Architektur

Bauhaussiedlung Auschwitz

Form folgt Funktion: Baracke in Auschwitz Foto: Marco Limberg

Das Dessauer Bauhaus gilt in der Kultur- und Baugeschichte als Vorreiter einer fortschrittlichen und humanistischen Architektur. In der Weimarer Republik entwarfen und verwirklichten Männer wie Walter Gropius und Bruno Taut im Auftrag sozialdemokratischer Stadtverwaltungen luftige, sonnendurchströmte Wohnungen für Arbeiter und Angestellte – der Beginn des sozialen Wohnungsbaus.

Den Nazis war der Dessauer Modernismus ein Dorn im Auge. Schon 1932 musste das Bauhaus nach Berlin umziehen, nachdem die NSDAP in Dessau die Kommunalwahlen gewonnen und die Stadtverwaltung übernommen hatte. Nach 1933 wurde das Bauhaus von der neuen Regierung aufgelöst. Seine wichtigsten Protagonisten emigrierten. Als Leitbild in der Architektur galten jetzt »germanische« Bauten im Giebelstil oder pseudoklassizistischer Monumentalismus in Marmor und Granit.

funktionalismus Doch die Nazis hatten auch Verwendung für den nüchternen Funktionalismus des Bauhauses: beim Bau von Konzentrationslagern. Das schreibt der französische Architekturhistoriker Jean Louis Cohen in seinem kürzlich erschienenen Buch Architec ture in Uniform: Designing and Building for The Second World War. Cohen verweist auf die bislang kaum beachtete Tatsache, dass einer der Chefarchitekten von Auschwitz, Fritz Ertl, Bauhausschüler war. Auch Ertls Auftraggeber Hans Kammler, SS-Obergruppenführer und Leiter des Bauwesens der SS, hatte seine Karriere als Architekt im sozialen Wohnungsbau begonnen. Beim Bau von Auschwitz folgte Ertl, wie Cohen schreibt, in gewisser Hinsicht genau den funktionalistischen Prinzipien, die er am Bauhaus gelernt hatte. Die Architektur des Vernichtungslagers sei eine komprimierte Version jenes baulichen »Existenzminimums« gewesen, das der modernen Architektur als Leitmotiv diente: »Es war eine Art sadistischer Radikalisierung der Forschungen über minimalistischen Wohnungsbau in der Weimarer Republik, deren Ziel die groß angelegte Produktion bezahlbaren Wohnraums für urbane Bevölkerungsmassen gewesen war.«

Jean Louis Cohen: »Architecture in Uniform: Designing and Building for The Second World War«. Éditions Hazan, Paris 2012, 448 S., 42,99 €

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal

Arte widmet den 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth eine neue Doku

von Friederike Ostermeyer  21.11.2025

TV-Kritik

Allzu glatt

»Denken ist gefährlich«, so heißt eine neue Doku über Hannah Arendt auf Deutsch. Aber Fernsehen, könnte man ergänzen, macht es bequem - zu bequem. Der Film erklärt mehr als dass er zu begeistern vermag

von Ulrich Kriest  21.11.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Bettina Piper, Imanuel Marcus  21.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  20.11.2025

Kino

»Fast ein Wunder«

Das israelische Filmfestival »Seret« eröffnete in Berlin mit dem Kassenschlager »Cabaret Total« von Roy Assaf

von Ayala Goldmann  20.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  20.11.2025

»Jay Kelly«

In seichten Gewässern

Die neue Netflix-Tragikomödie von Noah Baumbach startet fulminant, verliert sich dann aber in Sentimentalitäten und Klischees

von Patrick Heidmann  20.11.2025

TV-Tipp

Sie ging über Leichen: Doku »Riefenstahl« zeigt eine überzeugte Nationalsozialistin

Das Erste zeigt Andres Veiels vielschichtigen Dokumentarfilm über Leben und Wirken von Hitlers Lieblingsregisseurin Leni Riefenstahl. Der Film geht auch der Frage nach, wie ihre Filme bis in die Gegenwart ausstrahlen

von Jens Hinrichsen  20.11.2025