Danny Wattin

Antisemiten als Satire

Danny Wattin

Antisemiten als Satire

Das Jugendbuch »Davids Dilemma« hat Schwächen - lohnt sich trotzdem die Lektüre?

von Hadassah Stichnothe  24.03.2024 06:52 Uhr

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Bottalk ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Bottalk angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Schwarzer Humor und Antisemitismus sind keine unbekannte Kombination, im Jugendbuch jedoch selten anzutreffen. Doch genau das ist der Ansatz von Davids Dilemma, dem »satirischen Own-Voice-Roman« des Schweden Danny Wattin. Eine allzu enge Verquickung von Autor und Thema wehrt dieser jedoch schon im Vorwort elegant ab: Die folgende Geschichte sei gar nicht seine eigene Erfindung oder gar Erfahrung, sondern der Bericht eines Bekannten aus Schultagen, der ihm dieses »Protokoll des nicht so weisen David« hat zukommen lassen.

Und das hat es in sich: »Alles, wovor ich immer Angst hatte, ist David nämlich wirklich passiert.« Damit ist der Ton gesetzt, denn die Geschichte von David, der unfreiwillig als Jude geoutet wird und von da an von einer Katastrophe in die andere gerät, ist ein absolutes Worst-Case-Szenario, eine rabenschwarze Screwballkomödie, in der der Protagonist mit großer Zuverlässigkeit den stets schlimmsten Handlungsverlauf in Gang setzt.

So lässt er sich von der attraktiven Maja auf eine propalästinensische Demo schleifen, eine Dummheit, die ihn auf spektakuläre Weise einholt, als die Aktivisten von Davids jüdischer Identität erfahren und ihn prompt als besonders engagierten Vorzeigejuden für die nächste Großkundgebung einspannen wollen. Gleichzeitig wird er von brutalen Neonazis erpresst, die ihn in inszenierten Konfrontationen als Beweis für die Bedrohung jüdischen Lebens durch muslimische Einwanderer medial missbrauchen.

Die Erwachsenen sind keine Hilfe. Der Schulrektor rät vom Tragen der Kippa ab (die David ohnehin nur trägt, um für Maja interessant zu bleiben), die Polizei ist hilflos, und David stolpert von einer schlechten Entscheidung zur nächsten.

Und hier liegt ein Problem des Romans: David ist nicht nur für sein Unglück zumindest mitverantwortlich, sondern auch feige. Er handelt aus Angst, Schwäche und, nicht untypisch für einen Teenager, meist ziemlich hormongesteuert. Dass er damit einer Reihe judenfeindlicher Klischees entspricht, ist eine Wendung, deren böser Humor sich Lesern ohne Erfahrung in der Dekodierung antisemitischer Codes und ohne das Wissen um internalisierte Vorurteile nicht unbedingt erschließt.

Und manches Klischee wie das der dauerbesorgten, ihren Sohn vergötternden jüdischen Mutter ist etwas abgedroschen. Wattins Roman ist wohl das Gegenteil eines Betroffenheit heischenden Problem­romans mit didaktischem Ziel. Stattdessen wirft er einen scharf-satirischen Blick auf die Absurditäten des Antisemitismus, der freilich einer gewissen (Lese-)Erfahrung bedarf, um seine Überzeichnungen einordnen zu können.

Danny Wattin: »Davids Dilemma«. Aus dem Schwedischen von Susanne Dahmann. Loewe, Bindlach 2024, 288 S., 14,95 €

Veranstaltungen

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 14. August bis zum 21. August

 13.08.2025

Zahl der Woche

4 Juden

Fun Facts und Wissenswertes

 12.08.2025

Debatte

Terrorist mit Presse-Weste

Anas al-Sharif war kein unschuldiger Journalist, sondern Terrorist der Hamas. Ein Kommentar von JA-Chefredakteur Philipp Peyman Engel

von Philipp Peyman Engel  12.08.2025

Fernsehen

»Die Fabelmans«: Steven Spielbergs Familiengeschichte als TV-Premiere

In »Die Fabelmans« erzählt der jüdische Star, wie er vom Film-begeisterten Sammy zu einem jungen Regisseur heranwuchs

 12.08.2025

New York

Madonna ruft Papst zu Besuch im Gazastreifen auf

»Die Kinder dieser Welt gehören uns allen«, schreibt der 65-jährige Popstar

 12.08.2025

Richard Wagner

»Ehrt eure deutschen Meister«

Von Juden seiner Zeit wurde er verehrt und verspottet, in Israel war sein Werk lange tabu. In Luzern widmet sich nun eine Sonderausstellung dem jüdischen Blick auf den umstrittenen Komponisten

von Richard Blättel  12.08.2025

Film

Die Volksschauspielerin

Publikumsliebling und Trägerin des Leo-Baeck-Preises: Iris Berben zum 75. Geburtstag

von Heike Hupertz  11.08.2025

Glosse

Der Rest der Welt: Jüdische Labubus

Unsere Autorin dachte, sie könne das Hype-Thema »Labubus« getrost ignorieren. Doch dann grinste sie eins der Plüschmonster in Kippa und Tallit an.

von Mascha Malburg  11.08.2025

Longevity

Für immer jung?

Die ZDF-Moderatorin Andrea Kiewel outet sich als Hypochonderin und beschreibt, warum man niemals zu alt ist, sich Gedanken übers Älterwerden zu machen

von Andrea Kiewel  11.08.2025