Leon Kahane

BDS und der gefährliche Relativismus deutscher Kulturschaffender

»Die Unterzeichner verkennen die kulturelle Dimension des Antisemitismus«: Leon Kahane Foto: PR

Leon Kahane

BDS und der gefährliche Relativismus deutscher Kulturschaffender

Weltoffenheit demonstriert man nicht, indem israelfeindliche und in Teilen antisemitische Bewegungen hoffähig gemacht werden

von leon kahane  11.12.2020 13:38 Uhr

Der Antisemitismusvorwurf soll nicht missbraucht werden! Das hört man in letzter Zeit oft von jenen rechtsoffenen Politikern und Kommentatoren, die den Drehungen und Erklärungen der Querdenker-Bewegungen aller Länder noch nicht zur Genüge auf den antisemitischen Leim gegangen sind.

Nun kommt diese Forderung diesmal aber nicht aus einem Milieu, das sich aus Menschen zusammensetzt, die schon seit Jahren ihr Recht auf freie Meinungsäußerung mit ihrem vermeintlichen Recht auf Rassismus, Antisemitismus, Misogynie etc. verwechseln, sondern von prominenten Kulturschaffenden und großen Kulturinstitutionen wie dem Goethe-Institut.

Die Unterzeichner verkennen die kulturelle Dimension des Antisemitismus.

Anlass ist die Diskussion um den renommierten Historiker und Politikwissenschaftler Achille Mbembe und der Beschluss des Bundestags, der BDS-Bewegung öffentliche Fördergelder zu versagen, weil sie in Handlungen und Zielen ebenso israelfeindlich wie antisemitisch ist. Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner lehnen den Boykott Israels durch BDS zwar ab. Gleichzeitig halten sie aber auch die Logik des Boykotts, die die BDS-Resolution des Bundestages ausgelöst hat, für gefährlich.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Was mich an dieser Logik nervt, ist ihr Unvermögen, die kulturelle Dimension des Antisemitismus zu erkennen und ernstzunehmen, die den Antisemitismus letztlich so gefährlich macht. Sie berufen sich auf BDS, um ein kulturelles Phänomen politisch greifbar zu machen, dabei wäre es doch gerade die Aufgabe der Kulturschaffenden, über das Politische hinaus die Bilder und Worte zu erkennen, die den Antisemitismus im Namen von politischen Zielen des BDS transportieren.

KATEGORIEN Statt dem strukturellen Antisemitismus, der sich im Kontext ihrer eigens angeführten Beispiele Bahn bricht, einen Namen zu geben, führen sie das Recht auf die sogenannte Israelkritik als Indikator für Weltoffenheit ein. Nun ist dieses maßlose Unverhältnis der Kategorien im Kontext der globalen Konflikte ein Klassiker der antisemitischen Wahnvorstellungen.

Der Bundestag versagt BDS öffentliche Fördergelder, weil die Bewegung in Handlungen und Zielen ebenso israelfeindlich wie antisemitisch ist.

Und hier liegt genau das Problem. Der tatsächliche Antisemitismus interessiert nicht. Es geht nur um den politischen Umgang damit und wie »weltoffen« man sich selbst dazu verhalten kann. Kein BDS-Anhänger muss sich davor fürchten, dass er sich von den Unterzeichnern dieses Boykottaufrufs gegen den Boykott des Boykotts als nicht weltoffen bezeichnen lassen muss. Die Unterzeichner machen nicht die tatsächlichen Konsequenzen der Forderungen von BDS zur Kategorie, sondern ihren eigenen – durchaus nachvollziehbaren – Wunsch nach Weltoffenheit.

BEDINGUNGEN Es sind aber gerade Bewegungen wie BDS, die sich im Sinne ihrer Ziele bewusst umdefinieren, in alle Richtungen offen und apolitisch geben und damit die Eigenverantwortlichkeit als Bedingung für Weltoffenheit ignorieren.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Weltoffenheit demonstriert man auch nicht, indem man für Bewegungen eintritt, von denen man sich gleichzeitig distanzieren muss, weil ihre Ziele nicht gerade der eigenen Idee von Weltoffenheit entsprechen.

Es ist völlig egal, ob man nachvollziehen kann, woher die radikalen Ziele der jeweiligen Bewegung kommen. Das Verständnis für die Beweggründe zur Messlatte der eigenen politischen Positionierung zu machen, ist schlicht selbstgerecht.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Meinung

Ich kann euch nicht hören

Während im Sudan die schwerste humanitäre Krise der Welt tobt, schweigen die selbst ernannten Menschenrechts-Demonstranten in Europa und auf der Welt

von Sophie Albers Ben Chamo  02.11.2025

Kommentar

Politisches Versagen: Der Israelhasser Benjamin Idriz soll den Thomas-Dehler-Preis erhalten

Wer, wie der Imam, den 7. Oktober für seine Diffamierung des jüdischen Staates und der jüdischen Gemeinschaft instrumentalisiert, ist eines Preises unwürdig

von Saba Farzan  28.10.2025

Meinung

Antisemitismus der Anständigen

Judenhass in der Schweiz ist brandgefährlich, weil er so höflich und diskret daherkommt

von Zsolt Balkanyi-Guery  27.10.2025

Meinung

Die SP im moralischen Blindflug

Mit zwei widersprüchlichen Resolutionen beweist die Sozialdemokratische Partei der Schweiz einmal mehr ihre ethische Orientierungslosigkeit

von Nicole Dreyfus  27.10.2025

Meinung

Warum die UNRWA seit 77 Jahren den Frieden in Nahost blockiert

Das UN-Flüchtlingshilfswerk für die Palästinenser verursacht erhebliche Probleme. Daher gibt es nur einen Weg

von Jusek Adlersztejn  27.10.2025

Meinung

Die Kälte der »Sozialreform«

Für die Haushaltslücken lässt die Bundesregierung wieder einmal die Schwächsten der Gesellschaft büßen. Jüdische Rentnerinnen und Rentner werden besonders hart getroffen

von Günter Jek  26.10.2025

Meinung

Liebe Juden, bleibt bitte zu Hause!

Immer mehr jüdische Veranstaltungen werden abgesagt – angeblich zum Schutz von Jüdinnen und Juden. So wird aus einer Einladung zur Kultur ein stiller Abgesang auf Teilhabe

von Louis Lewitan  23.10.2025

Glosse

Der Klinkenputzer der Islamisten

Jürgen Todenhöfer trifft sich in Katar mit Vertretern der Hamas zum Gespräch und verbreitet danach ihre Propaganda.

von Ralf Balke  22.10.2025

Meinung

Wer stoppt die Hamas?

Die Entwaffnung und Zerschlagung der palästinensischen Terrororganisation ist und bleibt der Schlüssel zum Frieden in Nahost

von Philipp Peyman Engel  22.10.2025