Trauerfeier

Abschied vom König der Literaturkritik

Mehrere Hundert Menschen haben am Donnerstag auf dem Frankfurter Hauptfriedhof von Marcel Reich-Ranicki Abschied genommen, darunter die Familie, Freunde und zahlreiche Prominente. Auch der Präsident des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann, war unter den Trauergästen. Bundespräsident Joachim Gauck legte am Sarg des Literaturkritikers und Publizisten einen Kranz nieder. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sagte bei der Trauerfeier, Reich-Ranicki habe das literarische Leben des 20. und 21. Jahrhunderts maßgeblich geprägt. Mit seinem Engagement für die Literatur habe er den Stimmen der Humanität und des Miteinanders Gehör und Geltung verschafft.

Reich-Ranicki war am 18. September im Alter von 93 Jahren nach schwerer Krankheit im evangelischen Nellinistift in Frankfurt am Main gestorben. Der vielfach ausgezeichnete Publizist leitete viele Jahre lang die ZDF-Sendung »Das Literarische Quartett« und wurde auch mit seinen teils scharfen Buchkritiken in der »Zeit« und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung einem größeren Publikum bekannt. Anfang des Jahres hatte er seine Erkrankung öffentlich gemacht.

Dank Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) sagte, die Stadt verdanke dem Verstorbenen unendlich viel. »Mit seinem Charisma, seinem Witz und seiner schnellen Intelligenz stand er immer, wo er öffentlich auftrat, im Zentrum.« Der Literaturkritiker habe sich auch um die deutsch-israelische Versöhnung verdient gemacht, hob Feldmann hervor, etwa durch den an der Universität Tel Aviv gegründeten Marcel-Reich-Ranicki-Lehrstuhl für Deutsche Literatur.

Entgegen ersten Angaben wurde Marcel Reich-Ranicki nach der Trauerfeier nicht beerdigt. Wie auch bei seiner Frau Teofila, die 2011 mit 91 Jahren gestorben war, sei eine Feuerbestattung vorgesehen, erklärte das Bestattungsunternehmen. Die Urnenbeisetzung werde in ein bis zwei Wochen im engsten Familienkreis stattfinden. In etwa vier Wochen soll es nach den Angaben der Stadt eine öffentliche Gedenkfeier in der Paulskirche geben. epd

Zahl der Woche

3.123.000 Menschen

Fun Facts und Wissenswertes

 28.10.2025

Imanuels Interpreten (14)

Neil Diamond: Der Romantiker

Das mit einer ansprechenden Stimme ausgestattete jüdische Talent wurde zum Publikumsliebling – genau wie seine ebenso prominente Klassenkameradin

von Imanuel Marcus  28.10.2025

Premiere

»Übergriffe gegen uns sind mittlerweile Alltag«

Anfeindungen, Behinderungen, Drohungen und Übergriffe: Ein neuer Film dokumentiert die Pressefeindlichkeit bei vielen Pro-Palästina-Demonstrationen in Berlin. Die Journalisten-Union warnt vor den Folgen für die Pressefreiheit hierzulande

von Markus Geiler  28.10.2025

Rotterdam

Unbehagen im Love Lab

Die jüdische Soziologin Eva Illouz ist an der Rotterdamer Erasmus-Universität nicht willkommen. Sie spricht von einer »antisemitischen Entscheidung«, die immerhin demokratisch zustande gekommen sei

von Michael Thaidigsmann  28.10.2025

Berlin

Mascha Kaléko und die Reise ihres Lebens: »Wenn ich eine Wolke wäre«

Elf Jahre nach Kriegsende entdeckte Deutschland seine verlorene Dichterin wieder. Volker Weidermann gelingt ein berührendes Porträt der Lyrikerin

von Sibylle Peine  28.10.2025

Kommentar

Politisches Versagen: Der Israelhasser Benjamin Idriz soll den Thomas-Dehler-Preis erhalten

Wer wie der Imam den 7. Oktober für seine Diffamierung des jüdischen Staates und der jüdischen Gemeinschaft instrumentalisiert, ist eines Preises unwürdig

von Saba Farzan  28.10.2025

Fernsehen

Selbstermächtigung oder Männerfantasie?  

Eine neue Arte-Doku stellt den Skandalroman »Belle de jour« des jüdischen Schriftstellers Joseph Kessel auf den Prüfstand  

von Manfred Riepe  27.10.2025

Stuttgart

»Mitten dabei!«: Jüdische Kulturwochen beginnen

Konzerte, Diskussionen, Lesungen und Begegnungen stehen auf dem vielfältigen Programm

 27.10.2025

Biografie

Vom Suchen und Ankommen

Die Journalistin hat ein Buch über Traumata, Resilienz und jüdische Identität geschrieben. Ein Auszug aus ihrer ungewöhnlichen Entdeckungsreise

von Sarah Cohen-Fantl  26.10.2025