Echo

Daniel Barenboim gibt Auszeichnungen zurück

Daniel Barenboim Foto: dpa

Im Skandal um die jüngste »Echo«-Verleihung an die umstrittenen Rapper Kollegah und Farid Bang hat jetzt auch der Stardirigent und Pianist Daniel Barenboim angekündigt, alle Auszeichnungen zurückzugeben. Dies sei gemeinsam mit der Staatskapelle Berlin und dem West-Eastern Divan Orchestra entschieden worden, teilte die Barenboim-Said Akademie am Montag in Berlin mit.

»Kommerzielle Interessen dürfen nicht überwiegen, wenn es um so essenzielle Fragen des Anstands und unserer Menschlichkeit geht«, begründete der Chefdirigent der Berliner Staatskapelle und Generalmusikdirektor der Staatsoper Unter den Linden seinen Schritt.

West-Eastern Divan Orchestra Barenboim wurde laut »Echo«-Homepage zwischen den Jahren 2000 und 2013 insgesamt acht Mal mit dem Deutschen Musikpreis ausgezeichnet, unter anderem zusammen mit der Staatskapelle und dem West-Eastern Divan Orchestra, das er als Nahost-Versöhnungsprojekt gegründet hat.

Die Auszeichnung der beiden Rapper vor wenigen Tagen hatte für eine breite Debatte über Antisemitismus gesorgt. Sie erhielten den »Echo« für Jung, Brutal, Gutaussehend 3 in der Kategorie Hip-Hop/Urban National, obwohl bereits ihre Nominierung auf großen öffentlichen Protest gestoßen war. In ihrem aktuellen Album findet sich etwa die Textzeile »Mache wieder mal ’nen Holocaust, komm‹ an mit dem Molotow«. Auf der Bonus-EP des Albums heißt es im Song »0815«: »Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen«.

Barenboim erklärte, »Meinungsfreiheit und Freiheit in der Kunst gehören zu den wichtigsten Errungenschaften und Werten einer demokratischen und offenen Gesellschaft«. Mit jeder Freiheit komme aber auch eine Verantwortung: »unsere Verantwortung, die errungenen Freiheiten so zu nutzen, dass auch die Freiheit eines jeden anderen Menschen und Andersdenkenden bestehen kann – ebenso wie die Verantwortung, andere Menschen in ihrer Würde zu achten und zu respektieren.«

Missbrauch Antisemitismus, Frauenfeindlichkeit, Homophobie und die offene Verachtung von vermeintlich Schwächeren und Minderheiten seien ein Missbrauch von Freiheit, »den wir als Gesellschaft niemals tolerieren dürfen«, sagte Barenboim weiter. Deshalb habe er sich gemeinsam mit den beiden Orchestern entschieden, die Auszeichnungen geschlossen zurückzugeben.

Inzwischen haben etliche »Echo«-Preisträger ihre Auszeichnungen aus Protest zurückgegeben. Der Safthersteller Voelkel hat sich als Sponsor der Preisgala zurückgezogen. Der Bundesverband Musikindustrie, der die Auszeichnungen vergibt, denkt über grundlegende Änderungen bei Nominierung und Preisvergabe nach. epd

Die Presseerklärung im Wortlaut:
www.staatsoper-berlin.de/de/extra/presse/pressemitteilungen/statement-daniel-barenboim-zum-echo-2018.194

Biografie

Schauspieler Berkel: In der Synagoge sind mir die Tränen geflossen 

Er ging in die Kirche und war Messdiener - erst spät kam sein Interesse für das Judentum, berichtet Schauspieler Christian Berkel

von Leticia Witte  11.07.2025

TV-Tipp

Der Mythos Jeff Bridges: Arte feiert den »Dude«

Der Weg zum Erfolg war für Jeff Bridges steinig - auch weil der Schauspieler sich gegen die Erfordernisse des Business sträubte, wie eine Arte-Doku zeigt. Bis er eine entscheidende Rolle bekam, die alles veränderte

von Manfred Riepe  11.07.2025

Thüringen

Yiddish Summer startet mit Open-Air-Konzert

Vergangenes Jahr nahmen rund 12.000 Menschen an den mehr als 100 Veranstaltungen teil

 11.07.2025

Musik

Nach Eklat: Hamburg, Stuttgart und Köln sagen Bob-Vylan-Auftritte ab

Nach dem Eklat bei einem britischen Festival mit israelfeindlichen und antisemitischen Aussagen sind mehrere geplante Auftritte des Punk-Duos Bob Vylan in Deutschland abgesagt worden

 10.07.2025

Agententhriller

Wie drei Juden James Bond formten

Ohne Harry Saltzman, Richard Maibaum und Lewis Gilbert wäre Agent 007 möglicherweise nie ins Kino gekommen

von Imanuel Marcus  11.07.2025 Aktualisiert

Kulturkolumne

Bilder, die bleiben

Rudi Weissensteins Foto-Archiv: Was die Druckwelle in Tel Aviv nicht zerstören konnte

von Laura Cazés  10.07.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Imanuel Marcus, Katrin Richter  10.07.2025

Ethik

Der Weg zum Glück

Nichts ist so flüchtig wie der Zustand großer Zufriedenheit. Doch es gibt Möglichkeiten, ihn trotzdem immer wieder zu erreichen – und Verhaltensweisen, die das Glück geradezu unmöglich machen

von Shimon Lang  10.07.2025

Essay

Das Jewish-Hollywood-Paradox

Viele Stars mit jüdischen Wurzeln fühlen sich unter Druck: Sie distanzieren sich nicht nur von Israel und seiner Regierung, sondern auch von ihrem Judentum. Wie konnte es so weit kommen?

von Jana Talke  10.07.2025