Finale

Der Rest der Welt

Vor zwei Wochen war ich beim Hausarzt. Ich habe mich nämlich gewundert, warum ich plötzlich jeden Tag fünf Liter Wasser trinke und trotzdem immer noch Durst verspüre. Die Arzthelferin hat mich in den kleinen Finger gepikst. Dann hat sie mir Blut abgenommen. Der Herr Doktor studierte die Messwerte und sagte knapp: »Sie haben Diabetes!«

Jetzt muss ich mir viermal am Tag die Insulinspritze in den Bauch jagen. Und fünfmal wird fröhlich in den Ringfinger gestochen, um den Zuckergehalt zu messen. Leider ist meine Krankheit nichts Besonderes. So ziemlich jeder kennt jemanden, der Diabetes hat: »Ja, mein Onkel hat auch Diabetes«, »Meine Großmutter ist deswegen blind geworden«, »Kenn’ ich, kenn’ ich. Ist ja fast schon eine Volkskrankheit«.

E-Nummer Die wenigsten wissen aber, wie schwierig es ist, Kaschrut und Diabetes zu verbinden. Früher lief ich an den Regalen vorbei und guckte flüchtig auf die Inhaltsstoffe der Produkte. Ich kannte ein paar E-Nummern, die ich nicht essen durfte. Aber sonst lebte ich eigentlich glücklich, fröhlich – und ungesund.

Jetzt muss ich zusätzlich darauf achten, dass die Lebensmittel wenig Kohlehydrate haben. Also keine Schokolade, keine Chips, kein Nutella, kein Mars, kein Bounty und keine Haribos. Das waren meine besten Freunde. Ich kenne sie seit meiner Kindheit. Manchmal sitze ich vor einem Becher Hüttenkäse und denke mir: Womit habe ich das verdient? Habe ich an Jom Kippur zu wenig gebetet? Oder bin ich zu wenig mildtätig gewesen? Hängt das mit meinem Übergewicht zusammen?

Am vergangenen Schabbat gab es nach der Synagoge einen Kiddusch. Ein Junge feierte Barmizwa. Er las aus der Torarolle und sang dabei schrecklich. Warum müssen Jungs immer gerade dann singen, wenn sie im Stimmbruch sind? Könnte man das Vorlesen aus der Tora in solchen Fällen nicht vielleicht doch um ein paar Jahre verschieben? Doch es mag sein, dass die Eltern gerade deswegen einen großen Kiddusch geben, als Entschuldigung für das halbstündige Krächzen des Barmizwa-Knaben – der nicht nur mit dem Stimmbruch, sondern zu allem Überfluss auch noch mit Akne zu kämpfen hat.

Bonboniere Ich schlendere also an den süßen Törtchen und an den prall gefüllten Bonbonieren vorbei. Als Neo-Diabetiker halte ich Ausschau nach Lebensmitteln, die vielleicht nicht zu 100 Prozent aus Zucker hergestellt sind.

Bei den Frauen sehe ich eine große Platte mit Dip-Material: Gurken-, Möhren- und Lauchstängel. Ich schiebe die Trennwand zwischen Frauen und Männern zur Seite und esse mich satt. Die Frauen gucken mich entsetzt an. Mir doch egal! Ich bin Diabetiker, ich darf das!

Nach Absage in Belgien

Dirigent Shani in Berlin gefeiert

Nach der Ausladung von einem Festival werden die Münchner Philharmoniker und ihr künftiger Chefdirigent Lahav Shani in Berlin gefeiert. Bundespräsident Steinmeier hat für den Fall klare Worte

von Julia Kilian  15.09.2025

Essen

Festival jüdischer Musik mit Igor Levit und Lahav Shani

Der Festivalname »TIKWAH« (hebräisch für »Hoffnung«) solle »ein wichtiges Signal in schwierigen Zeiten« setzen, hieß es

 15.09.2025

Bremen

Seyla Benhabib erhält den Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken

Die Jury würdigte Benhabib als »herausragende politische und philosophische Intellektuelle«

 15.09.2025

Eurovision

Israel hält nach Boykottaufrufen an ESC-Teilnahme fest

Israel will trotz Boykott-Drohungen mehrerer Länder am Eurovision Song Contest 2026 teilnehmen. Wie andere Länder und Veranstalter reagieren

 15.09.2025

Antisemitismusskandal

Bundespräsident trifft ausgeladenen Dirigenten Shani

Nach dem Eklat um eine Ausladung der Münchner Philharmoniker in Belgien hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den künftigen israelischen Chefdirigenten Lahav Shani ins Schloss Bellevue eingeladen

von Anne Mertens  15.09.2025

Literatur

Ein Funke Hoffnung

Rafael Seligmann hält Deutschland derzeit nicht für den richtigen Ort einer Renaissance jüdischen Lebens. Trotzdem gibt er die Vision nicht auf. Ein Auszug aus dem neuen Buch unseres Autors

von Rafael Seligmann  15.09.2025

Los Angeles

»The Studio« räumt bei den Emmys 13-fach ab

Überraschende Sieger und politische Statements: Ausgerechnet eine jüdische Darstellerin ruft eine israelfeindliche Parole

von Christian Fahrenbach  15.09.2025

Freiburg im Breisgau

»Keine Schonzeit für Juden«: Neues Buch von Rafael Seligmann

Antisemitismus, der 7. Oktober 2023, ein Umzug von Tel Aviv nach München in den 1950er Jahren und ein bewegtes Leben: Der Historiker streift und vertieft in seinem aktuellen Werk viele Themen

von Leticia Witte  15.09.2025

Kino

Für Hermann Göring lernte Russell Crowe Deutsch

Crowe spielt den Nazi-Verbrecher in »Nuremberg«, einem packenden Thriller über die Nürnberger Prozesse

von Manuela Imre  14.09.2025 Aktualisiert