Finale

Benis Welt

Jemand aus unserem Viertel vermisst seit Oktober eine weiß-braune Katze. Laut Vermisstenanzeige ist sie sehr schüchtern und hört auf den Namen Layla. An sämtlichen Bäumen hängen Bilder des Tiers, darauf Layla neben dem Fernsehapparat, Layla auf dem Bett, Layla vor der Fensterscheibe. 500 Franken, umgerechnet 400 Euro, versprechen die Aushänge demjenigen, der die vermisste Katze findet und ihrem Besitzer zurückbringt.

Das Geld hätte ich fast eingestrichen. Denn ich habe Layla gesehen. Das war vorigen Erew Schabbat. Ich ging über den Friedhof Richtung Synagoge, als hinter einem Grabstein plötzlich eine weiß-braune Katze hervorlugte und mir tief in die Augen schaute. »Die 500 Franken-Katze!«, durchzuckt es mich. »Miez, miez«, versuchte ich, das Tier anzulocken, »komm, Layla, komm«. Aber Layla sprang davon und war verschwunden.

miez miez Mist. 500 Franken wären momentan sehr willkommen in unserer Haushaltskasse. Kurz dachte ich daran, dem Besitzer zu melden, dass ich seinen Liebling auf dem Friedhof entdeckt hatte. Vielleicht gäbe es für diesen sachdienlichen Hinweis wenigstens 50 Franken.

Aber dann überlegte ich: Wer fragt eigentlich Layla? Vielleicht will sie gar nicht mehr zurück! Die Katze, die ich auf dem Friedhof gesehen hatte, sah nicht unterernährt aus und machte auch sonst einen zufriedenen Eindruck.

Andererseits dachte ich an den Schmerz, den Laylas Besitzer durchmacht, seit sein Tier fort ist. Ich kenne das. Ich bin Lehrer. Keiner der vielen Schüler, die ich über die Jahre unterrichtet habe, ist je zurückgekommen, um mir für meinen Unterricht zu danken. Manche meiner Zöglinge haben inzwischen geheiratet und Kinder bekommen. Doch zur Hochzeit oder Brit Mila werde ich nicht eingeladen.

Aber darf ich meine Schüler oder die Katze wirklich verurteilen, überlegte ich weiter? (Weil gerade Schabbat war, wurden meine Gedanken immer tiefsinniger.) Bin ich nicht genauso wie Layla, wenn ich, statt Tora zu lesen, im Internet bestimmte Filmchen gucke? Und trotzdem ist Gott nicht beleidigt und straft mich. Denn er weiß, dass ich früher oder später doch zu ihm zurückkehre.

Das wünsche ich auch Laylas Besitzer. Seine Katze sucht wahrscheinlich nur ein bisschen Abwechslung. Irgendwann wird sie wieder zu ihm kommen. Wenn es so weit ist, würde ich mich freuen, für meine tröstenden Worte wenigstens einen Teil der 500 Franken Belohnung zu bekommen.

Vortrag

Über die antizionistische Dominanz in der Nahostforschung

Der amerikanische Historiker Jeffrey Herf hat im Rahmen der Herbstakademie des Tikvah-Instituts über die Situation der Universitäten nach dem 7. Oktober 2023 referiert. Eine Dokumentation seines Vortrags

 07.12.2025

Glosse

Die außerirdische Logik der Eurovision

Was würden wohl Aliens über die absurden Vorgänge rund um die Teilnahme des jüdischen Staates an dem Musikwettbewerb denken? Ein Gedankenexperiment

von Imanuel Marcus  07.12.2025

Los Angeles

Schaffer »visionärer Architektur«: Trauer um Frank Gehry

Der jüdische Architekt war einer der berühmtesten weltweit und schuf ikonische Gebäude unter anderem in Los Angeles, Düsseldorf und Weil am Rhein. Nach dem Tod von Frank Gehry nehmen Bewunderer Abschied

 07.12.2025

Aufgegabelt

Plätzchen mit Halva

Rezepte und Leckeres

 05.12.2025

Kulturkolumne

Bestseller sind Zeitverschwendung

Meine Lektüre-Empfehlung: Lesen Sie lieber Thomas Mann als Florian Illies!

von Ayala Goldmann  05.12.2025

TV-Tipp

»Eigentlich besitzen sie eine Katzenfarm« - Arte-Doku blickt zurück auf das Filmschaffen von Joel und Ethan Coen

Die Coen-Brüder haben das US-Kino geprägt und mit vielen Stars zusammengearbeitet. Eine Dokumentation versucht nun, das Geheimnis ihres Erfolges zu entschlüsseln - und stößt vor allem auf interessante Frauen

von Manfred Riepe  05.12.2025

Köln

Andrea Kiewel fürchtete in Israel um ihr Leben

Während des Krieges zwischen dem Iran und Israel saß Andrea Kiewel in Tel Aviv fest und verpasste ihr 25. Jubiläum beim »ZDF-Fernsehgarten«. Nun sprach sie darüber, wie sie diese Zeit erlebte

 05.12.2025

Genf

Entscheidung gefällt: Israel bleibt im Eurovision Song Contest

Eine Mehrheit der 56 Mitgliedsländer in der European Broadcasting Union stellte sich am Donnerstag gegen den Ausschluss Israels. Nun wollen Länder wie Irland, Spanien und die Niederlande den Musikwettbewerb boykottieren

von Michael Thaidigsmann  04.12.2025

Medien

»Die Kritik trifft mich, entbehrt aber jeder Grundlage«

Sophie von der Tann schwieg bislang zur scharfen Kritik. Doch jetzt reagiert die ARD-Journalistin auf die Vorwürfe

 04.12.2025