Finale

Der Rest der Welt

Wirklich schade, dass mein Mann sich geweigert hat, zusammen mit mir das erste deutsche WM-Spiel in der Kneipe zu verfolgen. Dann hätte er mit eigenen Augen sehen können, wie begeistert ich die Tore von Müller, Hummels, Müller und Müller beklatscht habe. Mit mindestens so viel Hingabe wie Angela Merkel in ihrem orangenen Blazer! Und das, obwohl die wunderbare Stimmung des deutschen Sommermärchens von 2006 – zumindest bei mir – nicht wieder aufkam.

Auf die deutsche Mannschaft stolz zu sein, ist in Berlin-Kreuzberg inzwischen so stinknormal wie anderswo, und Public Viewing ein einträgliches Business auch für alternative Eckkneipen. Im zunehmend gentrifizierten Gräfekiez schwitzten die Kellnerinnen in schwarz-rot-goldenen Röckchen, die Fußballfans hatten ihre schwarz-rot-gold geschminkten Kinder mitgebracht und geißelten das Foul von Pepe gegen Müller mit germanischer Verbissenheit: »Das geht aber gar nicht!« Egal, es war ein tolles Auftaktspiel, vielleicht der erste Schritt zur deutschen Weltmeisterschaft 2014. Und ich war live dabei!

4:0 Doch Public Viewing kommt für meinen Mann grundsätzlich nicht in Frage – er sitzt lieber alleine vor der Glotze und fachsimpelt. Als ich nach dem 4:0 beseelt nach Hause kam, verdrehte er nur die Augen und stellte fest, das Spiel sei einseitig, die Portugiesen nur »Kanonenfutter« gewesen. Ich hätte keinen Durchblick und sei überhaupt nicht in der Lage, die Leistung der Deutschen angemessen zu beurteilen.

Mein Mann hält mich für eine Fußballopportunistin. Alle zwei Jahre, behauptet er, würde ich Interesse am Schicksal der deutschen Nationalmannschaft vortäuschen, während ich weder an der Bundesliga noch an der Champions League jemals wahren Anteil genommen hätte. Mittlerweile ist er sogar davon überzeugt, dass ich im Sommer 2008 während der EM die interessierte Zuschauerin nur deshalb gemimt hätte, um meine Chancen auf einen Heiratsantrag seinerseits zu steigern. Das ist natürlich Quatsch. Ich weiß genau, dass er mich wegen meiner Schönheit und Intelligenz geheiratet hat, nicht wegen eines Spiels, das nur 90 Minuten dauert.

Philipp Lahm Womit mein Mann allerdings recht hat: Ich verstehe nichts von Fußball. Stellen Sie mir keine Abseitsfragen! Eines aber steht für mich fest: Wir müssen gewinnen. Warum sollten sich Schweini, Podolski, Lahm & Co. wieder mit Platz 3 begnügen, um dann am Brandenburger Tor gefrustet Bälle in die Menge zu werfen? Ich finde: Die Zeiten, als es in jüdischen Kreisen zum guten Ton gehörte, auf die Niederlage der Deutschen zu hoffen, sind passé.

Und auch, wenn es mir aufrichtig leidtut für alle, die im Charlottenburger Kant-, Uhland- oder Leibnizkiez wohnen und unter den Hupkonzerten leiden werden: Ich will ein neues Sommermärchen. 54-74-90-2014!

Bonn

Humanist und Konsumkritiker: Zum 125. Geburtstag von Erich Fromm

Schon vor Jahrzehnten warnte Erich Fromm vor einer Welt, in der Menschen ausschließlich funktionieren. Er analysierte Liebe, Freiheit und Verantwortung - mit tiefgründigem Blick, der zeitlos bleibt

von Paula Konersmann  21.03.2025

Justiz

Gil Ofarim: »Ich habe wirklich gedacht, ich werde freigesprochen«

Sänger Gil Ofarim hatte vor Gericht zugegeben, einen antisemitischen Vorfall in einem Leipziger Hotel erfunden zu haben. Jetzt hat er zum ersten Mal ein ausführliches Interview gegeben

 21.03.2025

Berlin/Mainz

»Das war spitze!«

Hans Rosenthal hat in einem Versteck in Berlin den Holocaust überlebt. Später war er einer der wichtigsten Entertainer Westdeutschlands. Zum 100. Geburtstag zeigt ein ZDF-Spielfilm seine beiden Leben

von Christof Bock  21.03.2025

Fernsehen

»Mein Vater war sehr bodenständig«

Am 2. April wäre Hans Rosenthal 100 Jahre alt geworden. Zum Jubiläum würdigt ihn das ZDF. Ein Gespräch mit seinem Sohn Gert über öffentliche und private Seiten des Quizmasters

von Katrin Richter  21.03.2025

Spielfilm

Ziemlich beste Mafiosi

In »The Alto Knights« kommen gleich mehrere Klassiker des Genres zusammen

von Patrick Heidmann  21.03.2025

Kolumne

Shkoyach!

Poesie statt Pillen – unsere Autorin hat ein Patentrezept gegen Ängste

von Maria Ossowski  20.03.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der Jüdischen Welt

von Imanuel Marcus, Katrin Richter, Nicole Dreyfus  20.03.2025

Leserbriefe

»Es gibt uns, nichtjüdische Deutsche, die trauern und mitfühlen«

Nach der Sonderausgabe zum Schicksal der Familie Bibas haben uns zahlreiche Zuschriften von Lesern erreicht. Eine Auswahl

 20.03.2025

Medien

Gil Ofarims Anwälte sollen ihn »zum Geständnis geprügelt haben«

Lange hatte der Musiker zum Verleumdungs-Prozess gegen ihn geschwiegen. Jetzt erwecken seine Anwälte den Eindruck, dass Ofarim nur aus einer Not heraus gestanden hat

 20.03.2025