Finale

Benis Welt

Es war die prächtigste Schweizer Hochzeit des vergangenen Jahrhunderts. Vor einer der schönsten klassizistischen Kirchen der Eidgenossenschaft standen US-Marines in Paradeuniform und mit gezückten Säbeln. 300 geladene Gäste erlebten die traumhafte Vermählung zwischen dem Schweizer Alleskönner Thomas Borer und der wunderschönen Amerikanerin Shawne Fielding. Das war 1999.

Fünf Jahre danach habe auch ich geheiratet. Für die Feier mietete ich das billigste Schiff auf dem Zürichsee, die MS Forch. Das Geld reichte für eine halbe Stunde Fahrt. Es war saukalt an Bord und wir mussten auf Verpflegung verzichten. Die hätte nochmals ein paar hundert Franken gekostet, die ich nicht hatte.

Bei Borers Traumhochzeit sprach der Generalsekretär der Bischofskonferenz den Segen. Bei uns redete ein Rabbiner wirres Zeug. Und nicht nur das. Wir hatten einen jüdischen Ehekontrakt in Israel aufsetzen lassen. Ein Nachwuchskünstler schrieb jedes einzelne Wort in einer anderen Farbe. Unten ließ er Platz für den Rabbiner zum Unterschreiben. Entweder war der besoffen oder Legastheniker. Auf jeden Fall verschmierte er unsere schöne Ketuba mit seiner viel zu großen Unterschrift. Deshalb habe ich ihm sein Honorar nicht voll ausgezahlt. Bis heute will er von mir noch Geld.

scheidung Und dann las ich vor zwei Wochen in der Zeitung, dass sich Thomas und Shawne jetzt scheiden lassen. Seitdem bin ich sehr traurig. Man denkt ja immer, dass nach ein paar Jahren Paare ihren Rhythmus finden und gefeit sind gegen den Ehekoller. Zumal das berühmteste Schweizer Glamourpaar nicht die ganze Zeit zu Hause gesessen hat und sich gegenseitig auf den Keks gegangen ist. Sie provozierte mit knackigen Fotos in einer deutschen Männerzeitschrift den saftigsten Politskandal der jüngeren Schweizer Geschichte. Er musste sich in einer medialen Schlammschlacht gegen eine Hure verteidigen. Sie spielte mit in der Komödie Liebling, lass’ uns scheiden (diesen Herbst im Kino). Er erhielt als einer der lustigsten Schweizer den »Orden wider den tierischen Ernst« des Aachener Karnevalsvereins.

So etwas müsste eigentlich eine Ehe ausfüllen. Als ich einmal bei einem Kurzgeschichtenwettbewerb einen Kühlschrankmagneten gewann, habe ich mit meiner Frau nächtelang über diesen Erfolg geredet. Aber Leute wie die Borer-Fieldings haben vielleicht höhere Ansprüche als unsereins.

zerkocht Wer mir leidtut, ist die schöne Shawne. Was macht die Arme jetzt so ganz allein? Ich habe schon überlegt, sie mal ins koschere Restaurant zum Essen einzuladen. Spätestens wenn sie dort das komplett zerkochte fade Huhn isst, merkt sie, dass es Schlimmeres gibt als eine Scheidung. Aber meine Frau hat gegen die Idee sofort ihr Veto eingelegt. Sie will nicht, dass ich mit fremden Frauen ausgehe. Und noch eine Ehekrise kann sich die Schweiz aktuell nicht leisten.

Musik

»Piano Man« verlässt die Bühne: Letztes Billy-Joel-Konzert

Eine Ära geht zuende: Billy Joel spielt nach zehn Jahren vorerst das letzte Mal »Piano Man« im New Yorker Madison Square Garden. Zum Abschied kam ein Überraschungsgast.

von Benno Schwinghammer  26.07.2024

Zahl der Woche

16 Sportarten

Fun Facts und Wissenswertes

 26.07.2024

Lesen!

Ein gehörloser Junge und die Soldaten

Ilya Kaminsky wurde in Odessa geboren. In »Republik der Taubheit« erzählt er von einem Aufstand der Puppenspieler

von Katrin Diehl  25.07.2024

Ruth Weiss

»Meine Gedanken sind im Nahen Osten«

Am 26. Juli wird die Schriftstellerin und Journalistin 100 Jahre alt. Ein Gespräch über ihre Kindheit in Südafrika, Israel und den Einsatz für Frauenrechte

von Katrin Richter  25.07.2024

Streaming

In geheimer Mission gegen deutsche U-Boote

Die neue Action-Spionagekomödie von Guy Ritchie erinnert an »Inglourious Basterds«

von Patrick Heidmann  25.07.2024

Bayreuth

Das Haus in der Wahnfriedstraße

Die Debatten um Richard Wagners Judenhass gehen in eine neue Runde. Nun steht sein antisemitischer Schwiegersohn Houston Stewart Chamberlain im Fokus

von Axel Brüggemann  25.07.2024

Sehen!

»Die Ermittlung«

Der Kinofilm stellt den Aussagen der Zeugen die Ausflüchte der Angeklagten gegenüber

von Ayala Goldmann  25.07.2024

Kommentar

Der »Spiegel« schreibt am eigentlichen Thema vorbei

In seiner Berichterstattung über das Abraham-Geiger-Kolleg konstruiert das Magazin eine Konfliktlinie

von Rebecca Seidler  25.07.2024 Aktualisiert

Literatur

Dieses Buch ist miserabel. Lesen Sie dieses Buch!

Eine etwas andere Kurzrezension von Ferdinand von Schirachs Erzählband »Nachmittage«

von Philipp Peyman Engel  24.07.2024 Aktualisiert