Ranking

Außenseiter, Spitzenreiter

Ende 2010 veröffentlichte die Jüdische Allgemeine ein Ranking von jüdischen Kulturschaffenden in Deutschland. Daniel Barenboim führte die Liste an, gefolgt von Henryk M. Broder und dem Dirigenten Michael Gielen. Rang vier belegte der Schauspieler Dominique Horwitz, dahinter kamen der Direktor des Jüdischen Museums Berlin, W. Michael Blumenthal, der Entertainer Hugo Egon Balder und der Filmproduzent Artur Brauner. Auf den Plätzen 8 bis 10 lagen die Popsängerin Maya Saban, »Literaturpapst« Marcel Reich-Ranicki und der Schriftsteller Maxim Biller.

kriterien 14 Monate später wollen wir schauen, was sich in dieser Rangliste getan hat. Wie damals haben wir bei Google die Namen in Anführungsstrichen eingegeben und die Zahl der Nennungen verglichen (Stand: Freitag, 24. Februar 2012, 12 Uhr). In die Auswahl kamen auch diesmal nur Kulturschaffende, die jüdisch im halachischen Sinn sind und die, gleich welcher Staatsangehörigkeit, in Deutschland ihren Lebens- oder Arbeitsmittelpunkt haben.

Nicht berücksichtigt wurden hier ansässige Autoren, die in einer anderen Sprache als Deutsch arbeiten. Kultur wurde breit definiert, unter Einschluss auch der Unterhaltung; außen vor blieben wieder Wissenschaftler. Und wie 2010 gilt, dass diese Liste natürlich kein Werturteil darstellt, sondern lediglich eine kleine Momentaufnahme ist.

An der Spitzenposition hat sich nichts geändert. Die Liste wird weiterhin von Daniel Barenboim angeführt (3,84 Millionen Nennungen), dem argentinisch-israelischen Generalmusikdirektor der Berliner Staatsoper Unter den Linden.

Dafür hat sich auf dem zweiten Platz etwas getan. Ihn belegt diesmal Stefanie Zweig (2,96 Millionen), die 2010 noch auf Rang 17 lag. Die 1932 geborene Frankfurter Schriftstellerin ist mit ihren autobiografischen Bestsellerromanen über ihr Leben als deutsch-jüdisches Flüchtlingskind in Afrika bekannt geworden. Ihr größter Erfolg war Nirgendwo in Afrika (1995), das 2001 von Caroline Link verfilmt und 2003 mit einem Oscar als »Bester fremdsprachiger Film« ausgezeichnet wurde.

Tatort Auch Dani Levy hat in der Rangliste einen großen Sprung nach vorn gemacht, vom 15. auf den dritten Platz (1,14 Millionen). Der in Berlin lebende Schweizer Filmemacher, dessen größter Erfolg bei Publikum und Kritik 2004 die Komödie Alles auf Zucker war, dreht derzeit in Luzern einen »Tatort«.

Marcel Reich-Ranicki liegt auf dem vierten Platz unseres Rankings (1,03 Millionen). Der inzwischen 90-jährige Literaturkritiker machte zuletzt Schlagzeilen mit seiner berührenden Rede zum Holocaust-Gedenktag im Deutschen Bundestag am 27. Januar, wo er von seinem Leiden und Überleben im Warschauer Ghetto berichtete.

Henryk M. Broder (das Mittelinitial M steht für Marcin) kommt bei den Google-Nennungen auf den fünften Platz (772.000). Gäbe es in der Suchmaschine eine Funktion »Kontroversen«, läge er wahrscheinlich uneinholbar vorne. Für Aufregung wird sicherlich auch wieder Broders neues Buch sorgen: Vergesst Auschwitz! Der deutsche Erinnerungswahn und die Endlösung der Israel-Frage kommt am 12. März bei Knaus heraus.

u- und E-Kultur Kein neues Buch hat dieses Jahr erstaunlicherweise Wladimir Kaminer (mit 692.000 Hits auf Rang 6) veröffentlicht, obwohl er seit seinem Debüt Russendisko (2000) fast jedes Jahr eine Neuerscheinung auf den Markt gebracht hat. Dafür kommt der 1967 in Moskau geborene bekannteste jüdische Zuwanderer der Republik in die Kinos. Am 29. März läuft die Verfilmung von Russendisko an, mit Matthias Schweighöfer als Kaminer.

Susan Sideropoulos hat ihre RTL-Daily-Soap-Karriere als »Verena Koch« in Gute Zeiten, schlechte Zeiten im Juni 2011 beendet. Die Tochter eines Griechen und einer Israelin widmet sich jetzt primär ihren zwei Kindern, die sie mit Ehemann Jakob Shtizberg hat. In der Öffentlichkeit vergessen ist die 32-Jährige deshalb aber nicht, wie 682.000 Google-Hits beweisen (Platz 7).

Nach der Populär- die Hochkultur. Michael Gielen liegt mit 412.000 Nennungen auf Rang 8. Der gebürtige Dresdener, der 1940 mit seiner Familie nach Argentinien emigrierte, ist trotz seiner 84 Jahre noch immer als Orchesterleiter aktiv. Erst vorige Woche dirigierte er in Hamburg das NDR Sinfonieorchester bei einer Aufführung von Anton Bruckners 8. Sinfonie c-Moll.

W. Michael Blumenthal wird verschmerzen, dass er diesmal »nur« auf Platz 9 gekommen ist (366.000). Der Direktor des Jüdischen Museums Berlin (JMB) ist stolz darauf, dass sein Haus zu den meistbesuchten Museen Deutschlands zählt und auch im zehnten Jahr seines Bestehens ein Publikumsmagnet ist. Auf den Erfolgen ruhen Blumenthal und das JMB sich nicht aus: Ein Erweiterungsbau ist in Arbeit, in dem unter anderem eine Akademie Platz finden soll.

Ein neues Projekt hat schließlich auch Rafael Seligmann (Platz 10, 241.000 Nennungen) auf den Weg gebracht. Im Januar dieses Jahres ist die erste Ausgabe seiner Vierteljahreszeitung »Jewish Voice from Germany« herausgekommen, mit der der Publizist eine vornehmlich amerikanische Leserschaft über jüdisches Leben in Deutschland informieren will.

NS-Raubkunst

Doch keine Einsicht

Noch vor kurzem versprach Bayerns Kunstminister Markus Blume »Transparenz und Tempo«. Jetzt verweigert er den Erben des jüdischen Kunsthändlers Alfred Flechtheim die Akteneinsicht

von Michael Thaidigsmann  19.05.2025

ESC

Israel im Visier: Debatte um Publikumsvoting bei ESC entbrannt

Eine Musikshow wird zur Staatsaffäre: In Spanien schlagen die Wellen nach dem ESC-Finale hoch. Es geht unter anderem um das Publikumsvoting. Fragen kommen aber auch aus einem anderen Land

von Marek Majewsky  19.05.2025

Israel

John Cleese gibt Comedy-Shows in Jerusalem und Tel Aviv

Das britische Multitalent ist einer der wenigen ausländischen Stars, die sich derzeit in Israel auf die Bühne trauen

 19.05.2025

TV-Tipp

Arte zeigt Porträt des kanadischen Sängers Leonard Cohen

Es ist wohl das bekannteste Lied des kanadischen Sängers Leonard Cohen. Und so steht »Hallelujah« auch im Zentrum eines ebenso unterhaltsamen wie inspirierenden Porträts über diesen modernen Minnesänger

 19.05.2025

Kommentar

Nächstes Jahr bitte ohne Doppelmoral!

Der Musik-Wettbewerb sollte nicht mit einseitiger Solidarität zur inhaltlosen Bühne verkommen

von Nicole Dreyfus  18.05.2025

Musik

Der Fagott-Virtuose

Emanuel Blumin-Sint kombiniert Werke von Bach, Mozart und Paganini mit zeitgenössischen Kompositionen

von Claudia Irle-Utsch  18.05.2025

Berlin

Centrum Judaicum zeigt »Gefühlsdinge«

Die Ausstellung diskutiert wie Objekte Erinnerungen und Emotionen transportieren

 18.05.2025

ESC

Überblick: So stimmten Publikum und Jury über Israel ab

297 Punkte hat Yuval Raphael mit ihrem Beitrag »New Day Will Rise« am Samstagabend im Publikumsvoting bekommen

von Katrin Richter  18.05.2025

Yuval Raphael

»Dem Land eine Sekunde des Friedens zu schenken«

Die zweitplatzierte ESC-Sängerin sagte es sei erst dann ein wirklicher Sieg für sie, wenn Geiseln zuhause sind

 18.05.2025