Hören!

Damals in Algier

Die Musik der algerischen Juden ist hierzulande nahezu unbekannt. In Frankreich, wohin die meisten von ihnen nach der Unabhängigkeit 1962 fliehen mussten, ist das anders. Dort muss man nicht erklären, welche Bedeutung Maurice El Médioni als Erfinder des »Pianoriental« hat.

Und auch nicht extra betonen, dass Lili Boniche (1921–2008) keine Frau, sondern einer der bedeutendsten franko-arabischen Sänger war. Beide jüdischen Musiker tauchen nun auf einer Anthologie auf, die Boniches größte Schlager sowie unveröffentlichtes Material bietet, herausgegeben von Boniches Tochter Karina Feredj.

multikulturell Die 15 Songs zeugen in Zeiten, da Vertreter unterschiedlicher Religionen per Sprengstoff miteinander kommunizieren, von multikultureller Harmonie. Hier werden scheinbar mühelos kulturelle Gegensätze überwunden. Unüberhörbar der Einfluss der arabischen Musik: Orientalische Percussions sind ebenso allgegenwärtig wie der Oud und die obligatorischen Streichergeschwader. Viele der Stücke sind arabisch gesungen, wie »Amir Le Gheram«, »Elli Mektoub Mektoub« oder »Ya Yemma«.

Letzteres hat auch Charles Aznavour einst auf Französisch interpretiert, der Sprache, die den maghrebinischen Juden im Alltag ebenso selbstverständlich war wie Arabisch. So sind denn auch viele Eigenkompositionen von Lili Boniche französischsprachig, von »Alleche tu ne m’aimes pas« und »Alger, Alger« bis hin zum sinnträchtigen »Je chanterai toujours la musique orientale«.

Die vielen Musiker des Albums, die diese »orientalische Musik« gespielt haben, sind mit Ausnahme des Cellisten Maurice Sellem und des Pianisten Maurice El Médioni unbekannt. Doch was heißt hier eigentlich orientalisch? Auf diesem Album wird, wie einst in Algier und Oran, fast jede Form der frankophonen Unterhaltungsmusik dargeboten: Tango und arabisch-andalusische Musik ebenso wie Boogie-Woogie, Jazz und Latin. Eine orientalisch-okzidentale Erinnerung an eine untergegangene glückliche Zeit.

Lili Boniche: Anthologie. Worldvillage 2012/Harmonia Mund

Brüssel

»Gegen EU-Grundwerte«: Kommission verurteilt Festival

Eine Sprecherin der Europäischen Kommission hat den Boykott der Münchner Philharmoniker und ihres Dirigenten Lahav Shani in die Nähe von Antisemitismus gerückt und scharf verurteilt

von Michael Thaidigsmann  12.09.2025

Sachbuch

Aus dem Leben einer Rebellin

Gerhard J. Rekel hat der jüdischen Sozialaktivistin Lina Morgenstern eine lesenswerte Biografie gewidmet

von Gerhard Haase-Hindenberg  12.09.2025

TV

Auch Niederlande drohen mit ESC-Boykott, wenn Israel teilnimmt

Gastgeber Österreich hat sich bereits eindeutig für eine Teilnahme Israels ausgesprochen

 12.09.2025

Belgien

»Ruf unseres Landes beschmutzt«: Premier rügt Gent-Festival

Premier Bart de Wever kritisiert die Leiter eines belgischen Festivals dafür, die Münchner Philharmoniker und ihren Dirigent Lahav Shani ausgeladen zu haben

 12.09.2025

Nach Canceln in Gent

Solidarität in Berlin: Konzert mit Lahav Shani

Der israelische Dirigent und die Münchner Philharmoniker treten am Montag beim Musikfest Berlin auf

 12.09.2025

Belgien

Prosor: Ausladung von Shani »purer Antisemitismus«

Der israelische Dirigent Lahav Shani darf nicht auf dem Flanders Festival Ghent auftreten, weil er sich nicht genug vom Vorgehen Israels in Gaza distanziert habe. Das sorgt international für Kritik

 12.09.2025

Streaming

»Verstehen statt behaupten«

Ein Gespräch mit Dan Shaked über seine Abneigung gegen Petitionen, das Spionagedrama »The German« und den Dreh mit Schauspielkollege Oliver Masucci

von Katrin Richter  12.09.2025

Sehen!

»Humans 2.0«

Die Suche nach dem Moment des perfekten Gleichgewichts – das australische Ensemble »Circa« gastiert in Berlin

von Bettina Piper  12.09.2025

Kino

Für Hermann Göring lernte Russell Crowe Deutsch

Crowe spielt den Nazi-Verbrecher in »Nuremberg«, einem packenden Thriller über die Nürnberger Prozesse

von Manuela Imre  12.09.2025