Polen

Zum Kaffee ins Bethaus

Im Süden Krakaus, der Hauptstadt des mittelalterlichen Polen, liegt das Viertel Kazimierz. Vor der Schoa lebte dort eine der geschichtsträchtigsten jüdischen Gemeinden Europas. Einer Legende nach war es die jüdische Geliebte des polnischen Königs Kasimir des Großen (1310–1370), die die Ansiedlung von Juden in Kazimierz förderte.

Allerdings stößt man in Kazimierz nicht nur auf alte Steine. Vielmehr sind Bars und Nachtlokale allgegenwärtig. In beißendem Kontrast zu seiner Vergangenheit ist Kazimierz heute das Partyviertel Krakaus. Eine surreale Atmosphäre.

Rabbi Mosche Isserles Im Zentrum befindet sich die Remu-Schul, wo der Remu, Rabbi Mosche Isserles, im 16. Jahrhundert lehrte. Das Bethaus ist klein und mit Deckenmalereien verziert, die die zwölf Tierkreiszeichen darstellen. Auf dem Friedhof nebenan sieht man neben Rabbiner Isserles’ Ruhestätte auch die Gräber anderer legendärer Männer wie Jossele Kamzan Kadosch (»der heilige Geizhals«).

Avner, ein Israeli, der einen kleinen Antiquitätenladen führt, erzählt: »Viele chassidische Reisegruppen kommen mit Bussen und besuchen den Friedhof. Am Morgen sind sie hier, und am Mittag fahren sie weiter in andere heilige Städte: nach Nowy Sacz, Lezajsk und Lublin.«

In einigen Altbauten befinden sich heute Kosher-Style-Restaurants mit hebräischen Namen wie »Cheyder«. Damit sollen nichtjüdische Touristen, die etwas »Jüdisches« erleben wollen, angelockt werden.

INVESTOREN Vor der Schoa gab es in Krakau 130 Synagogen. In einer von ihnen befindet sich heute ein Café. Viele Bethäuser sind an private Investoren verkauft worden, denn die kleine Gemeinde hat nicht das Geld, sie alle zu erhalten.

Auf der anderen Seite der Weichsel liegt das ehemalige Ghetto, ein deutsches Sammellager für jüdische Krakauer. Ende der 30er-Jahre lebten rund 60.000 Juden in der Stadt. 95 Prozent von ihnen wurden ermordet.

In den Fenstern mancher Häuser stehen heute sogenannte Zydkis, wörtlich »Jüdlein«, kleine Darstellungen stereotyper Juden aus der Vorkriegszeit, oft mit Geldbeutel in der Hand. Solche Figuren dienen als Talismane. Seit Kurzem ist ihr Verkauf in der Stadt Krakau jedoch untersagt. Man wolle dem Antisemitismus Einhalt gebieten, erklärte die Stadtverwaltung. Es scheint, dass Polen noch einen langen Weg vor sich hat.

Stockholm

Wirtschaftsnobelpreis geht auch an jüdischen Ökonom

Joel Mokyr, Philippe Aghion und Peter Howitt werden für ihre Forschung zu nachhaltigem Wachstum geehrt

 13.10.2025

Kommentar

Kein Wunder in Bern

Bei gewaltbereiten Demonstrationen in der Schweizer Bundeshauptstadt hat sich ein Teil der Palästina-Solidarität einmal mehr selbst entlarvt: Es ging nie darum, das Leid im Gazastreifen zu beenden oder einen angeblichen Genozid zu stoppen

 12.10.2025

Malibu

Kiss-Sänger Gene Simmons bei Unfall verletzt

Der 76-Jährige soll hinter dem Steuer das Bewusstsein verloren haben

 10.10.2025

Meinung

Außen hui, innen pfui: Trumps Umgang mit den Juden

Während sich der US-Präsident um die Juden in Israel verdient macht, leidet die jüdische Gemeinschaft im eigenen Land unter seiner autoritären Innenpolitik. Das sollte bei aller Euphorie über den Gaza-Deal nicht vergessen werden

von Joshua Schultheis  09.10.2025

Literatur

Nobelpreis für Literatur geht an László Krasznahorkai

Die Literaturwelt blickt erneut gebannt nach Stockholm. Dort entscheidet man sich diesmal für einen großen Schriftsteller aus Ungarn - und bleibt einem Muster der vergangenen Jahre treu

von Steffen Trumpf  09.10.2025

Italien

»Mein Sohn will nicht mehr Levy heißen«

Wie ist es in diesen Tagen, Jude in einer europäischen Metropole zu sein? Ein Besuch bei Künstler Gabriele Levy im jüdischen Viertel von Rom

von Nina Schmedding  06.10.2025

Großbritannien

Empörung über Israels Einladung an Rechtsextremisten

Jüdische Verbände und Kommentatoren in Großbritannien sind entsetzt, dass Diasporaminister Chikli und Knesset-Sprecher Ohana ausgerechnet nach dem Anschlag von Manchester einen rechten Agitatoren hofieren

von Michael Thaidigsmann  06.10.2025

Türkei

»Zionist«: Robbie-Williams-Konzert in Istanbul am 7. Oktober abgesagt

Die Stadt verweist auf Sicherheitsbedenken – zuvor gab es online massive Proteste wegen jüdischer Familienbezüge des Musikers

 05.10.2025

7. Oktober

Ein Riss in der Schale

Wie Simchat Tora 2023 das Leben von Jüdinnen und Juden verändert hat

von Nicole Dreyfus  05.10.2025