Finale

Der Rest der Welt

Mein ganz persönliches Horror-Lexikon beginnt mit A wie »Asch Laila«, also den höchst kreativen nächtlichen Mutproben, die sich sadistische Madrichim für die zu betreuenden Schäfchen, die Chanichim, ausdenken.

Es gibt eine ganze Palette von Einfällen, um die Nachtruhe im Machane ein bisschen aufzupeppen: mit dem Ghettoblaster zu nächtlicher Stunde im Schlafsaal der Chanichim auftauchen, alle aus den Betten zerren, eventuell noch etwas Zahnpasta in die Haare schmieren, dann ab in den Garten, um dort ein paar fiese Mutproben zu bestehen. Jahrelang habe ich mich davor gedrückt, meine Kinder auf die berüchtigten Wochenenden »Bnei-Akiva-Schabbat-Gruppe« zu schicken, aber dieses Jahr bin ich dran.

Kuhkaff Meine Tochter Emma fährt mit und ist schon total aufgeregt: Seit Menschengedenken reist die Bnei Akiva jedes Jahr in ein kleines Kuhkaff, in eine heruntergekommene windschiefe Hütte, und zieht dort ihre legendäre Schabbat-Gruppen-Show ab: zugige, ungeheizte Zimmer, mieses Essen, das ganze Haus von Kuhfladen und Weidekühen umsäumt. Und als Höhepunkt dieser Tortur: Asch Laila! In der WhatsApp-Gruppe der Eltern und Madrichim macht sich allenthalben Unmut breit. »Bitte kein Asch Laila!«, betteln die Eltern. »Nein, nein«, beschwichtigen die Madrichim: »Natürlich nicht!« Aber das sagen die ja jedes Jahr. Auch die Kids haben inzwischen ihre eigene WhatsApp-Gruppe zum Thema »Asch Laila – und was man dagegen tun kann«.

Die Kleinen planen anscheinend, nachts unter der Decke Wasserbomben zu verstecken, die Türen zu verbarrikadieren und den Madrichim rohe Eier in die Schuhe zu schmuggeln. Meine Stimmung sinkt unter den Gefrierpunkt.

Schließlich teilt meine Emma mir noch mit, ich müsse ihr kein Duschgel einpacken, sie habe vor, sich ein ganzes Wochenende nicht zu waschen, denn die Duschen seien eiskalt und dreckig. Auch möge ich ihr kiloweise Chips und Popcorn mitgeben, da ihre Freundinnen und sie vorhätten, das ganze Wochenende dem Speisesaal fernzubleiben: Es gebe ja doch nur fettige Brühe mit ekeligen Klumpen drin und Bohnen aus der Dose.

Kino, Pizza, Eis Ich versuche, das Wochenende in letzter Minute abzublasen, und locke Emma mit Kinobesuchen, Eiscreme und Pizza, damit sie zu Hause bleibt – doch keine Chance! Resigniert gehe ich zu Koscher King, räume sämtliche Süßigkeitenregale leer und packe das Zeug in Emmas Koffer. Außerdem noch Trockenshampoo, um die Zahnpasta wieder aus den Haaren zu bekommen, Ohrstöpsel, wasserdichte Kleidung, Feuchttücher, selbstaufheizende Hausschuhe und Desinfektionsspray. Mit glühenden Bäckchen und bester Laune steigt Emma mit ihren Freundinnen am Freitagmittag in den Bus – und ich verbringe ein schlafloses Wochenende.

Am Sonntagabend purzeln die Kids wieder aus dem Bus und sehen aus, als hätten sie 48 Stunden in einem Erdloch verbracht. Verkrustet vom Dreck, die Haare mit diversen Substanzen verklebt, die Kleider zerlöchert. Sie hätten sich noch nie so gut amüsiert!

Sie erzählen von der nächtlichen Rasierschaum-und-Rohe- Eier-Schlacht mit den Madrichim, wie sie am Sonntag zum ganztägigen Putzdienst verdammt wurden und dabei das Haus unter Wasser gesetzt hätten, und dass wir noch von der Heimleitung hören würden, die der Bnei-Akiva lebenslanges Hausverbot erteilt hat. Die Schabbat-Gruppe findet nächstes Jahr auf dem Campingplatz statt!

Medien

Die Deutsche Welle und Israel: Mitarbeiter werfen ihrem Sender journalistisches Versagen vor

Die Hintergründe

von Edgar S. Hasse  14.07.2025

TV-Tipp

Der Mythos Jeff Bridges: Arte feiert den »Dude«

Der Weg zum Erfolg war für Jeff Bridges steinig - auch weil der Schauspieler sich gegen die Erfordernisse des Business sträubte. Bis er eine entscheidende Rolle von den Coen-Brüdern bekam, die alles veränderte

von Manfred Riepe  14.07.2025

Musik

Der die Wolken beschwört

Roy Amotz ist Flötist aus Israel. Sein neues Album verfolgt hohe Ziele

von Alicia Rust  14.07.2025

Imanuels Interpreten (11)

The Brecker Brothers: Virtuose Blechbläser und Jazz-Funk-Pioniere

Jazz-Funk und teure Arrangements waren und sind die Expertise der jüdischen Musiker Michael und Randy Brecker. Während Michael 2007 starb, ist Randy im Alter von fast 80 Jahren weiterhin aktiv

von Imanuel Marcus  14.07.2025

Kino

»Superman« David Corenswet fühlte sich »wie ein Astronaut«

»Ich habe dafür trainiert, ich habe es mir gewünscht, und jetzt liegt die ganze Arbeit vor mir«, sagt der Darsteller mit jüdischem Familienhintergrund

von Philip Dethlefs  14.07.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Superman kommt ins Kino – und wo sind die super Männer?

von Katrin Richter  13.07.2025

Biografie

Schauspieler Berkel: In der Synagoge sind mir die Tränen geflossen 

Er ging in die Kirche und war Messdiener - erst spät kam sein Interesse für das Judentum, berichtet Schauspieler Christian Berkel

von Leticia Witte  11.07.2025

Thüringen

Yiddish Summer startet mit Open-Air-Konzert

Vergangenes Jahr nahmen rund 12.000 Menschen an den mehr als 100 Veranstaltungen teil

 11.07.2025

Musik

Nach Eklat: Hamburg, Stuttgart und Köln sagen Bob-Vylan-Auftritte ab

Nach dem Eklat bei einem britischen Festival mit israelfeindlichen und antisemitischen Aussagen sind mehrere geplante Auftritte des Punk-Duos Bob Vylan in Deutschland abgesagt worden

 10.07.2025