Fernsehen

Arte verfilmt das Bauhaus

Schauspielerin Anna Maria Mühe (2.v.r.) als jüdische Bauhaus-Künstlerin Dörte Helm Foto: zeroone

1963 hat Walter Gropius (August Diehl) doppelten Grund zum Feiern: Der Architekt und einstige Leiter des Bauhauses begeht seinen 80. Geburtstag. Und in New York steht das von ihm entworfene PanAm-Gebäude, damals der höchste Wolkenkratzer der Welt, vor der Einweihung. In zahlreichen Interviews zieht der seit Jahrzehnten in den USA lebende Deutsche Bilanz seines Lebens.

Diese Konstellation nutzt Lars Kraume, der zuletzt für seine historischen Spielfilme »Der Staat gegen Fritz Bauer« und »Das schweigende Klassenzimmer« gefeiert wurde, als Klammer für seine sechsteilige Serie »Die neue Zeit«. Arte und anschließend das ZDF strahlen sie aus Anlass des 100. Geburtstages des Bauhauses und zum 50. Todesjahr von Walter Gropius aus. Arte sendet die ersten drei, je 45-minütigen Teile am 5. September ab 20.15 Uhr hintereinander. Die Teile vier bis sechs folgen eine Woche später zur selben Sendezeit.

VORBILD In seinem Apartment trifft Gropius 1963 auf eine Vertraute, die feministische Journalistin Stine Branderup (Trine Dyrholm). Für die Figur war die Autorin Betty Friedan das Vorbild. Das Gespräch zwischen den beiden wird zum Rahmen der Handlung. »Es ist wie ein investigatives Verhör in einem Krimi zu dem Verhältnis von Gropius zu den Frauen aufgebaut und erleichtert Zuschauern, die noch nie vom Bauhaus gehört haben, das Verständnis«, begründet Kraume den dramaturgischen Kniff.

Dörte Helm wurde ab 1933 als »Halbjüdin« verfolgt, 1941 verstarb sie. Einige ihrer Gemälde blieben erhalten.

Branderup greift den international geachteten Meisterarchitekt an: Das Bauhaus habe sich die Gleichberechtigung der Frauen auf die Fahnen geschrieben, sie in der Praxis aber unterdrückt. Sie bezieht sich dabei auf seine Beziehung zur talentierten Studentin Dörte Helm (Anna Maria Mühe), die als erste Frau die gesamte Bauhaus-Ausbildung erfolgreich absolviert hatte und als Einzige an den kollektiven Projekten mitarbeiten durfte.

Ihre besondere Stellung weckte Neider, die beiden eine intime Liaison andichteten. Gropius musste sich vor einem Ehrengericht verteidigen. Während er zum Stararchitekten aufstieg, blieb Helm die Kariere versagt. Sie kehrte nach Rostock zurück, stellte in einigen Galerien aus. Nach 1933 wurde sie als »Halbjüdin« verfolgt, 1941 verstarb sie. Einige ihrer Gemälde blieben erhalten.

KONSERVATIV Um sich gegen die Anfeindungen der Journalistin zu wehren, erzählt Gropius von den Anfangsjahren der 1919 gegründeten Schule, wo Helm und ihre Freundin Gunta Stölzl (Valerie Pachner) eingeschrieben waren: Neugierig sei Helm damals der neuen Lehre gefolgt. Für die Hanseatin war das Studium ein Akt der Selbstbefreiung aus den Fesseln ihres stockkonservativen norddeutschen Elternhauses und der Rebellion gegen ihren dominanten Vater Rudolf (Hanns Zischler). »Die Biografien der beiden waren der ideale Ausgangspunkt, die erste Phase des Bauhauses zu erzählen«, erklärt Kraume.

Gropius schart nach 1919 Gesinnungsgenossen wie Johannes Itten (Sven Schelker) und Lyonel Feininger (Ernst Stötzner) im sogenannten Meisterrat um sich. »Die Weimarer Ära des Bauhauses ist von der Lust am Experimentieren geprägt«, sagt Kraume. »Schüler und Professoren suchten noch eine Formsprache, die in den Funktionalismus mündete. Sie wollten eine neue Welt erschaffen und gestalten und so ein neues Menschenbild prägen.«

Die Serie besticht durch aufwendige Ausstattung, detailgetreue Kostüme und innovative Kameraführung.

Mit ihren neuen Konzepten, ihren liberalen Ideen und alternativen Lebensmodellen eckten die Professoren und Studenten bei den Honoratioren der Stadt an. Die Angst vor Repressalien hätten Gropius zu der Aussage veranlasst, das Bauhaus sei unpolitisch, erläutert der Regisseur. Diese Aussage sei ein hilfloser Versuch gewesen, die Schule zu retten.

Kraume gestaltet das Duell von Gropius und Helm um die Ausrichtung der Schule als Teil der politischen Kämpfe jener Epoche - aber auch aktuelle Bezüge scheinen durch. Die Serie besticht durch aufwendige Ausstattung, detailgetreue Kostüme und innovative Kameraführung. Zudem ist die Serie bis in kleinste Nebenrollen herausragend besetzt.

»Die neue Zeit«, Regie: Lars Kraume. Buch: Lars Kraume und Judith Angerbauer. Teile 1-3: Arte, Do 05.09., 20.15-22.30 Uhr. Teile 4-6: Do, 12.09., 20.15-22.30 Uhr.

Marbach

Israelische Soziologin Eva Illouz hält Schillerrede

Illouz widme sich dem Einfluss wirtschaftlichen Denkens und Handelns und greife damit Widersprüche kulturgeschichtlich auf, hieß es

 17.07.2025

Musik

1975: Das Jahr großer Alben jüdischer Musiker

Vor 50 Jahren erschienen zahlreiche tolle Schallplatten. Viele der Interpreten waren Juden. Um welche Aufnahmen geht es?

von Imanuel Marcus  17.07.2025

Interview

»Eine Heldin wider Willen«

Maya Lasker-Wallfisch über den 100. Geburtstag ihrer Mutter Anita Lasker-Wallfisch, die als Cellistin das KZ Auschwitz überlebte, eine schwierige Beziehung und die Zukunft der Erinnerung

von Ayala Goldmann  17.07.2025 Aktualisiert

Interview

»A reluctant hero«

Maya Lasker-Wallfisch about the 100th birthday of her mother Anita Lasker-Wallfisch, musician and survivor of Auschwitz, a birthday concert and a private visit of the King of the United Kingdom

von Ayala Goldmann  17.07.2025

Thüringen

Jüdisches Kulturfest will Haifa stärker einbeziehen

Beide Städte pflegen seit dem Jahr 2005 eine offizielle Städtepartnerschaft

 17.07.2025

Meinung

Fereidoonis Leitfaden: Gut gemeint, schlecht gemacht

Der Didaktikprofessor Karim Fereidooni hat Empfehlungen für den Umgang mit dem Gazakrieg in Schulen vorgelegt. Trotz guter Absichten weist das Papier erhebliche Schwächen auf, wie ein Forschungsverbund zurecht kritisiert

von Marc Jacobsen, Patrick Viol  17.07.2025

Berlin

Mögliche Einigung über Raubkunst-Plastik?

Streit um den Tänzerinnenbrunnen: Anwälte von Erben und Georg Kolbe Museum kamen zu erstem Treffen zusammen

 17.07.2025 Aktualisiert

Aufgegabelt

Teiglach

Rezepte und Leckeres

 16.07.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 17. Juli bis zum 25. Juli

 16.07.2025