Musik

Barbra Streisand redete ihm zu viel

Marvin Hamlisch (1944–2012) Foto: imago

Musik

Barbra Streisand redete ihm zu viel

Der amerikanische Filmkomponist Marvin Hamlisch ist tot

von Jonathan Pauzner  08.08.2012 10:33 Uhr

Er war ein musikalisches Wunderkind, das mit gerade einmal sechs Jahren bereits an der berühmten Juilliard School of Music in New York in einem Sonderprogramm studieren durfte. Das Talent lag in der Familie. Marvin Hamlischs Vater war Akkordeonvirtuose und Bandleader. Mit seiner Frau Lilly war er vor den Nazis aus Wien nach New York geflüchtet. Dort kam Marvin 1944 zur Welt.

preise Nicht alle Wunderkinder halten im späteren Leben, was sie anfangs versprechen. Marvin Hamlisch schon. Mit 21 schrieb er seinen ersten Hit Sunshine, Lollipops and Rainbows für Lesley Gore. Acht Jahre später, 1974, erhielt der noch nicht einmal 30-Jährige gleich drei Oscars an einem Abend für die Filmmusiken zu The Way We Were mit Barbra Streisand und Der Clou mit Paul Newman. Drei Academy Awards auf einen Schlag, das hatte vor Hamlisch nur Billy Wilder einmal geschafft. Im selben Jahr räumte der junge Komponist auch vier Grammys ab. Ein Jahr darauf kamen der Tony- und der Pulitzer-Preis für das Musical A Chorus Line hinzu. Sechsmal erhielt Hamlisch auch den Fernsehpreis Emmy. Das machte ihn zu einem von nur elf Künstlern überhaupt, die alle vier wichtigsten Auszeichnungen der amerikanischen Unterhaltungsbranche gewonnen hatten: Emmy, Grammy, Oscar und Tony – abgekürzt EGOT.

Ein Akronym, das auf den Preisträger passte. Mit seinem Ego hielt Hamlisch nicht hinterm Berg. Er stand gern im Mittelpunkt und gab freimütig zu, dass die periphere Rolle des Filmkomponisten ihm oft schwerfiel. »Schließlich bin ich nicht umsonst Jude«, witzelte er vor zwei Jahren in einem Interview mit dem Londoner Jewish Chronicle und erzählte, dass er sich halb im Scherz bei Barbra Streisand beschwert hatte, weil in The Way We Were vor lauter Dialog von ihr seine Musik kaum zu hören gewesen sei. Seine Frustration kompensierte Hamlisch eine Weile lang durch eigene Konzerte, bei denen er seine Stücke spielte und zwischendurch Witze und Anekdoten erzählte. »Die Leute sagen bis heute, dass ich einen guten Comedian abgegeben hätte.«

klassik Doch dann fuhr Marvin Hamlisch seine eigene Bühnenpräsenz zurück und konzentrierte sich wieder auf das Kino. Zu mehr als 50 Hollywoodfilmen schrieb er die Musik, von Woody Allens Bananas über Sophie’s Choice und die Nackte-Kanone-Serie bis zu Der Spion, der mich liebte. Der Song Nobody Does it Better aus diesem Bond-Film von 1977 schaffte es in die Top Ten der amerikanischen und britischen Hitparaden. Zuletzt war Hamlischs Musik 2009 in Steven Soderberghs The Informant mit Matt Damon in der Hauptrolle zu hören. Seine allerletzte Komposition, die Musik zu Behind the Candelabra, ein Biopic über den amerikanischen Musiker Liberace, kommt im nächsten Jahr in die Kinos.

Marvin Hamlisch war aber nicht nur Unterhaltungskomponist. Er verstand sich auch auf das klassische Fach. Seine Symphonie Anatomy of Peace wurde 1994 in Paris bei einer Feier zum 50. Jahrestag der alliierten Landung in der Normandie aufgeführt. Die Suite in einem Satz für Chor und Orchester basiert auf dem gleichnamigen Buch von Emery Reeves, dessen Idee einer föderalen Weltregierung nach 1945 auch Albert Einstein zu ihren Anhängern zählte.

Noch vor drei Wochen hatte Marvin Hamlisch auf der Bühne gestanden und in Los Angeles ein Konzert des Pasadena-Pops-Orchesters dirigiert. Am Montag dieser Woche ist der Komponist nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 68 Jahren gestorben.

Medien

Leon de Winter wird Kolumnist bei der »Welt«

Bekannt wurde er vor mehr als 30 Jahren mit Romanen wie »Hoffmanns Hunger«. Jetzt will der niederländische Autor Leon de Winter in Deutschland vermehrt als Kolumnist von sich hören lassen

von Christoph Driessen  29.04.2025

Fernsehen

»Persischstunden«: Wie eine erfundene Sprache einen Juden rettet

Das Drama auf Arte erzählt von einem jüdischen Belgier, der im KZ als angeblicher Perser einen SS-Mann in Farsi unterrichten soll. Dabei kann er die Sprache gar nicht

von Michael Ranze  29.04.2025

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  29.04.2025

Berlin

Antisemitismusbeauftragter für alle Hochschulen soll kommen

Details würden derzeit noch im Senat besprochen, sagte Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra

 29.04.2025

Jerusalem

Seltenes antikes Steinkapitell wird in Israel ausgestellt

Ein Fund aus dem Jahr 2020 gibt israelischen Archäologen Rätsel auf. Die Besonderheit des Steinkapitells aus römischer Zeit: Es ist mit einem mehrarmigen Leuchter - im Judentum Menorah genannt - verziert

 29.04.2025

Berlin

Jüdisches Museum erforscht Audio-Archiv von »Shoah«-Regisseur

Claude Lanzmann hat mit seiner epochalen Dokumentation »Shoah« Geschichte geschrieben. Das Jüdische Museum Berlin nimmt ein Doppeljubiläum zum Anlass, um das umfangreiche Recherchematerial des Regisseurs zu erschließen

von Alexander Riedel  29.04.2025

Köln

»Charlie Hebdo«-Überlebender stellt Comic zu NS-Raubkunst vor

»Zwei Halbakte« heißt ein 1919 entstandenes Gemälde von Otto Mueller. Die Geschichte des Kunstwerks hat der französische Zeichner Luz als Graphic Novel aufgearbeitet. Mit teils sehr persönlichen Zugängen

von Joachim Heinz  28.04.2025

Berlin

»Eine Zierde der Stadt«

Es ist einer der wichtigsten Orte jüdischen Lebens in Deutschland: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum im denkmalgeschützten Gebäude der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin-Mitte eingeweiht

 28.04.2025

Paris

»Bambi«-Neuverfilmung: Nah an Felix Saltens Original

Ganz ohne Spezialeffekte und Animation: In Michel Fesslers »Bambi«-Neuauflage stehen echte Tiere vor der Kamera. Das Buch wurde einst von den Nazis verboten

von Sabine Glaubitz  28.04.2025