Sehen!

Der Cop und die Terroristin

Eine Gruppe von Männern auf Fahrradtour in den Bergen um Jerusalem. Als sie den Gipfel erreicht haben, jubeln sie, blicken hinunter ins Tal und rufen: »Dies ist das schönste Land der Welt!« Mit dieser Szene beginnt Nadav Lapids Film Policeman, der jetzt als DVD vorliegt. Sein Held Yaron (Yiftach Klein) ist Angehöriger einer israelischen Antiterror-Spezialeinheit, einer verschworenen Truppe mit den Macho-Ritualen eines Männerbundes, der sich in Todesgefahr aufeinander verlassen muss.

Nach etwa der Hälfte des Films wechselt plötzlich die Perspektive. Nun sehen wir Shira (Yaara Pelzig), eine bürgerliche höhere Tochter und Aktivistin der radikalen Linken. Gemeinsam mit einigen Freunden plant sie eine Revolution. Ähnlich wie zunächst der Polizeieinheit folgt der Film eine Weile dieser zweiten Gruppe. Man ahnt, dass sie irgendwann auf die erste treffen muss.

showdown Eine wahnwitzige, bestechende, kluge Konstruktion: Israelis gegen Israelis. Policeman ist ein überaus reifer, konzentrierter, vom ersten bis zum letzten Moment spannender Film, stilistisch konsequent und souverän inszeniert. Dieser erste Spielfilm des 1975 in Tel Aviv geborenen Regisseurs, der 2011 in Locarno den Spezialpreis der Jury gewann, bietet ein packendes Porträt der gesellschaftlichen Widersprüche Israels, vor allem seines Mittelstandes. Yaron könnte der ältere Bruder von Shira sein: Beide gehören der Generation der Mitt- bis Endzwanziger aus gebildeten Familien an, die sich den Werten der Gründerväter längst entfremdet haben.

Der brutale Showdown ist dann ein Überfall auf eine Hochzeit reicher Familien und die Geiselnahme dreier Multimillionäre durch die Terroristen. Die Täter wollen kein Geld, sondern eine Veränderung der israelischen Politik – eine Verzweiflungstat. Yarons Einheit muss die Geiseln befreien, am Ende erschießt er Shira. Der Zuschauer bleibt mit vielen widersprüchlichen Gedanken und Gefühlen zurück.

»Policeman« (»Ha-Shoter«). DVD, 105 min. Hebräisch mit dt. UT, GMfilms/Indigo

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  01.12.2025 Aktualisiert

Kommentar

Schiedsgerichte sind nur ein erster Schritt

Am 1. Dezember startet die Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubkunst. Doch es braucht eine gesetzliche Regelung auch für Werke in Privatbesitz, meint unser Gastautor

von Rüdiger Mahlo  01.12.2025

Rache

»Trigger-Thema« für Juden

Ein Filmseminar der Jüdischen Akademie untersuchte das Thema Vergeltung als kulturelle Inszenierung

von Raquel Erdtmann  01.12.2025

Wuppertal

Schmidt-Rottluff-Gemälde bleibt in Von der Heydt-Museum

»Zwei Frauen (Frauen im Grünen)« von Karl Schmidt-Rottluff kann im Von der Heydt Museum in Wuppertal bleiben. Nach Rückgabe an die Erbin erwarb die Stadt das Bild von ihr. Vorausgegangen waren intensive Recherchen zur Herkunft

 01.12.2025

Dorset

»Shakespeare In Love« - Dramatiker Tom Stoppard gestorben

Der jüdische Oscar-Preisträger war ein Meister der intellektuellen Komödie. Er wurde 88 Jahre alt

von Patricia Bartos  01.12.2025

Fernsehen

Abschied von »Alfons«

Orange Trainingsjacke, Püschelmikro und Deutsch mit französischem Akzent: Der Kabarettist Alfons hat am 16. Dezember seine letzte Sendung beim Saarländischen Rundfunk

 30.11.2025 Aktualisiert

Gerechtigkeit

Jüdische Verbände dringen auf Rückgabegesetz 

Jüdische Verbände dringen auf Rückgabegesetz Jahrzehnte nach Ende des NS-Regimes hoffen Erben der Opfer immer noch auf Rückgabe von damals geraubten Kunstwerken. Zum 1. Dezember starten Schiedsgerichte. Aber ein angekündigter Schritt fehlt noch

von Verena Schmitt-Roschmann  30.11.2025

Berlin

Späte Gerechtigkeit? Neue Schiedsgerichte zur NS-Raubkunst

Jahrzehnte nach Ende der Nazi-Zeit kämpfen Erben jüdischer Opfer immer noch um die Rückgabe geraubter Kunstwerke. Ab dem 1. Dezember soll es leichter werden, die Streitfälle zu klären. Funktioniert das?

von Cordula Dieckmann, Dorothea Hülsmeier, Verena Schmitt-Roschmann  29.11.2025

Interview

»Es ist sehr viel Zeit verloren gegangen«

Hans-Jürgen Papier, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts, zieht eine Bilanz seiner Arbeit an der Spitze der »Beratenden Kommission NS-Raubgut«, die jetzt abgewickelt und durch Schiedsgerichte ersetzt wird

von Michael Thaidigsmann  29.11.2025