Finale

Der Rest der Welt

Ein Südsee-Traum

Finale

Der Rest der Welt

Also, mein Sukkot war schon ziemlich toll – und Ihres?

von Margalit Edelstein  31.10.2019 11:36 Uhr

Leises Meeresrauschen weckte mich, Sonnenlicht, durch Palmwedel vor meinem Fenster gefiltert, kitzelte meine Augenlider. Ich räkelte mich genüsslich. Ach, war das schön, Feiertage mal unter Palmen zu verbringen – und nicht im regnerischen, miefigen Antwerpen.

Dort wäre ich durch eine ganz andere Geräuschkulisse geweckt worden: Hämmern, Bohren und gelegentliche Schmerzensschreie, wenn der Hammer mal wieder das Ziel verfehlte. Stattdessen hatte ich uns diese Reise in den sonnigen Süden gebucht.

Plopp Das Geheimnis hieß: Pop-up-Reise-Sukka! Lediglich 500 Gramm wiegt das kleine Wunderwerk. Dazu passend gibt es ein YouTube-Video, das zeigt, wie sich dieses Wunderwerk der Technik – übrigens völlig idio­tensicher – mit einem leisen Plopp zu einer stolzen Sukka aufbaut. Genial! Aber erst einmal eine Runde Schwimmen im Meer. Ich konnte die bewundernden Blicke meiner Familie am Abend kaum erwarten, wenn die Hütte ganz von selbst aufploppen würde!

Mit sicherer Hand ließ ich die Sukka aus ihrer stylishen Hülle gleiten, auf dass sie sich mit einem leisen Plopp zu voller Größe aufbaut. Aber es ploppte nicht. Die Sukka lag platt wie eine Flunder vor uns und ähnelte eher einem konfusen Drahtsalat mit etwas Segeltuch daran. Im YouTube-Clip sah doch alles so einfach aus! Ich googelte »Was tun, wenn die Pop-up-Sukka nicht poppt« und erhielt den Tipp, das Teil einfach aus großer Höhe fallen zu lassen, damit es endlich aufgeht.

Zu Chol Hamoed beschlossen wir, die Sukka als Strandhütte zur Getränke-Kühlung zu verwenden.

Wind Gesagt, getan: Wir gingen auf den Balkon und ließen das Teil heruntersegeln. Ein leichter Windstoß ließ unsere Sukka auf der nächstgelegenen Dattelpalme landen, um die sich schon bald Ferienhaus-Nachbarn von überall her versammelten, um in fünf verschiedenen Sprachen ihren Senf dazuzugeben.

Dattelpalmen kann man meines Wissens mit so einer Art Fußbügel besteigen, ich habe da mal einen sehr interessanten National-Geographic-Film gesehen. Oder waren das doch Kokosnusspalmen? Egal, denn inzwischen hatte es etwas aufgefrischt, und der nächste Windstoß beförderte die federleichte Sukka in den Goldfischteich der Nachbarn.

Es folgten entsetzte Aufschreie, Flüche und Verwünschungen (nehme ich an) auf Norwegisch. Schnell fischten wir den feuchten Kabelsalat aus dem Teich, entfernten noch schneller die Algen und Reste von Fischfutter, fanden einen Fön und begannen, die Sukka trockenzublasen.

Wunder Und – oh Wunder – unter der Hitze-Einwirkung entfaltete sich die Sukka in unserem Badezimmer zu ihrer vollen Größe, nämlich der eines Eineinhalb-Mann-Zeltes. Ich hätte wohl doch eine etwas höhere Preisklasse wählen sollen. Die missbilligenden Blicke meiner Familie ignorierte ich einfach.

Zu Chol Hamoed beschlossen wir, die Sukka als Strandhütte zur Getränke-Kühlung zu verwenden. Dass es im Verlauf der kommenden Tage immer mehr auffrischte, sodass eine steife Brise meine schöne Sukka über unsere Köpfe hinweg aufs Meer hinausfegte, wo sie sich im Moment wohl noch befindet, ist eine andere Geschichte.
Sollte meine Sukka an einem Ufer in Ihrer Nähe angespült werden: Sie wissen ja, wo Sie mich finden.

Fernsehen

Ungeschminkte Innenansichten in den NS-Alltag

Lange lag der Fokus der NS-Aufarbeitung auf den Intensivtätern in Staat und Militär. Doch auch viele einfache Menschen folgten der Nazi-Ideologie teils begeistert, wie eine vierteilige ARD-Dokureihe eindrucksvoll zeigt

von Manfred Riepe  23.04.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Hochzeitsnächte und der Vorhang des Vergessens

von Margalit Edelstein  22.04.2025

Graphic Novel

Therese Giehse in fünf Akten

Barbara Yelins Comic-Biografie der Schauspielerin und Kabarettistin

von Michael Schleicher  22.04.2025

TV-Tipp

Arte-Doku über Emilie Schindler - Nicht nur »die Frau von«

Emilie und Oskar Schindler setzten sich für ihre jüdischen Arbeiter ein. Am 23. April läuft auf Arte eine Doku, die Emilie in den Mittelpunkt rückt

von Leticia Witte  22.04.2025

Kino

Film zu SS-Plantage »Kräutergarten« kommt ins Kino

Der Ort ist fast vergessen: Häftlinge im KZ Dachau erlitten dort Furchtbares. Nun erinnert der Dokumentarfilm »Ein stummer Hund will ich nicht sein« daran

 22.04.2025

Interview

»Die ganze Bandbreite«

Programmdirektorin Lea Wohl von Haselberg über das Jüdische Filmfestival Berlin Brandenburg und israelisches Kino nach dem 7. Oktober

von Nicole Dreyfus  22.04.2025

Jazz

»Still Blooming«: Neues Album von Jeff Goldblum

Auf seinem neuen Album mischt der Schauspieler Jazzklassiker mit Starpower: Ariana Grande und Scarlett Johansson sind dabei

von Sabina Crisan  22.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  21.04.2025

Sehen!

»Die Passagierin«

Am Deutschen Nationaltheater in Weimar ist eine der intelligentesten Nachinszenierungen von Mieczyslaw Weinbergs Oper zu sehen

von Joachim Lange  21.04.2025