Cuxhaven

Deichbrand-Festival hält an Macklemore-Auftritt fest

Dem Rapper Macklemore wird Judenhass vorgeworfen. Foto: picture alliance/dpa/MAXPPP

Die Veranstalter des Deichbrand-Festivals halten am geplanten Auftritt des wegen antisemitischer Äußerungen umstrittenen amerikanischen Rappers Macklemore fest. Das Deichbrand-Festival respektiere das Grundrecht auf Kunst- und Meinungsfreiheit und nehme keinen Einfluss auf die Performances auftretender Künstler, heißt es in einer Erklärung, die am Dienstag zwei Tage vor Festivalbeginn bekräftigt wurde. Die Veranstalter des Musikfestivals kündigten an, klar und entschieden zu handeln, sollte die Grenze zum Strafbaren überschritten werden.

Der Rapper soll am Sonntag zum Abschluss der viertägigen Veranstaltung in der Nähe von Cuxhaven auftreten. Der Zentralrat der Juden und andere Organisationen hatten massive Kritik an dem Auftritt geübt.

Der Zentralrat der Juden hatte jüdische Besucherinnen und Besucher vor dem Deichbrand-Festival gewarnt. »Antisemitismus ist auf der großen Bühne erwünscht«, sagte ein Sprecher. Die Veranstaltung sei daher für Juden kein sicherer Ort mehr. In seinen Songtexten und Auftritten verbreite Macklemore antisemitische Propaganda und verharmlose die Schoa, während er sich als moralische Instanz inszeniere und als solche von einem breiten Publikum unkritisch gefeiert werde.

Aus Sicht von Meron Mendel, Leiter der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main, hat Macklemore die Grenzen zwischen legitimer Kritik an der israelischen Regierung und Antisemitismus überschritten. Dennoch sprach er sich dafür aus, den Auftritt hinzunehmen. »Das ist der Preis, den wir dafür zahlen, dass wir in einer freien Gesellschaft leben dürfen«, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Antisemitische Chiffren

Auftrittsverbote könnten kontraproduktiv sein, sagte Mendel. »Die betroffenen Künstler können sich als Opfer einer vermeintlichen Cancel Culture darstellen - das spielt am Ende den Antisemiten in die Hände.« Sollte es beim Festival-Auftritt zu strafrechtlich relevanten Aussagen kommen, müssten die Veranstalter diese zur Anzeige bringen.

Lesen Sie auch

Die Veranstalter des Musikfestivals hatten sich zuvor von Mitarbeitern der Bildungsstätte Anne Frank zum Thema Antisemitismus sensibilisieren lassen. Ziel sei es gewesen, insbesondere israelbezogene Formen von Antisemitismus sowie antisemitische Chiffren zu erkennen, zu denen auch Begriffe wie »Zionisten« gehören könnten, teilte die Bildungsstätte mit. Dabei seien auch Bezüge zu den Texten von Macklemore hergestellt worden.

Meron Mendel war 2022 auch Berater der »documenta fifteen« in Kassel, nachdem die Kunstausstellung ein Bild des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi mit klar antisemitischen Motiven ausgestellt hatte. Der Leiter der Bildungsstätte Anne Frank hatte sich zuvor hinter die »documenta« gestellt und gesagt, er sehe dort keinen Antisemitismus - trotz zahlreicher Warnungen von Experten.

»Antisemitismus erwünscht«

Der niedersächsische Antisemitismus-Beauftragte Gerhard Wegner wird mit einer Beobachtungsgruppe beim Deichbrand-Festival vor Ort sein. »Wir möchten bewirken, dass jüdisches Leben und Teilhabe geschützt wird«, sagte er.

Der Rapper mit bürgerlichem Namen Benjamin Haggerty veröffentlichte Lieder wie »Fucked Up« oder »Hind’s Hall«. Darin wirft er Israel einen »Genozid« in Gaza vor, wie dies unter Israelhassern üblich ist. In einem Video setzt er die Politik Israels mit dem Nationalsozialismus gleich, indem er Bilder eines Jungen aus dem Gaza-Streifen denen eines Jungen aus dem Warschauer Ghetto gegenüberstellte. Zudem zeigt er unter anderem den Umriss Israels in den Farben der palästinensischen Flagge mit dem Schriftzug »Free palestine«, was eine Forderung nach einer Vernichtung des jüdischen Staates darstellt.

Das Deichbrand-Festival wurde 2005 gegründet. Es findet seit 2009 auf dem See-Flughafen Cuxhaven/Nordholz statt und wird jährlich von rund 60.000 Menschen besucht. epd/ja

Film

Spannend, sinnlich, anspruchsvoll: »Der Medicus 2«

Wieder hat sich Regisseur Philipp Stölzl kräftig vom Bestseller-Autor Noah Gordon anregen lassen

von Peter Claus  19.12.2025

Musik

Louis-Lewandowski-Festival hat begonnen

Der Komponist Louis Lewandowski hat im 19. Jahrhundert die jüdische Synagogenmusik reformiert. Daran erinnert bis Sonntag auch dieses Jahr ein kleines Festival

 18.12.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Bettina Piper, Imanuel Marcus  18.12.2025

Ausstellung

Pigmente und Weltbilder

Mit »Schwarze Juden, Weiße Juden« stellt das Jüdische Museum Wien rassistische und antirassistische Stereotype gleichermaßen infrage

von Tobias Kühn  18.12.2025

Kulturkolumne

Vom Nova-Festival zum Bondi Beach

Warum ich keine Gewaltszenen auf Instagram teile, sondern Posts von israelischen Künstlern oder Illustratorinnen

von Laura Cazés  18.12.2025

Neuerscheinung

Mit Emre und Marie Chanukka feiern

Ein Pixi-Buch erzählt von einem jüdischen Jungen, der durch religiöse Feiertage Verständnis und Offenheit lernt

von Nicole Dreyfus  18.12.2025

Zahl der Woche

1437

Funfacts & Wissenswertes

 18.12.2025

Revision

Melanie Müller wehrt sich gegen Urteil zu Hitlergruß

Melanie Müller steht erneut vor Gericht: Die Schlagersängerin wehrt sich gegen das Urteil wegen Zeigens des Hitlergrußes und Drogenbesitzes. Was bisher bekannt ist

 18.12.2025

Gastbeitrag

Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum schweigt ihr?

Jan Grabowski fragt die deutschen Historiker, warum sie es unwidersprochen stehen lassen, wenn ein Holocaust-Experte für seine Forschungsarbeit diskreditiert wird

von Jan Grabowski  18.12.2025