Schweiz

Zu Gast bei »Vogel Gryff«

Rabbiner Baumel war Ehrengast beim höchsten Festtag von Kleinbasel, dem »Vogel Gryff« Foto: Alain Grimm

Der Anlass wirkt archaisch, und das ist er auch: Der »Vogel Gryff« ist der höchste Festtag von Kleinbasel, dem rechtsrheinischen Teil der Schweizer Grenzstadt. Kleinbasel, das über ein ganz eigenes Selbstverständnis verfügt, war bis zum Zusammenschluss der beiden Stadtteile Groß- und Kleinbasel 1392 eine eigene Stadt.

Anders als in Großbasel, wo es, wie in anderen Städten auch, Zünfte gibt, existieren in Kleinbasel bis heute ganz eigene Organisationen: die drei Ehrengesellschaften. Deren Symbolfiguren sind der Vogel Gryff (Baseldeutsch für »Greifvogel«), der Wilde Mann und der Löwe.

tradition Jeweils an einem bestimmten Tag im Januar – entweder am 13. – wie in diesem Jahr – oder am 20. oder 27. – tanzen diese drei Figuren vor zahlreichen Zuschauern in Kleinbasel und müssen dabei peinlich genau darauf achten, Großbasel stets ihren Rücken zuzukehren – so verlangt es die Tradition.

Dieser fast rituell wirkende Tanz folgt strengen Auflagen und beginnt nach einer morgendlichen Floßfahrt auf dem Rhein. Dabei werden auch einige Böllerschüsse abgefeuert.

In der Schar der Kleinbasler Honoratioren, welche die drei Figuren jeweils begleiten, sah man am vergangenen Freitag auch Moshe Baumel, seit 2015 Rabbiner der Israelitischen Gemeinde Basel (IGB). Er war in diesem Jahr einer der Ehrengäste, die – so will es die Tradition – zum Vogel Gryff eingeladen werden und aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens kommen. Baumel engagiert sich im interreligiösen Dialog – das passte gut zum diesjährigen Motto »Brücken schlagen«.

ursprung Im Laufe der Veranstaltung sei ihm der militärische Ursprung des Festes klar geworden, meinte der Rabbiner später. Die Ehrengesellschaften waren einst für die Bewachung der Stadtmauern verantwortlich und veranstalteten deshalb eigene Musterungen. Diese endeten jeweils mit einer gemeinsamen mehrstündigen Mahlzeit. Diese Mahlzeit – Gryffemöhli, also »Mahl des Vogel Gryff« genannt – gibt es bis heute. Jeweils 400 Mitglieder der Ehrengesellschaften nehmen daran teil. Als einer der Ehrengäste durfte Rabbiner Baumel dabei eine Rede halten.

»Mir war es wichtig, dass die Rede humorvoll daherkommt«, sagt Baumel. Es sei ihm nicht um Belehrung oder Moralisieren gegangen. »Ich habe mich dafür bedankt, dass ich als Vertreter der jüdischen Religion eingeladen worden bin.«

Launig habe er dann gemeint, er fühle sich mit seinem schwarzen Hut an diesem Tag besonders integriert, denn auch die Mitglieder der Ehrengesellschaften, die sogenannten Gesellschaftsbrüder (Schwestern gibt es bisher noch nicht), tragen an diesem Tag traditionsgemäß einen schwarzen Hut.

ZEITREISE Ihm sei der ganze Ablauf wie eine Zeitreise vorgekommen, sagt der Rabbiner. Weil dieser Feiertag Tausende Menschen auf die Beine bringt – und dies nach zwei Jahren, in denen das Fest wegen Corona nicht stattfinden konnte –, wird das diesjährige Ereignis wohl auch in die Geschichte der jüdischen Gemeinschaft der Stadt eingehen.

Etwas Ähnliches gab es aber schon einmal: 1978 hatte der damalige IGB-Rabbiner Leo Adler als Ehrengast beim »Vogel Gryff« teilgenommen und, so berichtete damals die »Basler Zeitung«, das Gryffemöhli als »Fest der Gemeinschaft, der Zusammengehörigkeit und Vertrautheit« gefeiert und damit tosenden Applaus der Gäste geerntet. Und wie vor 45 Jahren aß der jüdische Ehrengast auch in diesem Jahr dieselbe Speise wie alle anderen Gäste: die sogenannte und legendäre »Suure Läberli« (Saure Leber) – selbstverständlich koscher.

Großbritannien

Nike hat es »nicht böse gemeint«

Der Sportartikel-Konzern hing zum London Marathon ein Banner auf, das aus Sicht von Kritikern die Schoa lächerlich gemacht hat. Jetzt hat sich das Unternehmen entschuldigt.

 29.04.2025

Schweiz

Junger Mann wegen geplanten Anschlags auf Synagoge Halle verhaftet

Die Anschlagspläne soll er laut Staatsanwaltschaft zwischen Juli 2024 und Februar 2025 wiederholt in einer Telegram-Chatgruppe angekündigt haben

 29.04.2025

Sport

Nach Anti-Israel-Eklat: Jetzt sprechen die Schweizer Fechter

Bei der Nachwuchs-EM der Fechterinnen und Fechter kommt es in Estland zu einer viel diskutierten Szene. Nun haben sich die verantwortlichen Schweizer erklärt

 28.04.2025

Fecht-EM

Schweizer Fechter schauen bei israelischer Hymne demonstrativ weg

Nachdem die U23-Mannschaft der Schweizer Fechter gegen Israel protestierte, äußert sich nun der Schweizer Fechtverband und verurteilt den Vorfall

von Nicole Dreyfus  28.04.2025

Großbritannien

Israelfeindliche Aktivisten stören London-Marathon

Mitten im London-Marathon kommt es zu einer Protestaktion gegen Israel. Zwei Aktivisten springen auf die Strecke und streuen rotes Pulver

 27.04.2025

Essay

Wir gehen nicht allein

Zum ersten Mal hat unsere Autorin mit dem »Marsch der Lebenden« das ehemalige KZ Auschwitz besucht. Ein Versuch, das Unvorstellbare in Worte zu fassen

von Sarah Maria Sander  27.04.2025

Frankreich

Serge Klarsfeld: »Wir müssen vorbereitet sein«

Der Holocaust-Überlebende und Nazi-Jäger hat in »Le Figaro« einen dringenden Appell veröffentlicht und erneut für rechte Parteien geworben. Das Judentum sei bedrohter denn je, glaubt er

 25.04.2025

USA

Sharon Osbourne vs. die Anti-Israel-Popkultur

Rock-Veteranin Sharon Osbourne hat sich mit dem irischen Rap-Trio Kneecap angelegt, das offensichtlich meint, mit Hassrede gegen Israel seine Fanbase vergrößern zu können

von Sophie Albers Ben Chamo  25.04.2025

KZ-Gedenkstätte Auschwitz

Israels Präsident Isaac Herzog und Eli Sharabi beim »Marsch der Lebenden«

Auf dem Weg von Auschwitz nach Birkenau sind diesmal auch ehemalige israelische Geiseln der Hamas dabei. Israels Präsident Herzog erinnerte an die weiterhin in Gaza gefangen gehaltenen israelischen Geiseln

 24.04.2025