Finale

Der Rest der Welt

Nie im Leben hätte ich gedacht, dass ich einmal zu einem Nose Job komme. Im Gegenteil: Leute, die sich kosmetischen OPs unterziehen, waren mir schon immer suspekt.

Bevor sie ihre wunderbare anatolische Hakennase zu einem mitteleuropäischen Stupsnäschen umgestalten ließ, war ich ein großer Fan von Sibel Kekilli. Bei der Berlinale 2004, als sie mit Gegen die Wand ihren Durchbruch feierte, habe ich sie zutiefst bewundert. »Warum nur?«, frage ich mich jetzt, wenn ich die Schauspielerin in einer Tatort-Wiederholung sehe. Früher hatte dieser Zinken Charakter!

Fahrradunfall Doch nun musste auch ich die Erfahrung eines Nose Job machen. Neulich bin ich im Berliner Tiergarten mit einer anderen Fahrradfahrerin kollidiert. Meine Nase prallte gegen die Schulterwand der Verkehrsteilnehmerin, die von links anrauschte. »Ihr Nasenbein ist gebrochen«, sagte der Unfallchirurg nach einem Blick auf das Röntgenbild und überwies mich zum HNO-Arzt. »Schauen Sie mal in den Spiegel«, sagte der.

Die Nase sei links eingedrückt. Ich war entsetzt: Hatte sie zuvor einen dezenten Schwung aufgewiesen, der auf meine aschkenasische (oder alternativ auf meine norddeutsche) Großmutter zurückgeht, sah sie nun aus wie Kekillis Nase nach deren Nose Job: total durchschnittlich. »Ich kann Ihnen das Nasenbein wieder einrenken. Örtliche Betäubung mit Wattebausch. Wahrscheinlich wird es nicht wehtun«, prophezeite der HNO-Arzt.

Ich wich instinktiv zurück. »Oder Sie lassen sich unter Vollnarkose operieren«, war die zweite Option des Fachmanns. Ein Kollege sei übrigens nach einer Nasenwiederherstellung von seiner Patientin verklagt worden, weil deren Mann sie sitzen ließ und die schiefe Nase der Gattin als Scheidungsgrund anführte. »Machen Sie sich keine Sorgen. Ich habe gerade meine Rechtsschutzversicherung gekündigt«, sagte ich und entschied mich für die Vollnarkose, weil ich bei Bewusstsein niemanden an meinem Nasenbein herumfummeln lasse.

Vollnarkose Nach der OP ging es mir miserabel. Die Vollnarkose bei 36 Grad Außentemperatur im nicht-klimatisierten Krankenhaus ließ meinen Kreislauf kippen. Ich hatte schlimme Migräne.

Unfreiwillig fühlte ich mich erinnert an Bolle aus dem Berliner Volkslied, der nach der Keilerei auf der Schönholzer Heide bittere Bilanz zieht: »Es fing schon an zu tagen / als er sein Heim erblickt / sein Hemd war ohne Kragen / das Nasenbein zerknickt / das linke Auge fehlte / das rechte marmoriert / aber dennoch hat sich Bolle / ganz köstlich amüsiert …«

Dann fiel mir ein, dass ich das Wichtigste vergessen hatte: ein Profilfoto meines mitteleuropäischen Nasenhöckers mit in den OP-Saal zu nehmen. Mal sehen, was mein Mann sagen wird, wenn der Nasengips entfernt wird. Falls er mit Scheidung droht, werde ich nicht aus Verzweiflung gegen die Wand rennen, sondern den nächsten Nose Job in Angriff nehmen. Dann will ich die Original-Nase von Sibel Kekilli!

Kino

Düstere Dinosaurier, frisches Starfutter

Neuer »Jurassic World«-Film mit Scarlett Johansson läuft in Deutschland an

von Ronny Thorau  01.07.2025

Berlin

Ausstellung »Die Nazis waren ja nicht einfach weg« startet

Die Aufarbeitung der NS-Zeit hat in den vergangenen Jahrzehnten viele Wendungen genommen. Eine neue Ausstellung in Berlin schaut mit dem Blick junger Menschen darauf zurück

von Lukas Philippi  01.07.2025

München

Fritz-Neuland-Gedächtnispreis gegen Antisemitismus erstmals verliehen

Als Anwalt stand Fritz Neuland in der NS-Zeit anderen Juden bei. In München wird ein nach ihm benannter Preis erstmals verliehen: an Polizisten und Juristen, die sich gegen Antisemitismus einsetzen

von Barbara Just  30.06.2025

Forschung

Digitales Archiv zu jüdischen Autoren in der NS-Zeit

Das Portal umfasst den Angaben zufolge derzeit rund eine Million gespeicherte Informationen

 30.06.2025

Medien

»Ostküsten-Geldadel«: Kontroverse um Holger Friedrich

Der Verleger der »Berliner Zeitung« irritiert mit seiner Wortwahl in Bezug auf den jüdischen Weltbühne-Gründer-Enkel Nicholas Jacobsohn. Kritiker sehen darin einen antisemitischen Code

von Ralf Balke  30.06.2025

Berlin

Mehr Bundesmittel für Jüdisches Museum

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer betonte, sichtbares jüdisches Leben gehöre zur Mitte der Gesellschaft

 30.06.2025

Großbritannien

Nach Anti-Israel-Eklat bei Glastonbury: BBC gibt Fehler zu

Ein Musiker wünscht während einer BBC-Übertragung dem israelischen Militär von der Festival-Bühne aus den Tod. Die Sendung läuft weiter. Erst auf wachsenden Druck hin entschuldigt sich die BBC

 30.06.2025

Glastonbury-Festival

Anti-Israel-Parolen: Britischer Premier fordert Erklärung

Ein Musiker beim Glastonbury-Festival in England fordert die Menge dazu auf, Israels Militär den Tod zu wünschen. Der Vorfall zieht weite Kreise

 30.06.2025

Essay

Die nützlichen Idioten der Hamas

Maxim Biller und der Eklat um seinen gelöschten Text bei der »ZEIT«: Ein Gast-Kommentar von »WELT«-Herausgeber Ulf Poschardt

von Ulf Poschardt  29.06.2025