme ich stets meine kleine Tochter mit, und die darf sich auch etwas bestellen, eine heiße Schokolade und ebenfalls ein Brötchen. Der Vorteil ist, wenn die Kleine isst, habe ich meine Ruhe und kann endlich einmal in Ruhe Zeitung lesen.

Frühstück Der Nachteil ist, dass das Mädchen im streng orthodox geführten Kindergarten allen erzählt, dass sie im Restaurant gerade ein Frühstück genommen hat. Die Kindergärtnerin schaut mich dann verwundert an und will ihr nicht glauben. »Blödsinn!«, murmle ich und wechsle das Thema.

Andererseits möchte ich mich auch nicht verstellen. Ich stehe dazu, dass bei mir nicht immer alles koscher ist. So habe ich letzte Woche einmal nachgeschaut, welche Inhaltsstoffe so alle im Brötchen liegen. Sieht nicht so gut aus: viele Konservierungsstoffe und Emulgatoren. Aber, und das stimmt mich optimistisch, es steht auch nicht »Schweinefett« oder »Truthahnfett in rauen Mengen« auf der Verpackung. Aber so richtig wohl ist mir auch nicht.

Schokolade Und auch die Tochter, sie ist vier Jahre alt, weigert sich langsam mitzuessen. »Ist das wirklich koscher?«, fragt sie mich und deutet auf meinen Kaffee. »Ja, der stammt vom Berg Sinai!« Ich weise sie an, mich nicht beim Lesen zu stören. »Also, meine Morah sagt, dass eine heiße Schokolade nicht koscher ist.« Verdammt, müssen die Glaubensfragen schon jetzt beginnen. Am nächsten Morgen bestelle ich ihr einen Apfel und ein Glas Wasser. Fragend schaut sie mich an.

»Koscher«, weise ich sie an. »Aber nicht lecker«, meckert sie. Ich schaue sie an. Ich glaube, der Moment ist gekommen, ihr eine wichtige Lektion beizubringen. »Also, schau, wir essen jetzt unser Frühstück und erzählen nichts deiner Morah und deiner Mutter, gell? Das ist jetzt ein Geheimnis nur zwischen dir und mir!« Und sie hält dicht! Ach, bin ich stolz. Erst vier Jahre alt und kann schon ein Geheimnis für sich behalten. Besser als ihr Vater.

Justiz

Gericht: Melanie Müller zeigte mehrmals den Hitlergruß

Melanie Müller steht erneut vor Gericht: Die Schlagersängerin wehrt sich gegen das Urteil wegen Zeigens des Hitlergrußes und Drogenbesitzes. Was im Berufungsverfahren zur Debatte steht

von André Jahnke  11.12.2025

Israel

Ausstellung zu Bachs Klaviermusik in Jerusalem

Das Bachhaus Eisenach zeigt in Israel Dokumente zur frühen Verbreitung von Johann Sebastian Bachs Musik in Europa. Die Ausstellung begleitet das »12. Piano Festival« im Jerusalem Theatre

 11.12.2025

Brigitte Macrons Ausfall gegen Aktivistinnen entfacht eine landesweite Debatte.

Frankreich

First Lady an Abittans Seite – und gegen Feministinnen

Brigitte Macrons Ausfall gegen Feministinnen wirft ein Schlaglicht auf Frankreichs Umgang mit Protest, sexueller Gewalt und prominenten Beschuldigten.

von Nicole Dreyfus  11.12.2025

Fotografie

Über die Würde des Unangepassten

Der Berliner Gropius Bau widmet Diane Arbus eine umfangreiche Retrospektive

von Bettina Piper  11.12.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

 11.12.2025

Reykjavik

Auch Island boykottiert jetzt den ESC

Der isländische Rundfunksenders RÚV hat beschlossen, sich Spanien, Irland, Slowenien und der Niederlande anzuschließen

 11.12.2025

Feiertage

Weihnachten mit von Juden geschriebenen Liedern

Auch Juden tragen zu christlichen Feiertagstraditionen bei: Sie schreiben und singen Weihnachtslieder

von Imanuel Marcus  10.12.2025

Kalender

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 11. Dezember bis zum 17. Dezember

 10.12.2025

Debatte

Wie umgehen mit Xavier Naidoo?

Der Sänger kehrt auf die großen Bühnen zurück. Ausverkaufte Hallen treffen auf Antisemitismus-Vorfälle, anhängige Verfahren und eine umstrittene Entschuldigung - und auf die Frage, wie man heute dazu steht

von Stefanie Järkel, Jonas-Erik Schmidt  10.12.2025