Rechtsstreit

Das Urteil

Briefe von Franz Kafka Foto: dpa

Franz Kafkas Nachlassbriefe gehen an die israelische Nationalbibliothek in Jerusalem. Das hat das Tel Aviver Bezirksgericht am Montag entschieden. Vorausgegangen war ein jahrelanger Rechtsstreit zwischen der Bibliothek und der Israelin Eva Hoffe.

Hoffe war die Sekretärin des Prager Schriftstellers Max Brod, der im Jahr 1939 nach Palästina geflohen war. Sein Freund Franz Kafka hatte Brod kurz vor seinem Tod 1924 gebeten, sämtliche seiner Manuskripte zu verbrennen. Brod veröffentlichte sie stattdessen und machte Kafka damit weltberühmt. Bei seiner Emigration nach Palästina brachte Brod Franz Kafkas Manuskripte mit – darunter auch die strittigen Briefe.

nachlass Brod starb im Jahr 1968 in Jerusalem. Esther Hoffe erbte seinen Nachlass, der die Kafka-Manuskripte mit einschloss. Einen Teil des Korpus verkaufte sie für circa zwei Millionen Dollar, darunter auch das handschriftliche Original des Romans Der Prozess an das Deutsche Literaturarchiv in Marbach.

Weitere Papiere bewahrte sie in israelischen und Schweizer Safes auf. Nach Hoffes Tod im Jahr 2010 erbten ihre Töchter Eva Hoffe und Ruth Wiesler den Kulturschatz. Damals begann der Rechtsstreit zwischen den Töchtern und der Nationalbibliothek. Das Marbacher Archiv bekundete auch Interesse an Kafkas Nachlassbriefen, war und ist aber keine Partei in dem Rechtsstreit.

Das Tel Aviver Familiengericht entschied im Jahr 2012 im Sinne der Bibliothek. Max Brod habe die etwa 40.000 Seiten umfassenden Briefe und Tagebücher testamentarisch der Nationalbibliothek vermacht, hieß es in der Urteilsbegründung.

berufung Die Schwestern legten Berufung ein. Die Richter haben jetzt auch in zweiter Instanz die Darstellung von Eva Hoffe – ihre Schwester ist inzwischen verstorben – zurückgewiesen, sie sei rechtmäßige Erbin des kostbaren Nachlasses. Das Gericht in Tel Aviv folgte dem Argument, Brod habe in seinem Testament verfügt, sein literarischer Nachlass solle an eine jüdische Bibliothek gehen. Seine Sekretärin Esther Hoffe habe daher gar nicht das Recht gehabt, ihn an ihre Töchter weiter zu vererben.

»Kafka hat Hoffe nicht gekannt, nie mit ihr gesprochen oder sie getroffen«, hieß es in der Urteilsbegründung. »Sie stand seinem Herzen nicht nah, sie ist auch keine Angehörige. Die einzige Verbindung zwischen Kafka und Hoffe war, dass seine Briefe auf verschlungenen Wegen in ihre Hände gefallen sind.« Ob Hoffe das Urteil vor dem Obersten Gerichtshof anfechten will, ist noch nicht bekannt. Die Nationalbibliothek in Jerusalem begrüßte das Urteil. Der Richterspruch werde »der breiten Öffentlichkeit den Zugang zu nationalen Kulturgütern ermöglichen«. ja

USA

Daniel Kahneman ist tot

Der Wissenschaftler Daniel Kahneman kombinierte Erkenntnisse aus Psychologie und Ökonomie

 28.03.2024

Bildung

Kinderbuch gegen Antisemitismus für Bremer und Berliner Schulen

»Das Mädchen aus Harrys Straße« ist erstmals 1978 im Kinderbuchverlag Berlin (DDR) erschienen

 27.03.2024

Bundesregierung

Charlotte Knobloch fordert Rauswurf von Kulturstaatsministerin Roth

IKG-Chefin und Schoa-Überlebende: »Was passiert ist, war einfach zu viel«

 26.03.2024

Kultur

Über die Strahlkraft von Europa

Doku-Essay über die Theater-Tour von Autor Bernard-Henri Levy

von Arne Koltermann  26.03.2024

Projekt

Kafka auf Friesisch

Schüler der »Eilun Feer Skuul« in Wyk auf Föhr haben ihre friesische Version des Romans »Der Verschollene« vorgestellt

 25.03.2024

Sachbuch

Persönliches Manifest

Michel Friedman richtet sich mit seinem neuen Buch »Judenhass« bewusst an die allgemeine Öffentlichkeit, er appelliert aber auch an den innerjüdischen Zusammenhalt

von Eugen El  25.03.2024

Berlin

Hetty Berg als Direktorin des Jüdischen Museums bestätigt

Ihr sei es gelungen, die Institution »als Leuchtturm für jüdisches Leben« weiterzuentwickeln, heißt es

 25.03.2024

Judenhass

Wie der Historikerstreit 2.0 die Schoa relativiert

Stephan Grigat: Der Angriff auf die »Singularität von Auschwitz« kommt nun von links

 25.03.2024

László Krasznahorkai

Geschichten am Rand eines Strudels

Jedes Jahr wird der Ungar als Literaturnobelpreisträger gehandelt. Drei neue Erzählungen zeigen seine Meisterschaft

von Maria Ossowski  24.03.2024